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9. August 1988: Wayne Gretzkys Trade macht die NHL zum Millionen-Business

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Als Wayne Gretzkys Trade die NHL zum Millionen-Business machte

9. August 1988: Eine verwegene Idee macht aus dem Eishockey-Sport ein riesiges Business. Ein windiger Geschäftsmann lotst mit Wayne Gretzky den größten Star der Sportart nach Los Angeles. Der Trade gibt der NHL ein ganz neues Gesicht.
10.08.2018, 11:47
Klaus Zaugg
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Bis in die 80er-Jahre hinein ist die National Hockey League eine kanadische Angelegenheit. Gewiss: Hin und wieder holt ein Team aus den USA den Stanley-Cup. Aber das Maß aller Dinge bleiben die Montreal Canadiens und die Edmonton Oilers. Eishockey ist ein beschauliches Geschäft. Nur zwei NHL-Stars verdienen mehr als eine Million Dollar: Wayne Gretzky und Mario Lemieux. Der Durchschnittslohn liegt bei 125.000 US-Dollar.

Aber dann betritt bei den Los Angeles Kings Ende der 80er-Jahre ein kleiner, dicker, aber charismatischer Schurke die Bühne. Bruce McNall, Münzensammler, Antiquitäten-Händler, Filmproduzent, Party-Löwe – ein "Mover und Shaker" im besten Wortsinne. Ohne ihn hätte es die NHL-Revolution, die Erweiterung auf heute 30 Teams, die Eroberung des "Sunbelts" in den USA und die totale amerikanische Dominanz nie gegeben. Bruce McNall hat den Mut, in Los Angeles ins Hockeygeschäft zu investieren und er löst damit eine der größten Revolutionen im nordamerikanischen Sportgeschäft aus.

Bildnummer: 01366931 Datum: 15.10.1984 Copyright: imago/Icon SMI
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Wayne Gretzky im Jahr 1984 für die Edmonton Oilersbild:imago

Alles kann Big Business werden – sogar Eishockey unter Palmen

Diese Revolution beginnt fast unbemerkt im Januar 1988. Dr. Jerry Buss verkauft die Los Angeles Kings an McNall. Erstgenannter glaubt nicht mehr ans Hockeygeschäft. Die Los Angeles Kings sind 1967 in die NHL gekommen und spielen keine Rolle. Sie bescheren Buss Verluste, sie füllen die Arena nicht und resigniert sagt er einmal: "Es gibt in Los Angeles über eine Million Kanadier – aber die sind wohl hier, weil sie von Eishockey die Schnauze voll haben."

Eishockey als Big Business? Da muss einer wohl verrückt geworden sein. Doch McNall ist keineswegs verrückt. Er hat viel Erfahrung im Showbusiness und weiß: Alles kann Big Business werden. Sogar Eishockey in Kalifornien, in Los Angeles, im Schatten von Hollywood. Aber wenn es rocken und rollen soll, dann braucht es einen Superstar. Nicht irgendeinen. Sondern den Größten aller Zeiten.

Kanadische Politiker versuchen, den Trade zu verhindern

Die Liebe hilft McNall: Das Hollywood-Sternchen Janet Jones erobert das Herz von Kanadas "Hockeygott" Wayne Gretzky. Im Sommer 1988 wird geheiratet. Sie möchte in Los Angeles leben, er in Edmonton bleiben. Aber Edmontons Besitzer Peter Pocklington braucht Geld. Money talks. Am 9. August 1988 holt McNall Gretzky in Edmonton aus einem laufenden Vertrag heraus nach Los Angeles.

Es ist eines der größten Tauschgeschäfte aller Zeiten im nordamerikanischen Sport-Business. "The Trade" bringt Gretzky, Marty McSorley und Mike Krushelnyski nach Los Angeles und die Oilers bekommen im Gegenzug Martin Gelinas, Jimmy Carson, drei Draftrechte und 15 Millionen Dollar. Vergeblich versuchen Politiker in Kanada dieses Tauschgeschäft zu verhindern.

Das "Journal" in Montreal druckt die größte Schlagzeile seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. "The Edmonton Journal" macht auf Seite 1 groß damit auf und unten auf der Frontseite findet sich ein kleines Kästchen: "Weitere Geschichten finden Sie auf den Seiten 2, 3, 4, 5, 6, 11, 18, 19, 23, 30, 36, 37, 38, 39, 40, 42, 43, 46 und 47."

Gretzky und Jones sind auch heute noch glücklich verheiratet und haben fünf Kinder (Tochter Paulina ist die Partnerin von Star-Golfer Dustin Johnson). Der ehemalige Hockeystar hat sich nach seinem missglückten Einstieg als Coach bei Phoenix ganz aus dem Hockeygeschäft zurückgezogen und lebt mit seiner Familie in Los Angeles.

Gretzky mit seinem berühmten Trikot bei den Kings.
Gretzky mit seinem berühmten Trikot bei den Kings.bild: imago

Explosion der Gehälter

Mit Gretzky wird Eishockey in Kalifornien und in den USA tatsächlich "Big Business". Innerhalb von sieben Jahren steigt die Zahl der Dollar-Millionäre von zwei auf 184. Die NHL wird nach und nach auf 30 Teams erweitert, der Durchschnittslohn explodiert auf um die 2 Millionen Dollar und die Zahl der Dollarmillionäre geht in die hunderte.

Der Boom, den McNall ausgelöst hat, überfordert schließlich auch die Teams in den USA. Im Sommer 2004 wird die Notbremse gezogen: Die NHL-Teambesitzer setzen in einer erbitterten Auseinandersetzung gegen die Spielergewerkschaft eine Salärobergrenze durch ("Salary Cap"). Die ganze Saison 2004/05 fällt diesem Streit zum Opfer.

McNall: In den Knast, aber letztlich hatte er doch recht

Und was ist aus McNall geworden? Einer der meistbewunderten Unternehmer Kaliforniens wird 1994 als Hochstapler, als Betrüger, als Schurke entlarvt und landet im Knast. Er hat die Bank of America mit faulen Krediten um 236 Millionen Dollar erleichtert und letztlich mit diesem Geld den Hockey-Boom auf Pump angefacht. Die Los Angeles Kings geraten in größte wirtschaftliche Schwierigkeiten und müssen Konkurs anmelden.

1995 kauft die Anschutz-Gruppe das Unternehmen, baut eine neue Arena und bringt es nach und nach wieder auf Kurs. Aber nach dem Finale von 1993 werden die Playoffs bis 2009 insgesamt elf Mal verpasst. Doch seither folgt die glanzvollste Ära der Kings: 2012 und 2014 holen sie den Stanley Cup.

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Am 9. Januar 1997 wird der damals 46-jährige McNall schließlich zu fünf Jahren und zehn Monaten Gefängnis und fünf Millionen Dollar Buße verurteilt. Die Strafe hat er im locker geführten Gefängnis in Baron ("Country Club") längst verbüßt, er hat dort auch regelmäßig Besuch von seinen alten Freunden wie Gretzky und Robitaille erhalten. Sie wissen sehr wohl, was sie McNall zu verdanken haben.

2001 wird er wegen guter Führung vorzeitig entlassen und inzwischen hat er auch ein Buch über sein bewegtes Lebengeschrieben: "Fun while it lasted. My Rise and Fall in the Land of Fame and Fortune." Er hatte doch recht: Ein Hockey-Unternehmen kann auch in Los Angeles erfolgreich sein.

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