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RS-Virus sorgt für Chaos in Kinderkliniken – was Eltern jetzt wissen müssen

Husten, schniefen, schniefen: Was anfangs wie eine normale Erkältung wirkt, kann auch eine RS-Virus sein.
Husten, schniefen, schniefen: Was anfangs wie eine normale Erkältung wirkt, kann auch eine RS-Virus sein.Bild: getty images / filadendron
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RS-Virus überfordert Kinderkliniken – was Eltern jetzt wissen müssen

29.11.2022, 13:51
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Mit Kind ins Krankenhaus oder zum Arzt zu gehen, ist schon unter normalen Umständen ein Alptraum. Derzeit sind die Kinderklinken Deutschlands aber im Ausnahmezustand: Es gibt kaum freie Betten mehr, Eltern müssen mancherorts mit ihren Kleinkindern sogar auf einer Pritsche im Gang schlafen und Ärzt:innen sind überfordert.

Der Grund ist nicht Corona, sondern das RS-Virus, kurz für das Humane Respiratorische Synzytial-Virus (RSV). "Es ist eine völlige Katastrophe", sagte der Klinikdirektor und Leiter der Kinderkardiologie am LMU-Klinikum Großhadern der "Süddeutschen Zeitung" über die aktuelle Lage in den Kinderkliniken.

Wie gefährdet ist mein Kind und kann ich es schützen? Bei welchen Symptomen sollte ich lieber zum Kinderarzt? watson hat zusammengefasst, was Eltern jetzt über das RS-Virus wissen müssen:

Woher kommt die aktuelle RSV-Welle?

Bereits im letzten Jahr war die Zahl der RSV-Fälle hoch und die Kinderarztpraxen überlastet. Viele Kleinkinder erkrankten gleichzeitig, als die Corona-Schutzmaßnahmen gelockert wurden. Nach der Zeit der strengen Schutzmaßnahmen waren sie dem Virus plötzlich ausgeliefert. Noch immer kann sich so das sehr ansteckende Virus schnell ausbreiten.

"Die Situation in der Kindermedizin und Kinderintensivmedizin ist auch ohne RSV-Welle so angespannt, wie seit 20 Jahren nicht."
Florian Hoffmann, Generalsekretär der DIVI

Die RSV-Welle offenbart, wie zuvor schon Corona, wie marode das deutsche Gesundheitssystem ist. Nur dass es diesmal die Kliniken für Kinder trifft, die von schweren Corona-Erkrankungen meist verschont geblieben waren.

Warum sind die Kinderkliniken überlastet?

"Die Situation in der Kindermedizin und Kinderintensivmedizin ist bereits auch ohne RSV-Welle so angespannt, wie seit 20 Jahren nicht", sagt Florian Hoffmann, Generalsekretär der DIVI (Deutsch Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin) und Oberarzt im von Haunerschen Kinderspital München gegenüber watson. Es fehlen Klinikbetten – zwischen 1991 und 2017 sank die Bettenzahl in der Pädiatrie um ein Drittel.

Florian Hoffmann warnt davor, dass die richtige RSV-Welle erst noch kommt.
Florian Hoffmann warnt davor, dass die richtige RSV-Welle erst noch kommt. daniel von loeper

Hoffmann spricht sogar von einem "dramatischen epidemischen Geschehen". In mehreren Bundesländern, darunter Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, gebe es kaum mehr ein freies Kinderbett in Kliniken.

Absurderweise stehen viele voll ausgestattete Betten leer. Denn es fehlt nicht nur an Plätzen in der Klinik, sondern vor allem an Pflegekräften zur Betreuung. Nur wenn ausreichend Personal für ein Bett da ist, darf dieses auch belegt werden.

Ist mein Kind durch das RS-Virus gefährdet?

"Schwere RSV-Verläufe betreffen vor allem die Kinder unter zwei Jahren", sagt der Arzt Florian Hoffmann zu watson. Ausnahmen sind hier Kinder mit Immunschwäche oder Vorerkrankungen speziell im Atemwegsbereich, wie beispielsweise Asthma. Aber auch Frühchen gehören laut Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) dazu und Menschen mit unterdrücktem Immunsystem.

Durch die Corona-Hygieneregeln hat sich aber auch das Alter der Erkrankung etwas verschoben: In der Klinik sind auch "die Zwei- bis Vierjährigen, die üblicherweise gar nicht mehr ins Krankenhaus kommen, da sie in diesem Alter 'normalerweise' schon das zweite oder dritte Mal mit RSV Kontakt hatten", sagt Reinhard Berner, Chef der Universitätskinderklinik Dresden gegenüber der "Süddeutschen Zeitung".

"Eltern sollten überlegen, ob der Besuch des Kindergartens der Geschwisterkinder in den nächsten zwei, drei Wochen zum Schutz des jüngsten Kindes ausgesetzt werden sollte."
Florian Hoffmann, Kinder-Intensivmediziner

Wie kann ich mein Kind vor RSV schützen?

Eine Möglichkeit, sein Kind vor der Ansteckung mit dem RS-Virus zu schützen, gibt es nach Ansicht des Kinderintensivarztes Hoffmann leider nicht:

"Schützen kann man die Kinder tatsächlich nur wieder durch fernhalten von anderen potenziellen Überträgern, was kaum möglich und auch nicht kindgerecht ist. Neugeborene bekommen den Virus in der Regel zum Beispiel durch Geschwisterkinder."

Es hänge davon ab, ob das eigene Kind Vorerkrankungen hat oder ein Geschwisterchen unter zwei Jahren. In diesem Fall rät Prof. Hoffmann sogar, das Kind für eine Weile zu Hause zu lassen: "Eventuell sollten Eltern hier überlegen, ob der Besuch der Krippe oder des Kindergartens der Geschwisterkinder in den nächsten zwei, drei Wochen zum Schutz des jüngsten Kindes ausgesetzt werden sollte."

Wie lange wird die RS-Welle dauern?

Wie lange die Welle rollt, können selbst Expert:innen nicht so richtig voraussagen. Laut Hoffmann ist der Höhepunkt jedoch noch nicht erreicht:

"Wir erwarten, dass die Welle aus Frankreich erst Ende der Woche hier eintrifft, die Zahlen also erst einmal noch deutlich steigen werden."

Die RSV-Welle hat Auswirkungen auf die gesundheitliche Versorgung der Kinder, auch bei anderen Erkrankungen. Hoffmann warnt: "Eltern, bei deren Kindern eine OP geplant ist, sollten sich darauf einstellen, dass diese abgesagt wird. Wir wollen niemanden beunruhigen, aber je mehr Kinder gesund bleiben und nicht in eine Klinik oder zum Kinderarzt müssen, desto besser."

Asthma, little girl with inhaling mask
Inhalieren empfehlen viele Ärzte gegen Atemwegsinfekte.Bild: getty / Nikola Stojadinovic

Woher weiß ich, ob mein Kind das RS-Virus hat?

Selbst kann man kaum feststellen, ob das Kind mit dem RS-Virus infiziert ist. Symptome sind bei Kindern normalerweise Naselaufen, Fieber, Husten und Keuchatmung, also ein pfeifender Ton beim Atmen. Bei älteren Kindern und Erwachsenen sind die Symptome zwar gleich, aber meist nicht so ausgeprägt. Bei ihnen verläuft die Infektion mit einem RS-Virus wie eine Erkältung.

Doch es kann auch schlimmer kommen, vor allem bei gesundheitlich vorbelasteten Kindern: Lea, das zweijährige Kind von Sarah (beide Namen v.d.Red. geändert), leidet an Kinderasthma und erkrankte am RS-Virus: "Sie war über zwei Wochen krank und hat sich nur langsam erholt, mit Ibuprofen Saft und Zäpfchen, Schleimlöser, Inhalation", berichtet die Mutter gegenüber watson. Ins Krankenhaus musste sie zwar nicht, doch die Infektion war heftig:

"Sie hat hochgelagert geschlafen (Decke unter Kopfteil der Matratze) und zwei Nächte hat nur noch hochdosiertes Cortison als Zäpfchen geholfen, dass sie schlafen konnte und der Husten etwas gelindert wurde."

Kinder unter zwei Jahren oder Babys können jedoch auch schwere Symptome haben: Bei Säuglingen unter sechs Monaten kann es zu Atemaussetzern (Apnoe) kommen. Manchmal haben sehr kleine Säuglinge schwere Atemprobleme mit starker Keuchatmung und niedrigem Sauerstoffgehalt im Blut.

Bei Sarahs Tochter waren die Symptome "Müdigkeit, Erschöpfung, Schnupfen, Husten, dann kam am zweiten Tag hohes Fieber dazu, circa zehn Tage immer wieder in Schüben."

Wann sollte ich auf jeden Fall zum Arzt?

Es gibt bestimmte Warnzeichen, bei denen Eltern den Arzt aufsuchen sollten: "Wenn ein kleines Kind offensichtlich Schwierigkeiten beim Atmen hat, schnell atmet und insbesondere beim Ausatmen giemende Atemgeräusche hat", sagt der Kinderarzt Ulrich Fegeler vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) dem "Focus". Als "Giemen" werden pfeifende, knisternde oder zischende Geräusche beim Atmen bezeichnet.

Aber auch, wenn zum Husten ein anhaltendes Fieber dazu kommt oder das Kind müder als sonst wirkt und nichts essen will, sollte man aufhorchen. Laut Robert Koch-Institut kann es vorkommen, dass das Kind bei einer RSV-Infektion Nahrung oder Trinken verweigert oder erbricht.

Letztendlich kann nur der Kinderarzt mit Sicherheit herausfinden, ob das Kind mit einem RS-Virus infiziert ist: Dafür nimmt er einen Abstrich von der Nasenschleimhaut und testet diese im Labor.

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