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Torsten Mattuschka über DFB-Strafen, Dynamo Dresden und Union Berlin

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Union-Legende Mattuschka über DFB-Strafen: "Gefühlt trifft es die Ost-Klubs härter"

14.03.2018, 11:0719.03.2018, 12:08
Benjamin zurmühl
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Der Begriff "Kult-Kicker" wurde für Spieler wie Torsten Mattuschka geschaffen. Christoph Kramer bezeichnete ihn einst als seinen Lieblingsspieler und die Fans von Union Berlin widmeten ihm ein eigenes Lied. Nach über 250 Spielen in der zweiten und dritten Liga steht er inzwischen in der Regionalliga Nordost für die VSG Altglienicke auf dem Platz. Der "alte Zausel", wie er sich selbst bezeichnet, gilt als ein Aushängeschild des "Ost-Fußballs" und sprach mit t-online.de über die Entwicklung von Vereinen wie Magdeburg oder Rostock – und über die eigene Zukunft.

Anfang Februar wurde der Zirkeltag gefeiert. Inzwischen ist die Berliner Mauer länger weg, als sie da war. Wie hat sich seitdem der Fußball im Ost-West-Vergleich entwickelt?
Torsten Mattuschka: Auf jeden Fall ist der Fußball ausgeglichener als vorher. Es gibt im Osten einige sehr gute Adressen. Inzwischen gehen dort auch bessere Spieler hin. Egal ob Erfurt, Rostock, Magdeburg, Chemnitz oder sogar Cottbus. Früher hieß es immer: "Osten? Da geh ich nicht hin." Auch wenn es bei einigen Teams sportlich nicht so gut läuft, ist die Situation in dem Sinne besser geworden.

Umfragen ergeben, dass viele Deutsche immer noch in Ost und West denken. Gibt es im Fußball noch die Mauer im Kopf?
Bei den Spielern nicht. Die kennen es ja gar nicht anders. Ich bin ja ein alter Zausel mit meinen 37 und habe die Mauer noch miterlebt, aber die meisten sind ja Mitte 20. Das spielt keine Rolle mehr.

Die Choreo der Union-Fans bei Mattuschkas Abschiedsspiel:

Bild: imago sportfotodienst

Und bei den Fans?
Da spielt das eine größere Rolle als bei den Fußballern. Aber man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Es kommt immer darauf an, welche Erfahrungen sie mit der Mauer gemacht haben. Die älteren Fans wissen, wie das in der DDR war und wie es danach war.

Torsten Mattuschka
Der gebürtige Cottbuser, Jahrgang 1980, begann seine Karriere bei Energie Cottbus. Bei Union Berlin wurde er zum Publikumsliebling und schoss in 272 Spielen 60 Tore. Derzeit lässt der offensive Mittelfeldspieler beim VSG Altglienicke seine Karriere ausklingen.

Auch viele Jahre nach der Wende gibt es immer noch ein Gefälle zwischen West und Ost. In den 2000er Jahren spielten mit Rostock und Cottbus zwar zwei Vereine in der Bundesliga, aktuell gibt es aber keinen wirklichen "Ost-Klub" in der Liga. Warum?
Es ist immer eine Frage des Geldes und da kann man im Westen mehr von generieren als im Osten. Außer RB Leipzig natürlich, aber da weiß man ja, wo das Geld herkommt. Dadurch ist es für viele Vereine schwierig, junge Spieler zu bekommen, die auch was erreichen wollen. Magdeburg hat dieses Jahr einige geholt und ist aktuell in der dritten Liga vorne dabei. Auch Rostock hat sich unter Trainer Pavel Dotchev stabilisiert. Für Erfurt und Chemnitz sieht es zwar düster aus, aber Jena und Zwickau als Aufsteiger hingegen haben sich gut etabliert.

In der zweiten Liga gibt es aktuell nur drei Klubs. Während Union im oberen Mittelfeld ist, spielen Dresden und Aue gegen den Abstieg. Wann kann man wieder mit einem "Ost-Klub" in der Bundesliga rechnen?
Wenn es nach mir geht, würden gleich alle drei Vereine aufsteigen. Man kann das in der zweiten Liga ganz schwer planen. Wenn Teams wie der HSV, Köln oder in den letzten Jahren Stuttgart oder Hannover absteigen, haben die ein Jahr lang praktisch ihren Bundesliga-Etat. Die können da schon etwas besser planen. Aber die anderen Klubs können nur schwer mithalten. Aue hat ja keine 20.000 Einwohner, das ist mit Bochum zum Beispiel nicht zu vergleichen. Da wird tolle Arbeit gemacht. Auch Dresden ist ein schlafender Riese für mich.

Und Union? Vor der Saison zählten die Eisernen zu den Aufstiegsfavoriten, da diesmal kein Hochkaräter wie Stuttgart aus der Bundesliga abgestiegen ist. Aktuell fällt das Team eher durch inkonstante Leistungen auf. War es vielleicht ein Fehler, Jens Keller zu entlassen?
Ich will mir nicht anmaßen, darüber zu urteilen. Der Verein hat die Entscheidung getroffen und gut ist. Klar hat sich Union gute Chancen ausgerechnet, da in diesem Jahr "nur“ Ingolstadt und Darmstadt abgestiegen sind. Die Liga ist sehr ausgeglichen, das Leistungsgefälle ist nicht sehr groß. Das ist gut für den Fußball, finde ich. Union hat auch noch Chancen, aber es kann in der zweiten Liga alles sehr schnell gehen.

Legenden unter sich: Christoph Kramer mit Vorbild Mattuschka

Bild: imago sportfotodienst

Egal ob Union Berlin, Dynamo Dresden in der zweiten oder Hansa Rostock und Magdeburg in der dritten Liga. Die Stadien der Ost-Klubs sind stets gut gefüllt. Der Zusammenhalt zwischen Fans und Mannschaft wirkt sehr groß.
Dort leben die Städte für den Verein. Das schweißt immer mehr zusammen. Nicht nur die Fans, sondern auch für die Spieler ist es ein zusätzlicher Anreiz, alles abzurufen. Man hat einfach eine andere Verpflichtung. So war es zumindest bei mir bei Union oder Energie. Da hat man mitbekommen, dass die Fans ihr letztes Hemd für den Verein und somit auch für die Spieler gegeben haben. Dadurch wollte ich ihnen umso mehr zurückgeben als woanders, wo mehr Geld im Verein ist und nicht viele Fans zu den Spielen kommen.

Die Fans einiger "Ost-Klubs", allen voran Dynamo Dresden, fühlen sich jedoch vom DFB härter bestraft als andere Vereine aus dem "Westen".
Das kommt schon teilweise so rüber. Ich weiß nicht, ob es faktisch auch so ist, aber gefühlt trifft es die Ost-Klubs härter.

Hat der DFB also womöglich eine Teilschuld daran?
Das will ich so nicht beurteilen. Es scheint eben nur so, dass es Unterschiede gibt. Idioten gibt es überall in den Stadien. Diese Leute bekommt man nicht in den Griff. Da ist es als Verein egal, ob du Bayern München, Borussia Dortmund, Dynamo Dresden oder Union Berlin heißt. Wichtig ist nur, dass man alle gleich bestraft. Wenn sich Teams oder Fans ungerecht behandelt fühlen, ist das kontraproduktiv und ruft ein noch höheres Gewaltpotenzial herbei.

"Tusche" im Trikot von Altglienicke:

Bild: imago sportfotodienst

Wie geht es für Sie persönlich weiter? Ihr Vertrag in Altglienicke läuft im Sommer aus…
Das will und kann ich heute noch nicht sagen. Ich muss erst einmal abwarten, wie sich meine Verletzung entwickelt. Sobald ich wieder fit bin und auf dem Platz stehe entscheide ich, wie es weitergeht.

Könnten Sie sich vorstellen, nach Ihrer aktiven Karriere dem Fußball als Trainer erhalten zu bleiben?
Das auf jeden Fall! Ich mache im März und April meinen DFB-Elitetrainer-Schein und muss dann zehn bis zwölf Monate warten, bis ich die A-Lizenz machen kann. Wenn ich aufhören sollte, gibt es bestimmt die Möglichkeit, hier in Altglienicke als Trainer oder Co-Trainer einzusteigen. Ich will gerne meine Erfahrung aus meiner aktiven Zeit an junge, aber auch ältere Spieler mitzugeben. Meine Karriere war ja sehr untypisch. Ich war erst ganz normaler Arbeiter und bin dann Profi geworden. Ich weiß, dass es nicht immer nur Sonnenschein gibt, sondern auch mal Regen. Ich hätte schon Bock darauf, eine Mannschaft zu übernehmen und würde mich freuen, wenn das klappt.

Dieses Interview ist zuerst auf t-online.de erschienen.

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