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WM 2022: ZDF-Moderator Manuel Thiele fordert von DFB weitere Zeichen

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Beim WM-Auftaktspiel gegen Japan musste die deutsche Nationalmannschaft eine 1:2-Niederlage einstecken.Bild: www.imago-images.de / IMAGO/nordphoto GmbH
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WM 2022: "Spieler müssen als Vorbild vorangehen" – ZDF-Moderator fordert von DFB weitere Zeichen

26.11.2022, 09:3126.11.2022, 09:32
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Manuel Thiele ist Youtuber und Sportjournalist, moderiert für das ZDF unter anderem das Fußballformat "Bolzplatz". Die junge Zielgruppe hat er auf Social Media fest im Blick. Zur WM stellt er für das ZDF das Bindeglied zwischen ebendieser und den Moderator:innen und Gäst:innen im Studio dar.

Mit watson hat er über die WM-Vergabe nach Katar, die Stimmung rund um die deutsche Nationalelf und junge Fans gesprochen.

watson: Die Boykott-Debatte, der Streit um die "One Love"-Binde, das Mund-zu-Mannschaftsfoto der deutschen Nationalelf, das Auftakt-Debakel gegen Japan. Manu, wie hast du all die Diskussion in den letzten Tagen erlebt?

Manuel Thiele: Zwiegespalten. Man muss natürlich einen Mittelweg finden. Das ist eine sehr spezielle Weltmeisterschaft, die wir gerade haben. Etwas, was für jeden, der diesen Beruf betreibt, komplett neu ist. Eigentlich sind wir dafür da, um über den Sport zu berichten – über das, was auf dem Platz passiert. Und das einzuordnen. Das geht dieses Mal nicht in dieser Form.

Inwiefern?

Es ploppen plötzlich ganz viele verschiedene, komplexe Themen auf. Wenn man sich die WM mit all ihren schlimmen Facetten – beispielsweise die Arbeitsbedingungen der Gastarbeiter – ansieht, dann ist es vielleicht etwas Positives, dass man sich mit diesen Themen beschäftigt. Ohne diese WM und ohne diese Politisierung wäre ich nie auf die Idee gekommen, mich damit zu befassen.

2022-10-05 12:53:37 Photo taken on 05 October 2022.A general view of the work in progress of the 2022 Qatar FIFA World Cup Fan Villages and accommodation cabins in Doha - Qatar. Ahead of the FIFA 2022 ...
Die Arbeitsbedingungen für die Gastarbeiter:innen in Katar werden hart kritisiert.Bild: IMAGO / ANP

Du sprichst von einem Mittelweg, den du deshalb finden müsstest. Wie sieht der aus?

Man ist in einem inneren Konflikt und muss sich fragen: Was macht man daraus? Wie gewichtet man was? Ich bin jemand, der sehr gerne über den Sport spricht. Aber das geht hier nicht. Am Ende geht es darum zu zeigen, dass diese Weltmeisterschaft keine normale Weltmeisterschaft ist und das auch so zu benennen, was dort passiert und was nicht in Ordnung ist.

Gleichzeitig aber nicht den Sport aus den Augen zu verlieren.

Genau. Das ist ein entscheidendes Element, denn: Der Sport kann nichts dafür. Und auch ein Joshua Kimmich oder ein Manuel Neuer können nichts dafür, dass die WM in Katar stattfindet. Wir sollten auch die Sportler respektieren. Sie verdienen es, im Rampenlicht zu stehen. Sie verdienen es, gefeatured zu werden.

"Meiner Meinung nach sollten wir mehr miteinander reden, nicht übereinander."

Viele der Sportler haben Stiftungen, mit denen sie wohltätige Projekte unterstützen. Der DFB spendet eine Million Euro an "SOS-Kinderdorf" nach Nepal. Inwiefern kann man von den Fußballspielern ein politisches Zeichen, wie das Tragen der "One Love"-Binde, erwarten?

Man muss es von ihnen erwarten. Sobald man in der Öffentlichkeit steht, sobald man Reichweite hat, hat man auch eine gewisse Verantwortung, eine Vorbildfunktion – ob man will oder nicht. Man muss als Spieler vorangehen und darf sich nicht wegducken. Dementsprechend ist es wichtig, Zeichen zu setzen und für gesellschaftspolitische Dinge einzustehen. Trotzdem ist es auf der anderen Seite wichtig, sich bei einem solchen Turnier auch auf den Sport zu konzentrieren.

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Das deutsche Nationalteam wählt beim Mannschaftsfoto eine Form des stillen Protests.Bild: IMAGO / AFLOSPORT

Findest du die Diskussion an manchen Stellen übertrieben?

Das ist die öffentliche Diskussion. Und das ist Social Media: Jeder kann seine Meinung sofort nach draußen posaunen, sobald einem etwas nicht gefällt. Dabei fällt die erste Reaktion immer deutlicher aus als die folgenden. Und die landet dann direkt auf Social Media. Meiner Meinung nach sollten wir mehr miteinander reden, nicht übereinander.

Die Reaktionen auf die Mund-zu-Geste der deutschen Nationalmannschaft waren hierzulande zweigeteilt. Hast du das so erwartet?

Hier prallen zwei Seiten aufeinander: Diejenigen, die den Boykott befürworten, und diejenigen, die einfach nur Fußball schauen wollen. Deshalb wundert es mich nicht, dass auf Social Media im Speziellen die Meinungen zur Mund-zu-Geste so auseinander gehen.

Auf welcher Seite bist du?

Ich finde die Aktion gut. Es ist eine kreative Weise des Protests und eine Botschaft, die jeder versteht. Man muss aber auch sagen: Es ist eine andere Botschaft als die Regenbogen-Binde oder die "One Love"-Binde. Denn das wäre ein Zeichen für Vielfalt. Die Mund-zu-Geste war ein Zeichen gegen die Fifa. Daher würde ich mir wünschen, dass in diese Richtung noch mal was kommt. Aber für den Anfang war das eine Sache.

Unter den jungen Fans werden vor allem Einzelspieler gehyped. Sie sind dann nicht Fan des FC Bayern, sondern beispielsweise von Lewandowski, Neuer oder Mbappé. . Bei dieser WM gibt es wenig Chancen, als Fan Positives zu erleben. Schießt sich die Fifa damit ein Eigentor?

Ich glaube nicht, dass die Weltmeisterschaft oder der Fußball dadurch Fans verliert. Denn wir dürfen nicht vergessen: Die Weltmeisterschaft ist ein Turnier, das einen Monat lang stattfindet. Selbst wenn man diesen einen Monat keinen Fußball schaut, wird spätestens im Januar zur Bundesliga wieder eingeschaltet. Das Fan-Sein verliert man nicht nur aufgrund dieser einen WM. Die Stars sind trotzdem da. Fans folgen ihnen auf Social Media, sie teilen ihr Privatleben. Das ist das, was das Fan-Sein heutzutage ausmacht.

"Ich glaube, dass immer noch genug junge Zuschauer Fans werden. Allerdings nicht mehr von den Vereinen, sondern von den Stars."

Du sagst, dass der Fußball durch die WM keine Fans verliert. Weltmeisterschaften sind aber auch dafür da, neue – junge – Fans dazuzugewinnen. Das ist in diesem Jahr schwierig. Wie kann man junge Fans stattdessen begeistern?

Stadion-Erlebnisse. Das einfachste ist es, junge Fans mit ins Stadion zu nehmen. Diese Eindrücke bleiben – im Zweifel ein Leben lang. Allerdings ändert sich hier gerade etwas: die neue Social-Media-Generation. Denn die Ticket-Preise für Spiele sind extrem gestiegen. Daher sitzen nur noch selten Familien im Stadion. Stattdessen ist man als junger Fan im Internet unterwegs, schaut sich den Stream an. Dort findet man beispielsweise Messi oder Neymar geil, dann ist man automatisch Fan von diesem Fußballer. Deshalb verlieren auch viele große Vereine aktuell ihre Basis.

Bricht den Klubs dann der Nachwuchs weg?

Ich glaube, dass immer noch genug junge Zuschauer Fans werden. Allerdings nicht mehr von den Vereinen, sondern von den Stars. Allein durch Social Media wird man an jeder Ecke mit Fußball zugeballert und kommt daran überhaupt nicht vorbei.

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