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Urlaub trotz Brandkatastrophe in Südeuropa? Experten geben Antworten.

Auch im beliebten türkischen Urlaubsort Marmaris brachen große Waldbrände aus.
Auch im beliebten türkischen Urlaubsort Marmaris brachen große Waldbrände aus.Bild: www.imago-images.de / Recep Sulubay/GocherImagery
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Experten geben Antwort: Alles, was du jetzt zu Urlaub in den Waldbrandgebieten Europas wissen musst

06.08.2021, 13:1406.08.2021, 14:35
Luisa-marie kauzmann, Franziska schmid, julia jannaschk
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Mehrere Länder an der Mittelmeerküste kämpfen weiter gegen die anhaltenden Waldbrände. Vor allem in Griechenland und der Türkei ist die Situation noch nicht unter Kontrolle. Viele Einheimische mussten ihre Häuser zurücklassen und auch manche Reisende sind von den Feuern betroffen.

Was tun, wenn du vor Ort bist oder schon eine Reise in die betroffenen Länder gebucht hast? Kannst du bedenkenlos dorthin reisen oder ist es gefährlich? Kriegst du bei Stornierung dein Geld zurück? Watson klärt im Gespräch mit Experten die wichtigsten Fragen.

Wie gefährlich ist die Situation vor Ort?

Die riesigen Rauchwolken und die damit einhergehende Feinstaubbelastung betreffen wegen des teilweise starken Windes auch Menschen, die viele Kilometer weit entfernt von den Bränden wohnen. In Athen beispielsweise meldete die griechische Gesundheitsbehörde für das Stadtzentrum laut "Berliner Kurier" eine Belastung von 465 Mikrogramm Feinstaub je Kubikmeter. Für die EU gilt ein Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft als Obergrenze.

Touristen, die sich in der Nähe der Brände aufhalten, sollten also vorsichtig sein. Besonders ältere Menschen oder jene mit Herzkreislauferkrankungen seien auch von der Hitze gefährdet, sagt Maximilian Malfertheiner, Pneumologe an der Universitätsklinik Regensburg, gegenüber watson: "Einen Hitzschlag kann jedoch auch ein vorher Gesunder erleiden. Generell gilt bei hohen Temperaturen, sich körperlich zu schonen, viel zu trinken und möglichst in kühlen Räumen aufzuhalten."

"Einen Hitzschlag kann jedoch auch ein vorher Gesunder erleiden."
Maximilian Malfertheiner, Pneumologe

Doppelt von den Feuerkatastrophen gefährdet sind Menschen mit Lungenerkrankungen: "Die hohen Temperaturen führen dazu, das die Atemwege sich verengen und vorbestehende Luftnot sich noch verschlechtert. Kommt nun auch noch eine Verunreinigung der heißen Luft durch Waldbrände hinzu, ist dies ein zusätzlicher Reiz", erklärt Malfertheiner. Rauchgase reizten die Schleimhäute unserer Atemwege und führten zu Husten und Luftnot. "Insbesondere bei Patienten mit Asthma können durch diese Bedingungen Asthma-Anfälle ausgelöst werden."

Der Reiseanbieter TUI teilt watson auf Nachfrage mit, dass die Brände aktuell nicht in der Nähe der unternehmenseigenen Hotels seien. Man stehe in ständigem Kontakt mit der Reiseleiterorganisation und den Behörden vor Ort, die die jeweiligen Situationen genau beobachteten. "Ausflüge in den betroffenen Regionen werden derzeit abgesagt und die Behörden bitten Urlauber generell darum, die Nutzung von Mietwagen vor Ort zu reduzieren", sagt Susanne Stünckel, Sprecherin von TUI.

"Ausflüge in den betroffenen Regionen werden derzeit abgesagt und die Behörden bitten Urlauber generell darum, die Nutzung von Mietwagen vor Ort zu reduzieren."
Susanne Stünckel, Srecherin von TUI.

Auch der Reiseveranstalter FTI Touristik gibt an, dass keines ihrer touristischen Ziele – mit Ausnahme der Region Bodrum und Marmaris an der Türkischen Ägäis – von den Bränden betroffen sei. In der Türkei "wurde aus Sicherheitsgründen in Turunc Hotels evakuiert. Hier sind vereinzelt Gäste von uns betroffen, mit denen wir in engem Kontakt stehen", so Susanne Wohlgemuth, Sprecherin der FTI Touristik.

"Darüber hinaus sind einige wenige Gäste in den letzten Tagen aus der Region Bodrum vorzeitig nach Hause gereist", sagt Wohlgemuth. Dort seien die Brände allerdings mittlerweile erfolgreich bekämpft worden – und die Situation wieder entspannt. Sie schätzt Reisen in die betroffenen Länder als ungefährlich ein: "Wir mussten bislang keine Reisen absagen, die Lage ist für Pauschalreisende allgemein unbedenklich." Auch Stornierungen größeren Ausmaßes konnte der Reiseveranstalter bisher nicht feststellen.

Kreuzfahrtschiffe legen derzeit wohl noch wie üblich an ihren Mittelmeer-Ziele ann. Die Sprecherin des Kreuzfahrtschiffunternehmens AIDA, Kathrin Heitmann, stellt auf Nachfrage klar: "Wir haben derzeit keine Routenänderungen."

Kriege ich mein Geld zurück?

Reisende, die noch nicht in den betroffenen Gebieten angekommen sind und ihre Reise vorsichtshalber absagen möchten, können dies tun – jedoch ist bei der Frage nach der Reiserückerstattung Vorsicht geboten. Darauf weist der leitende Rechtsanwalt der Bartholl Legal Services in Berlin, Jan Bartholl, hin.

Grundlegend sei, so Bartholl, zwischen Pauschal- und Individualreisen zu unterscheiden. Bei einer Pauschalreise, bei welcher die reisende Person mindestens zwei Komponenten einer Reise beim selben Anbieter als Paket gebucht habe, sei man abgesichert. Hier bekomme man bei Nichtantritt der Reise den vollen Reisebetrag zurückerstattet. Dazu sei der Reiseveranstalter verpflichtet. Das gelte jedoch auch nur bei einer Reise in explizit betroffene Gebiete. Bei einer Brandsituation, wie sie aktuell in den südeuropäischen Ländern vorliegt, sei eine solche Situation "unvermeidlicher außergewöhnlicher Umstände" absolut gegeben.

Ich bin im Reisegebiet und es fängt an zu brennen: Kann ich die Reise beenden und einen Rücktransport beantragen?

Bei Reisenden, die bereits vor Ort sind und über einen großen deutschen Reiseveranstalter gebucht haben, werde dafür gesorgt, dass ein Ausfliegen aus dem betroffenen Gebiet zurück nach Deutschland möglich ist, erklärt Bartholl.

"In Gefahr zu schweben, ist nicht vertragsgemäß", so der Sprecher der Verbraucherzentrale Berlin, Konstantin Dietrich gegegenüber watson. Dies wäre ein Reisemangel. Im Falle unmittelbarer Gefahr solle man am besten den Veranstalter kontaktieren und der müsse für Lösungen sorgen – auch eine Evakuierung sei möglich. "Eine andere Möglichkeit: Kündigen und den Rücktransport fordern, die Kosten verringern sich dann um die nicht wahrgenommene Tage. Die Rückreise hatte man ja bereits gezahlt", erklärt Dietrich.

Bei Individualreisenden liegen die Karten deutlich schlechter. "Hier kann sich auf kein Recht berufen werden", sagt der Anwalt Bartholl. Wer die Erstattung bei einer Fluggesellschaft einfordere, könne nur mit der selbstständigen Annullierung des Fluges etwas bewirken.

"Eine Stornierung ist dann kostenlos, wenn es 'unvermeidbare, außergewöhnliche' Umstände vor Ort gibt, beziehungsweise diese müssen zum Reisezeitpunk vor Ort bestehen."
Konstantin Dietrich, Sprecher der Verbraucherzentrale Berlin

"Für Flüge ist es nicht relevant, was im Zielland los ist: Man zahlt nur für den Transport, nicht für die Umstände vor Ort. Die Airline hat keine Verantwortung", erklärt der Sprecher der Verbraucherzentrale Berlin. Nur wenn konkret eine Beherbergung durch Brände verhindert werde, könne man von den Unterkünften Erstattung oder Stornierung einfordern. Auch wer direkt bei einem Reiseveranstalter, zum Beispiel in Griechenland oder der Türkei gebucht habe, kann laut Bartholl sicher nicht mit einer Rückerstattung der Reisekosten rechnen.

Man weiß vorher von den Bränden im Zielgebiet: Kann ich dann kostenlos stornieren?

Das Stornieren geht laut Konstantin Dietrich immer nur gegen Stornogebühren. Diese seien abhängig von der Frist – also wie kurz vor der Reise man storniere – und würden prozentual berechnet. "Eine Stornierung ist dann kostenlos, wenn es 'unvermeidbare außergewöhnliche' Umstände vor Ort gibt, beziehungsweise diese müssen zum Reisezeitpunkt vor Ort bestehen. Jetzt vorsorglich für Ende September stornieren geht nicht, deshalb abwarten", rät er. Zwar habe es in der Vergangenheit keine Urteile dazu gegeben, aber zu Wirbelstürmen seien schon Erstattungen zugesprochen worden.

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