In den Hinterzimmern bewegt sich etwas. Einige der führenden DFL-Bosse werben lautstark für eine Wiederholung der Wahl, mit der die 36 Klubs der ersten und zweiten Liga über den Einstieg eines großen Investors ins Bundesligageschäft befinden sollen. Diesmal ist von einer Finanzspritze in Höhe von einer Milliarde Euro und einem circa sechs Prozent Rechte- und Anteilsverkauf die Rede.
Neben der Beschaffung von frischem Geld bringt die Neuauflage der Abstimmung um den Investorendeal aber auch ein weiteres Image- und Glaubwürdigkeitsproblem der DFL ins Spiel: Soll in der Chefetage des Deutschen Profifußballs so lange gewählt werden, bis das Ergebnis den Funktionären um Hans Joachim Watzke und anderen passt und sie einen Teil der Zukunft des Bundesligafußballs verkaufen können?
Vor gerade mal einem halben Jahr, im Mai 2023, waren die Befürworter des Investorendeals krachend gescheitert. Nach einer monatelangen Debatte, in der das Für und Wider ausführlich diskutiert wurde, stand ein glasklares Wahlergebnis. Die abgegebenen Stimmen besiegelten das "Nein" zum Investoreneinstieg.
Diese Ablehnung wurde von den Mächtigen der Fußballmanager-Szene offensichtlich nie für Ernst genommen.
Der Multifunktionär Hans-Joachim Watzke, unter anderem Chef des DFL-Aufsichtsrates, polterte unmittelbar nach der Wahlniederlage unverhohlen und drohte öffentlich damit, dass sich die großen Klubs demnächst selbst vermarkten würden. Von Solidarität und Sportsgeist war in den Tagen, in denen es um das große Investorengeld ging, niemals die Rede.
Und auch jetzt fällt es schwer, der Abstimmung 2.0 irgendeine nachvollziehbare Rechtfertigung mit auf den Weg zu bringen. Das Verfahren ist nicht mehr als ein Machtspiel. Diejenigen, die jetzt zusätzliches Geld von einem milliardenschweren Investor kassieren wollen, erwecken den Eindruck, dass es in der Sache ausschließlich um die Kohle und keinesfalls um einen visionären Plan oder ein stimmiges Konzept zur Fußballentwicklung geht.
Ein kleiner Kreis betagter Männer legt in den Hinterzimmern der Frankfurter DFL-Zentrale wieder einmal den Kurs des Profifußballs in Deutschland fest.
Genauso wie beim letzten Mal muss das Verfahren kritisiert werden, denn die notwendige Grundsatzdebatte über die Zukunft des Fußballs wird von den Herren weder gewollt noch zugelassen. Braucht es wirklich das Geld eines Investors? Oder wäre es auch denkbar, die Bundesliga mithilfe von Strukturreformen für die internationale Vermarktung fit und attraktiv zu machen? Wir könnten beispielsweise die TV-Gelder so verteilen, dass Vereine aus der zweiten oder dritten Reihe aufschließen und vorn mithalten können.
Die Wahlwiederholung ist längst auf den Weg gebracht und der Imageschaden wird beachtlich sein. Der Prozess hat ein Geschmäckle. Frei nach dem Motto: Wir stimmen so oft ab, bis uns das Ergebnis in den Kram passt.
Nachdem sich die neuen Geschäftsführer der DFL mit den Vertretern der 36 Klubs Anfang der Woche über den weiteren Kurs ausgetauscht haben, werden das DFL–Präsidium und der Aufsichtsrat am 14. November festsetzen, dass die Abstimmung bei der nächsten DFL Vollversammlung am 7. Dezember auf die Tagesordnung kommt.
In den Fanszenen der meisten Klubs wird bereits der Protest gegen diese Neuauflage des Investorendeals auf den Weg gebracht. Am vergangenen Wochenende riefen die Fanbündnisse einen Aktionsspieltag aus, dessen Motto in jedem Bundesligastadion auf Bannern und Plakaten zu lesen war: "DFL und Investoren: Wir haben Euch im Blick".
Wir dürfen davon ausgehen, dass der Fanprotest auch dieses Mal deutlich werden und die Stimmung an der Basis und in den Vereinen sichtbar beeinflussen wird. So eine Wahlwiederholung ist einerseits ein Teil des altbekannten Machtspiels, gleichzeitig aber auch ein Ausdruck von Schwäche.
Bei so einer zukunftsweisenden Entscheidung brauchen wir eine umfassende und zu Ende geführte Grundsatzdebatte und erst wenn allen Beteiligten klar ist, worum es geht, dann sollte gewählt und danach verbindlich mit dem Wahlergebnis gearbeitet werden.
In der DFL sieht man das offensichtlich anders und deshalb stellen sich mir Fragen wie die Folgenden:
Betreibt die DFL eine seriöse Zukunftsplanung? Arbeitet man dort auch im Detail an einem Entwicklungsplan für den Deutschen Fußball, in dem sowohl die Chancen, als auch die Risiken eines Investoreneinstiegs, gründlich abgewogen und prägnant erörtert werden? Oder ist diese Hintergrundarbeit mit Blick auf das Herbeiführen von Abstimmungsergebnissen eher unbedeutend?
Will man diesmal von Anfang an transparent sein und die Mitglieder und Öffentlichkeit auch über den Einfluss, den die neuen Geldgeber einfordern und bekommen werden, informieren? Bei welchen fachlichen Entscheidungen wird der Investor künftig mit am Tisch sitzen? Wird es Montagsspiele geben? Werden Ligaspiele nach dem Vorbild der NFL auch im Ausland ausgetragen?
Ich meine, diese Wahlwiederholung ist ein Fehler. Statt Vertrauen zu schaffen, provozieren die vielen Ungereimtheiten und Fragen mehr Verunsicherung. Künftigen Entscheidungen und Abstimmungen haftet nunmehr der Makel einer gewissen Unverbindlichkeit an. Was werden die DFL Bosse tun, wenn die Zweidrittelmehrheit am 7. Dezember abermals nicht erreicht wird? Bekommen wir dann im Frühjahr 2024 einen weiteren Wahltermin zum Investoreneinstieg 3.0?