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Bushido wird laut vor Gericht: "Sie haben mir gar nichts zu sagen"

26.08.2020, Berlin: Anis Mohamed Youssef Ferchichi, bekannt als Rapper Bushido, steht beim Prozess gegen den Chef einer bekannten arabischstämmigen Großfamilie neben seinem Anwalt. Dem ehemaligen Gesc ...
Bushido vor dem Berliner Landgericht mit einem seiner Anwälte. Er ist Nebenkläger im Prozess gegen Arafat Abou-Chaker.Bild: dpa Pool / ---
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Krasse Beichte von Bushido: "Arafat wollte an mir verdienen bis ans Lebensende – und darüber hinaus"

08.09.2020, 17:1721.06.2021, 16:28
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Der sechste Verhandlungstag im Prozess gegen Arafat Abou-Chaker und seine Brüder Rommel, Yasser und Nasser vor dem Berliner Landgericht endet, wie er begonnen hat: literarisch. Ist es am Ende, nach mehreren Stunden Befragung des Zeugen Bushido durch Richter, Staatsanwältin sowie die Verteidiger der Angeklagten der Rechtsanwalt Martens, der aus einem Buch vorliest, so ist es vormittags, zu Beginn der Verhandlung am Montag, der Vorsitzende Richter Mrosk.

Er liest dabei aus dem gleichen Buch vor wie Martens. Es handelt sich um Bushidos Autobiographie aus dem Jahr 2008. "Ich habe jetzt auch mal in Ihrer Biographie geschmökert", erklärt Mrosk grinsend und fügt an, er habe sich die Softcover-Ausgabe besorgt. Bei einigen Rechtsanwälten der Verteidigung liegt das Buch schon seit einigen Sitzungstagen stets vor ihnen auf dem Tisch – der Prozess kurbelt also immerhin schon mal die Buchverkäufe des Rappers ein bisschen an.

Darum geht es im Prozess
Laut Anklage soll es zu Straftaten gekommen sein, nachdem Bushido 2017 die geschäftlichen Beziehungen aufgelöst hatte. Clanchef Abou-Chaker habe dies nicht akzeptieren wollen und von Bushido unberechtigt eine Millionen-Zahlung sowie die Beteiligung an dessen Musikgeschäften für 15 Jahre gefordert. Der Rapper sei bedroht, beschimpft, eingesperrt und verletzt worden. Die Brüder im Alter von 39, 42 und 49 Jahren sind als Gehilfen oder Mittäter angeklagt.

Gangster-Rap-Klischees und Zwangsheiraten

Während Martens bisher meist Stellen vorgelesen hat, in denen Bushido als gewalttätig dargestellt wird, hat der Richter eine Frage zum Kapitel "Arafat, der Große". Dort werde der ehemalige Geschäftspartner Abou-Chaker ja über den grünen Klee gelobt, stellt der Richter fest.

"Das passt irgendwie nicht so recht mit dem zusammen, was Sie hier über ihn erzählen."
Richter Mrosk zu Bushido

Bushido deutet in seiner Antwort an, dass er ja schlecht die Wahrheit schreiben hätte können. Den Richter überzeugt das noch nicht. Warum er das Kapitel nicht einfach weggelassen habe, statt Lobeshymnen über den Mann zu schreiben oder schreiben zu lassen, die so gar nichts mit der Realität zu tun haben sollen. Schon in früheren Sitzungen hat Bushido erklärt, das Buch sei in weiten Teilen Fiktion, jetzt wiederholt er diese Aussage. "Das sind Gangster-Rap-Klischees", behauptet der Musiker mit Blick auf die positive Bezugnahme auf angebliche Mafia-Strukturen.

Auch die Beisitzerin hat ein paar Fragen. Eine davon zielt darauf ab, dass Bushido 2011 den Plan gefasst habe, mit Arafat zusammen auf ein gemeinsames Grundstück in Klein-Machnow zu ziehen. "Wie kann man das denn machen, wenn das Verhältnis so schlecht ist?", will sie wissen.

"Das ist wie bei einer Zwangsheirat", antwortet Bushido. Olaf Franke, einer der Verteidiger von Abou-Chaker lacht. "Finden Sie das lustig?", fragt ihn Bushido. Der Anwalt winkt ab. "Von der Liebesehe zur Zwangsheirat", kommentiert er spöttisch. Davon lässt sich der Nebenkläger nicht irritieren. Er habe versucht, sich "die Situation lebenswert zu machen" – wie eine zwangsverheiratete Frau, die wisse, dass sie an ihrer Lage vorerst nichts ändern könne.

"Bis 2017 dachte ich, ich komme da eh nicht raus."
Bushido

Generalvollmacht: Bis über den Tod hinaus?

Anschließend übernimmt die Staatsanwältin Regina Leitner. Sie fragt nach der Generalvollmacht, die Bushido Arafat Ende 2010 ausgestellt haben soll. Die Verhandlung erreicht nun ihren inhaltlichen Höhepunkt: Der Rapper erzählt nicht nur, dass es bereits ein zivilrechtliches Verfahren gebe, das den Streit zwischen ihm und Arafat um bezahlte Gelder klären soll. Nein, aus diesem Verfahren habe er auch bereits im Oktober 2019 erfahren, dass eine angebliche Vereinbarung aufgetaucht sei, die sein Ex-Geschäftspartner "mit sich selber" abgeschlossen habe, um "lebenslang an meinen Sachen zu verdienen".

"Arafat wollte an mir verdienen bis ans Lebensende – und darüber hinaus."
Bushido

Und nicht nur das. Sogar über Bushidos (und Arafats) Tod hinaus sollte die angebliche Beteiligung über 30 Prozent der Einnahmen gelten: Die Vereinbarung sollte sowohl auf Bushidos wie auf Arafats Erben übertragen werden, erklärt der Rapper. Das alles wohl mithilfe der Generalvollmacht. Diese hatte der "Stern" 2013 in einer großen Titelgeschichte öffentlich gemacht. Sie soll im Dezember 2010 für ein bestimmtes Immobiliengeschäft ausgestellt worden und bereits im Juni 2011 wieder aufgehoben worden sein, letzteres ist laut Bushido allerdings erst 2017 im Rahmen der Trennung von Arafat geschehen – und dann zurückdatiert worden. Kompliziert.

Der Angeklagte Arafat Abou-Chaker.
Der Angeklagte Arafat Abou-Chaker.Bild: dpa Pool / ---

Nach der Mittagspause wird es nochmal um das Thema gehen, doch vorher folgt noch ein Ausflug ins Jahr 2011. Da haben sich Bushido und seine jetzige Frau Anna-Maria kennengelernt. Über das damalige Verhältnis zwischen ihr und Arafat sagt der Rapper:

"Anna-Maria war unfassbar gut mit Arafat befreundet."

Der Kontakt sei durch ihn zustande gekommen. Allerdings habe sie sowohl Arafat als auch Bushido schon vorher vom Sehen (oder eher: vom Wegsehen) gekannt – durch ihre Schwester, die Sängerin Sarah Connor. Damals habe sie Bushido und seine Jungs aber gemieden – wegen des schlechten Rufs.

Die Freundschaft seiner heutigen Frau und seines damaligen Geschäftspartners habe seine eigene Beziehung zu Arafat vorübergehend entspannt. Bushido beschreibt, wie Anna-Maria, Arafat, dessen Lebensgefährtin und er selbst auf Partys gegangen seien. Dabei soll es feuchtfröhlich zugegangen sein, er selbst sei als Einziger nüchtern geblieben:

"Die waren besoffen und sind im Auto eingepennt, ich hab dann alle nach Hause gefahren."
Bushido

Arafats Anwalt bringt Bushido zum Platzen

Dann ist Mittag. Danach stehen die Befragungen durch die Verteidiger auf dem Programm. Auf dem Papier eine vielversprechende Angelegenheit. Doch nur direkt nach der Pause kommt es zu einem kleinen Höhepunkt, als Arafats Anwalt Hansgeorg Birkhoff sich Bushido vorknöpft. Der Anwalt fragt ruhig und höflich, doch seine Worte bringen den Rapper zur Weißglut. Kurz verlässt ihn seine sonst meist intakte Contenance, als der Anwalt anmerkt, er wünsche sich, dass das Verfahren nicht ständig unterbrochen werden müsse, weil Bushido wieder irgendein neues Schriftstück finde, das sein Anwalt dann einreiche. Bushido wird kurz laut und scharf:

"Sie haben mir gar nichts zu sagen, nur der Vorsitzende Richter."
Bushido ist aufgebracht

Birkhoff bleibt kühl. Es gebe keinen Grund für diesen unhöflichen Ton, bemerkt er in formvollendeter Nüchternheit. "Ich bin ganz freundlich", erklärt er. "Aber ich kann auch anders." "Na, dann machense doch mal", poltert Bushido zurück. Der Richter ermahnt den Rapper, der sich wieder beruhigt.

Wer gedacht hat, dass es jetzt so richtig spannend, wird, irrt. Die Anwälte der Verteidigung stellen viele Fragen an Bushido, doch genau wie bei dessen ausschweifenden Ausführungen ist nicht immer klar, wo jetzt genau der Bezug zum Gegenstand des Verfahrens sein soll. Das kann jedoch auch eine Taktik sein: Möglicherweise versuchen die Anwälte, den Zeugen zu zermürben, in der Hoffnung, dass er sich bei den vielen, kleinteiligen Fragen in Widersprüche verwickelt, und somit unglaubwürdig erscheint. An einigen Stellen ist ihnen genau das bereits gelungen. Wie sehr das für den Vorsitzenden Richter ins Gewicht fällt, bleibt noch abzuwarten.

Am Ende des langen Verhandlungstags jedenfalls greift Rechtsanwalt Martens wieder zu seinem Lieblingsbuch – und liest vor. Es geht um zwei Schlägereien, an denen Bushido beteiligt gewesen sein soll. Der kann sich daran nicht besonders gut erinnern. "Am Mittwoch geht es dann mit dem Vorlesen weiter", schließt Richter Mrosk scherzhaft die Sitzung.

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