Sport-Kommentatorin Claudia Neumann vom ZDF ist regelmäßig Zielscheibe übler Kommentare.Bild: imago sportfotodienst / Markus Endberg
Sport
Dank der Fußball-Europameisterschaft steigen nicht
nur die TV-Quoten, auch die Zahl der Social-Media-Posts schießt in
die Höhe. Das meiste ist okay oder sogar amüsant, doch manches ist
schlicht unflätig, sexistisch oder rassistisch. Um dem
entgegenzuwirken, haben ARD und ZDF notgedrungen personell
aufgestockt.
"Es gibt eine kleine Minderheit, die pöbelt und hetzt", sagte
ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann der Deutschen Presse-Agentur. "Dann
zeigen wir klare Kante. In wenigen Fällen müssen wir User verwarnen
oder gar sperren und Kommentare löschen, wenn rote Linien
überschritten werden." Vor allem wenn Frauen am Mikrofon sind, wird
Social Media manches Mal zum asozialen Medium. Kritisiert wird in
erster Linie ZDF-Reporterin Claudia Neumann.
Wenn Neumann kommentiert, sitzen sechs Leute am Community Management
Der ZDF-Sport hat eine Online- und Social-Media-Redaktion, "die sich
auch um das Community Management auf den verschiedenen Plattformen
kümmert", erklärte der Sportchef. "Normalerweise reichen dafür ein
bis zwei Personen pro Tag, bei Großereignissen wie der EM verstärken
wir das Team, da die Anzahl der Kommentare rasant steigt. Wenn
Claudia Neumann am Mikrofon sitzt, sind bis zu sechs Personen mit dem
Community Management beschäftigt." Als Devise twitterte das Team zu
Beginn des Turniers: "Hetze und Bashing gegen unsere Moderator:innen
dulden wir ganz sicher nicht."
Beim Ersten ist das ähnlich. "Wir wollen Raum für Diskussionen zur
Verfügung stellen, das muss aber moderiert werden", sagte
EM-Programmchef Christian Wagner von der ARD. "Uns war daher klar,
dass wir unser Engagement-Team stärken müssen. Wir haben uns für die
EM auch Spezialisten aus anderen Redaktionen ausgeliehen."
Intern wird bei der ARD auch vom "Herzchen-Team" gesprochen, wenn es
um die Social-Media-Experten geht. Ihre Aufgabe ist laut Wagner: "Wir
versuchen, aus einem Shitstorm einen Candystorm zu machen - und das
gelingt uns auch häufig." Wenn es jedoch nicht anders geht, wird auch
bei der ARD gelöscht und gesperrt. Zielscheibe von frauenfeindlichen
Kommentaren ist bei der ARD besonders Almuth Schult, die als erste
Frau über ein ganzes Turnier als Expertin engagiert ist.
Neumann gibt sich gelassen
Kurioserweise bekommt die "Sportschau" auch sexistisch Kommentare,
wenn Claudia Neumann beim Nachbarsender Spiele kommentiert. "Manche
Zuschauer verwechseln bei der Übertragung ARD und ZDF", sagte
EM-Programmchef Wagner. Sein Team hat auch darauf reagiert, nach
unangemessenen Bemerkungen mehr Respekt für die Kollegin von der
Konkurrenz eingefordert und lässig gekontert: "Unabhängig davon, dass
Claudia Neumann und Ariane Hingst beim ZDF kommentieren, wäre ein
netterer Umgang miteinander und ein etwas respektvollerer Ton doch
ganz cool, oder?"
Neumann selbst gibt sich gelassen. "Ich lese nach wie vor nichts, nur
wenn mich jemand darauf anspricht, bekomme ich Kenntnis. Der Reflex,
nach Spielen ins Netz zu schauen, ist mir wirklich fremd. War er
immer schon, heute sogar in 100-prozentiger Konsequenz", sagte sie
während der EM der dpa.
Gegenüber watson sagte Neumann in einem ausführlichen Interview, wie man das Problem der Hassnachrichten angehen könnte: "Entweder wir gehen es mal richtig gesellschaftlich an, was auf politischer Ebene mit dem Phänomen der Netzhetze bereits passiert. Oder aber jeder kümmert sich um seinen eigenen Bereich und entwickelt eine persönliche Methodik. Für mich heißt das: größtmögliche Ignoranz."
Auch die Social-Media-Teams versuchen, locker zu reagieren. Es seien
"schnell smarte und clevere Antworten gefragt", sagte der
ZDF-Sportchef. Beispiel: Ein noch harmloser Tweet lautete: "Warum
kommentieren zwei Frauen? Warum?" Woraufhin das ZDF mit der
Gegenfrage konterte: "Warum denn nicht?"
Zu den smarten Antworten gehörte auch: "Statistisch gesehen machen
Frauen etwa 50 Prozent der Weltbevölkerung aus. Dass zwei von ihnen
zusammen ein Fußballspiel kommentieren, sollte Menschen mit
mathematischen Grundkenntnissen nicht überraschen." Der "Stern" lobte
daraufhin die "perfekten Antworten", und die "Frankfurter Rundschau"
attestierte eine "großartige Offensivleistung".
(ogo/dpa)
Während Platz eins in der Bundesliga mit Bayer Leverkusen bereits feststeht, ist in der laufenden Saison noch einiges offen. Etwa der Platz des Vizemeisters. Der VfB Stuttgart kann in diesem Jahr ganz vorne mitmischen, aktuell liegt er mit 63 Punkten punktgleich mit dem FC Bayern auf dem dritten Rang.