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Tennis Borussia Berlin: Außerordentliche Mitgliederversammlung – Unruhe bei TeBe

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TeBe-Fans beim Berliner Pokalhalbfinale 2018 im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark gegen BFC Dynamo.Bild: imago/Matthias Koch
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Wie ein Fußballclub auf einen Schlag viele Fans vergraulte – die Farce um TeBe Berlin 

31.01.2019, 16:1705.02.2019, 12:03
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Ein Verein in Aufruhr. Videos von pöbelnden Mitgliedern und schreienden Fans. Viel Solidarität anderer Clubs. Kommentare wie "ein Trauerspiel", "das Schäbigste, was ich je erlebt habe" oder "ein Traditionsclub wird nach allen Regeln der Kunst gekapert". Ein Sponsor strebt nach Macht – doch die Fans wehren sich. Am Mittwochabend konnte man in den sozialen Netzwerken, hauptsächlich auf Twitter, live mitverfolgen, wie sich ein Fußballclub selbst beerdigt: Tennis Borussia Berlin. 

Aber der Reihe nach...

Geldgeber übernimmt Traditionsverein. Quer durch Fußballdeutschland ist das ein Phänomen. Und vor allem: ein Problem. Denn, wenn ein Sponsor irgendwann mal die Lust am neuen Spielzeug verliert, sich dazu entscheidet, nicht mehr zu zahlen, ist das Risiko hoch, dass der Verein daran kaputt geht.

Der Ruf des Geldes, er ist reizvoll. Denn Geld ist die Grundlage für sportlichen Erfolg. Nahezu jeder Club, der etwas auf sich hält, will (zurück) in die Top 36 des bezahlten Fußballs, in die erste oder zweite Bundesliga. Unterhalb dieser Ligen heißt es nämlich stets: Hohe Kosten, wenige Einnahmen.

Am Ende bleibt in so einem Fall aber immer die Frage: Wem gehört der Verein? Den Fans? Oder dem Geldgeber?

Genau diese Frage stellten am Mittwochabend auch die Fans des Berliner Clubs Tennis Borussia Berlin bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. 

Die als Abteilung Aktive Fans ("TBAF") organisierten Anhänger des Fünftligisten werfen dem Geldgeber und Vorstandsvorsitzenden Jens Redlich vor, den Traditionsverein aus Berlin-Charlottenburg gekapert zu haben. Redlich ist gleichzeitig geschäftsführender Gesellschafter von Tennis Borussias Hauptsponsor "Crunch Fit", einer Fitnessstudiokette.

Tennis Borussia Berlin
Am 9. April 1902, gründeten zwölf Studenten die „Berliner Tennis- und Ping-Pong-Gesellschaft Borussia".

"TeBe", in den Siebzigern zweimal in die Bundesliga aufgestiegen, ist in der Hauptstadt Kult. Die Fans sind engagiert, setzen sich u.a. gegen Homophobie, Rassismus und Antisemitismus ein.

Auch für ihren Verein setzen sich ein: 2009 leistete die Fan-Initiative "We Save TeBe", nach finanziellen Schwierigkeiten der Borussia, einen wesentlichen Beitrag dazu, dass der Club einen Neuanfang wagen konnte. 

Bei der Versammlung drückte der seit zwei Jahren im Amt befindliche TeBe-Chef offensichtlich fünf seiner Kandidaten für den Aufsichtsrat durch. Sie konnten sich zwei Drittel der Stimmen der 570 erschienen Mitglieder sichern.

Vereins-Mitglied und Langzeitfan Denis Roters erklärte im "Tagesspiegel":

"Mitglieder kamen zur Versammlung etwa doppelt so viele wie sonst. Viele unbekannte Gesichter, viele Bulgaren, die meinten, dass ihr Boss sie geschickt habe. Der Verein wurde heute beerdigt".

Auf Nachfrage habe Redlich gekontert, eben "auf Akquise" gehen zu müssen, wenn der Verein vergrößert werden solle. Der Tabellenzweite der Oberliga Nordost, Staffel Nord, will unbedingt in die viertklassige Regionalliga aufsteigen. Die halbprofessionelle Liga ist die letzte Hürde vorm bezahlten Fußball.

Redlich war 2016 an die Spitze des Vereins gewählt worden. Bis heute habe der 38-Jährige nach eigenen Angaben rund 2,5 Millionen Euro investiert und die Insolvenz abgewendet. Viele werfen ihm einen autokratischen Führungsstil vor. Er soll Trainer und Aufsichtsratsmitglieder unter Druck gesetzt haben, auch stritt er mit der Abteilung TBAF um das Aufhängen einer Regenbogenflagge im Mommsenstadion.

Den Fans schmeckt sein Engagement überhaupt nicht, sie fühlen sich verarscht. Böse Erinnerungen werden wach: Um die Jahrtausendwende stieg der Finanzdienstleister "Göttinger Gruppe" bei TeBe ein, soll rund 80 Millionen Deutsche Mark in den Verein gepumpt haben, um ihn in den Spitzenfußball zu führen. Es endete damit, dass TeBe im Jahr 2000 keine Lizenz mehr für den Profifußball erhielt ...

Die Abstimmung am Mittwoch geriet zur Farce. 

In den folgenden Twitter-Reaktionen zur außerordentlichen  Mitgliederversammlung wird das deutlich – #TeBeMV:

50+1-Regel:
50+1 besagt im Grundsatz, dass Investoren in Deutschland nur die Mehrheit an einem Verein halten dürfen, wenn sie diesen mehr als 20 Jahre ununterbrochen und erheblich gefördert haben. In den anderen europäischen Top-Ligen gilt diese Regel nicht.
Wer den kompletten Durchblick will, ...
... dem empfehlen wir den Blog des freien Journalisten Sören Kohlhuber. Er hat eine Chronik über die Entwicklungen im Vorstand von Tennis Borussia verfasst.

(as/mit dpa)

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