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"Markus Lanz": Grünen-Mann Trittin über Giffey-Rücktritt: "Gewisse Unlogik drin"

Jürgen Trittin glaubt, Franziska Giffey hätte besser aus der Affäre kommen können.
Jürgen Trittin glaubt, Franziska Giffey hätte besser aus der Affäre kommen können.Bild: screenshot zdf
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Grünen-Urgestein über Giffey-Rücktritt: "Dann ist da eine gewisse Unlogik drin"

21.05.2021, 07:00
maik mosheim
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Politik pur am Donnerstagabend bei „Markus Lanz“. Zwei Politiker sollen sich zu verschiedenen Themen duellieren – das strebte Moderator Lanz zumindest an. Ein Journalist darf dazu zwischendurch seine Meinung abgeben. Und eine Ärztin sitzt 55 von 75 Minuten einfach nur daneben.

Die Gäste der Sendung:

  • Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen), Mitglied des Deutschen Bundestages
  • Marco Buschmann (FDP), Mitglied des Deutschen Bundestages, Parlamentarischer Geschäftsführer
  • Gregor Peter Schmitz, Journalist, Chefredakteur der "Augsburger Allgemeinen"
  • Birgid Puhl, Ärztin aus Hamburg und Impfärztin im Impfzentrum

Doch zuerst geht es um Franziska Giffey. Die jetzt ehemalige Familienministerin trat am Mittwoch als Folge der Plagiatsaffäre um ihren Doktortitel zurück. Was Grünen-Legende Jürgen Trittin über den Zeitpunkt und die Tatsache, dass Giffey weiterhin Regierende Bürgermeisterin von Berlin werden will, denkt?

„Ich glaube, sie wäre souveräner aus der ganzen Sache rausgekommen, wenn sie das frühzeitiger gemacht hätte. Ich persönlich würde für mich sagen, wenn ich aus dem Amt der Bundesministerin zurücktrete und mich um das Amt einer Regierenden Bürgermeisterin bewerbe, dann ist da eine gewisse Unlogik drin.“
Jürgen Trittin

Trittin führt aus: „So ist sie ein Stück beschädigt." Und er ergänzt: "Das war ja schon ein Witz zuvor.“ Was er meint ist, dass die gleichen Leute, die Giffeys Arbeit damals bewertet hatten, auch bei der ersten Überprüfung seitens der Freien Universität Berlin beteiligt waren. „Da wurde der Bock zum Gärtner gemacht“, so Trittin.

Grünen-Urgestein Jürgen Trittin äußerte sich über den Rücktritt von Franziska Giffey.
Grünen-Urgestein Jürgen Trittin äußerte sich über den Rücktritt von Franziska Giffey.Bild: screenshot zdf

Journalist Gregor Peter Schmitz steuert eine Beobachtung zur Kanzlerin und ihrem Umgang mit Giffeys Rücktritt bei: „Wenn man beobachtet hat, wie Angela Merkel Franziska Giffey verabschiedet hat, das war ja so wehmütig, das haben wir selten erlebt. Und ich glaube das hängt damit zusammen, dass Merkel klar gemacht hat, dass sie mit diesen Rücktritten nach Plagiatsfällen nichts anfangen kann.“ Dass Giffey nun weiterhin eine politische Karriere in Berlin vor sich habe, findet Merkel offenbar logischer als Jürgen Trittin.

Dann sind Annalena Baerbocks nicht angemeldete Nebeneinkünfte Thema. Die Grünen-Chefin hatte kürzlich mehrere Tausend Euro im Bundestag nachgemeldet, das sorgte wiederum für Diskussionen. Ihr Grünen-Kollege Trittin greift das auf, beschreibt, dass es sich dabei unter anderem um Weihnachtsgeld für ihr Engagement im Europa-Wahlkampf 2019 gehandelt habe und dass sie sich dieses redlich verdient habe.

Und auch wenn das Thema in der Runde nur kurz aktuell bleibt, hat Journalist Schmitz noch eine weitere Nebeneinkunft parat, die für Diskussion sorgen könnte: Die Corona-Prämie, die laut Trittin einige Grünen-Politiker für ihre Arbeit während der Pandemie bekommen. Spannendes Thema, das Moderator Lanz aber leider schnell abwürgt und wechselt.

Journalist Schmitz startet ein interessantes Thema - das Lanz leider abwürgt.
Journalist Schmitz startet ein interessantes Thema - das Lanz leider abwürgt.Bild: screenshot zdf

Stattdessen zettelt er den erwarteten politischen Schlagabtausch zwischen Trittin und FDP-Politiker Marco Buschmann an, die passenderweise auch direkt nebeneinander sitzen. Die zentrale Streitfrage: Das Klima. Trittin hatte den Satz gesagt: „Die FDP will keinen Klimaschutz, das interessiert die einen Dreck.“ Buschmann greift das in der Sendung auf:

„Ich glaube das ist einfach schlechter Stil, weil er weiß, dass es nicht stimmt.“
Marco Buschmann

Seiner Meinung nach hat die FDP gar das härteste Klimaprogramm aller großen Parteien. Er versucht das im Anschluss vor allem damit zu begründen, dass die FDP die einzige Partei sei, die die Ausstoßmenge von CO2 pro Jahr deckeln wollen würde, also eine Obergrenze für CO2-Ausstoß quasi. Er gerät dabei dann erwartungsgemäß mit Trittin aneinander. Man merkt aber schnell, dass die beiden gar nicht so weit auseinander sind mit ihren Ideen. So empfinden beide eine Marktlösung, in der CO2-Verbrauch in Zertifikaten gehandelt werden kann, wie es bereits in der EU getan wird, als sinnvollen Ansatz. Was bei Grünen-Mann Trittin mehr überrascht als bei FDP-Buschmann.

Marco Buschmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP.
Marco Buschmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP.Bild: screenshot zdf

Der hat dann auch noch eine zukunftsträchtige Idee, um die Energiewende zu schaffen: Synthetische Kraftstoffe, also die Abkehr von Erdöl als Energielieferant. Blöd nur, dass Moderator Lanz das überhaupt nicht als entscheidenden Faktor ansieht und wiederholt dagegen stänkert. Er bohrt immer wieder bei Buschmann nach, was dieser denn dafür von Atomkraft halte und ob die FDP klar sagen würde „Atomkraft, Nein danke“, frei nach dem berühmten Aufkleber, der seinerzeit die Laternenmäste der Republik schmückte. Buschmann ringt sich zu einem mehr oder weniger deutlichen „Nein, danke“ durch, aber will dabei viel lieber über synthetische Kraftstoffe reden und konfrontiert Lanz damit dann auch:

„Sie sind sehr verliebt in den Atom-Strom, ich rede darüber gar nicht.“
Marco Buschmann

Jürgen Trittin teilt die Begeisterung für diese Kraftstoffe ganz offensichtlich nicht: „Synthetische Kraftstoffe, das ist die Homöopathie der Energiepolitik“, sagt er unter zustimmendem Nicken von Lanz. Und Journalist Schmitz analysiert: „Also so ganz sehe ich die Koalition (zwischen den Grünen und der FDP, beispielsweise in einer Ampel-Koalition mit der SPD, Anm. d. Red.) noch nicht.“

Jürgen Trittin (l.) und Marco Buschmann, die Kontrahenten des Abends.
Jürgen Trittin (l.) und Marco Buschmann, die Kontrahenten des Abends.Bild: screenshot zdf

Es ist eine spannende, aber auch schwergängige Debatte. Auch bei der im Anschluss thematisierten Steuerpolitik ändert sich das kaum. Die FDP hat ihr Programm, die Grünen haben ein anderes, Journalist Schmitz analysiert die Situation und stellt die Frage, wie die FDP denn überhaupt in eine Regierung kommen könne.

Schließlich darf Birgid Puhl, Ärztin in Hamburg, auch mitmischen. Harter Themenwechsel, plötzlich sind nicht mehr Steuer- oder Energiepolitik, sondern die Impfpriorisierung Thema. Puhl findet die Aufhebung der Priorisierung zumindest für den ambulanten Bereich richtig. Ihre Beschreibung der Situation in den Praxen ist nicht neu, dafür wird ihre Beschreibung der Situation der Familien in Deutschland besonders emotional. „Das ist furchtbar gewesen“, sagt sie. Dann macht eine bedeutungsschwangere Pause. Die Stille wirkt. Sie fährt fort.

„Viele Eltern haben wahnsinnig Angst gehabt am Anfang.“
Birgid Puhl

Und weiter: „Ich glaube auch, dass das mit den Kindern und Jugendlichen viel gemacht hat. Und ich finde, sie haben sich großartig und sehr respektvoll verhalten.“

Ärztin Birgid Puhl spricht über die Situation der Familien.
Ärztin Birgid Puhl spricht über die Situation der Familien.Bild: screenshot zdf

„Ich finde auch deswegen ist es an der Zeit, dass die Priorisierung fällt“, schließt sie den Kreis zum Eingangsthema. Sie könne nun auch Eltern impfen, wenn sie nicht in den Prio-Gruppen 1 und 2 seien und das sorge für große Erleichterung. Die Zeit sei vor allem eben für Kinder und Jugendliche schlimm gewesen und sie warnt davor, dass die Zahl psychischer Erkrankungen als Folge der Pandemie sprunghaft ansteigen werde. Der Vergleich, den sie dann anstellt, ist aber dann eher einer der seltsamen Sorte: „Das ist, als wenn ich meinen Hund ein Jahr lang nur im Wohnzimmer Gassi führe.“

Gast bei "Wer weiß denn sowas?" nicht zu stoppen: Kai Pflaume überfordert

"Wer weiß denn sowas?" unterscheidet sich von anderen Quiz-Formaten durch seine speziellen Fragen, die zumeist niemand aus dem Stand beantworten kann. Oft gilt es daher, durch Herleitungen zumindest in die Nähe der Lösung zu kommen. Umso beeindruckender war der Auftritt von Ingolf Lück in der Ausgabe vom 26. März.

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