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WM 2022

WM 2022: Schlechteste WM-Stimmung aller Zeiten – nur Sponsoren könnten helfen

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Die Stimmung bei deutschen Fans scheint vor der Weltmeisterschaft in Katar schlecht. (Symbolbild)Bild: imago sportfotodienst / imago images
WM 2022

Schlechteste WM-Stimmung aller Zeiten: Nur die Sponsoren könnten das in Zukunft noch ändern

In seiner wöchentlichen Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.
19.11.2022, 11:0328.01.2023, 09:23
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Wenn am Sonntag um 17 Uhr in Doha das Eröffnungsspiel der Fußball-Weltmeisterschaft im Al Bayt Stadion zwischen Katar und Ecuador stattfindet, erleben wir den Start in ein überaus skurriles Fußballturnier. Während viele Fans in Deutschland den Fernseher nicht einschalten und das Turnier boykottieren, werden auf den Rängen des hochmodernen Stadions erstmals Fans Platz nehmen, die für Stimmungsmache, Gesang und Support bezahlt werden.

Die Veranstalter dementieren, dass es auch eingekaufte Fans bei dieser WM gibt. Die Bilder vom Fan-Marsch in Katar dokumentieren demgegenüber etwas völlig anderes. Da spielten uns Gruppen seltsam singender Männer vor, Fans der teilnehmenden Nationen zu sein. Während sich die enttäuschte Fan-Seele in Europa von der Fifa und dieser umstrittenen WM abwendet, wirkt die Inszenierung dieses sogenannten Fan-Marsches von Doha einfach nur peinlich.

Fanforscher Harald Lange.
Sportwissenschaftler und watson-Kolumnist Harald Lange.Bild: Uni Würzburg
Über den Autor
Harald Lange ist seit 2009 Professor für Sportwissenschaft an der Universität Würzburg. Er leitet den Projektzusammenhang "Fan- und Fußballforschung" und gilt als einer der bekanntesten Sportforscher in Deutschland. Der 55-Jährige schreibt und spricht täglich über Fußball, auch in seinem Seminar "Welchen Fußball wollen wir?"

Statt Public Viewings gibt es in diesem Jahr Boykott-Aufrufe

In Deutschland ist bislang keine positive WM-Stimmung aufgekommen. Wir haben an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) in Würzburg in Kooperation mit dem Institut für Wirtschaft der FH Dortmund und der Meinungsforschung FanQ im Verlauf des Jahres in drei großen repräsentativen Studien ein Stimmungsbarometer zu dieser WM erstellt. Es wurden insgesamt 13.367 Fragebögen ausgefüllt und die vorliegenden Ergebnisse geben im Längsschnitt Aufschluss zur Entwicklung der unterirdischen WM-Stimmung im Land.

"Damit haben wir in Deutschland die schlechteste WM-Stimmung aller Zeiten."

Die Zahlen bestätigen das, was wir seit Monaten beobachten und während der letzten Bundesligaspieltage in jeder Kurve demonstriert bekommen haben: Die Fans können getrost auf dieses WM-Turnier verzichten und fordern sogar zu einem Boykott der Veranstaltung auf. Gerade mal 8,3 Prozent der befragten Fans freuen sich auf die WM im Wüstenstaat, während 84 Prozent unmittelbar vor dem Eröffnungsspiel keine Vorfreude verspüren.

Damit haben wir in Deutschland die schlechteste WM-Stimmung aller Zeiten. Wir dürfen gespannt sein, ob es den Veranstaltern, Sponsoren und involvierten Medien gelingt, noch irgendetwas von ihrem gigantischen Investment zu retten – und so vielleicht doch noch den einen oder anderen Fan mitzureißen.

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Zahlreiche Fans rufen zum Boykott der WM auf.Bild: IMAGO/Sportfoto Rudel

Die Fifa und die WM haben ihre Glaubwürdigkeit verloren

Mit Blick auf die Daten unserer Studie bin ich skeptisch. Diese WM ist bereits vor dem Eröffnungsspiel gelaufen. 70,7 Prozent der befragten Fans wollen auf Live-Berichterstattung verzichten und 54,4 Prozent beabsichtigen, den Fernseher komplett ausgeschaltet zu lassen – wollen kein einziges Spiel schauen.

"Ein 'Weiter so' kann es nach dieser WM nicht mehr geben."

Das Festhalten an diesem WM-Ausrichter und die weitgehend unkritische Haltung der Sportpolitik hat dem Image des internationalen Profifußballs einen großen Schaden zugeführt. Wenn jetzt erstmals in der WM-Geschichte die Einschaltquoten wegbrechen und das Image der Sponsoren leidet, müssen die Marketingabteilungen der großen Sportsponsoren einen neuen Umgang mit dem Sport und seinen Großveranstaltungen entwickeln. Ich meine: Ein "Weiter so" kann es nach dieser WM nicht mehr geben.

Das Image der Fifa und des Veranstaltungsformats "Fußball-Weltmeisterschaft" ist so schlecht wie niemals zuvor. Und da auch die nationalen Fußballverbände, abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen – vor allem Norwegen und Australien – keinerlei Glaubwürdigkeit mehr ausstrahlen, muss die Rettung von außen erfolgen.

Nur Druck der Sponsoren könnte eine Änderung bei der Fifa herbeiführen

Falls der WM-Boykott der Fans tatsächlich stattfinden und Spuren bei den Einschaltquoten sowie im Kaufverhalten zu den Produkten und Dienstleistungen der WM-Sponsoren nach sich ziehen sollte, dann könnte sich genau an dieser Stelle eine Chance für den internationalen Fußball abzeichnen.

Nichts vermag Fußballfunktionäre besser zu steuern als das Geld der Sponsoren und der Medien, die für Übertragungsrechte gigantische Summen auf den Tisch legen. Wer Veränderungen im Fußball haben will, kann auf die Feiertagsreden der Top-Funktionäre getrost verzichten. Ich meine, es lohnt sich genau zuzuhören, falls die Sponsoren dieses Fußballzirkus in den kommenden Wochen Stellung zu ihrem Engagement beziehen.

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