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BVB Dortmund in Krise? – Neuzugang mit schonungsloser Analyse: Zahlen bestätigen ihn

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BVB-Neuzugang Emre Can ist mit der Dortmunder Defensivarbeit nicht zufrieden. Bild: imago images / Kirchner-Media
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Emre Can hat recht: Statistiken offenbaren Probleme des BVB

14.02.2020, 16:42
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Wenn Borussia Dortmund einen neuen Werbeslogan etablieren müsste, dann könnten sie sich bei ProSieben bedienen: "We love to entertain you!" Denn wenn der BVB spielt, dann fallen richtig viele Tore. Zum Leidwesen der eigenen Anhänger aber auf beiden Seiten.

In den vergangenen fünf Spielen schossen die Schwarz-Gelben wahnsinnige 20 Tore – aber kassierten gewaltige elf Treffer. Kein Wunder, dass es bei der Borussia wieder eine kleine Krise gibt.

Vor allem Cheftrainer Lucien Favre steht abermals in der Kritik. Rechnet man das 3:3 gegen RB Leipzig und die 1:2-Niederlage in Hoffenheim vor der Winterpause hinzu, dann gewann der BVB aus den vergangenen sieben Pflichtspielen nur drei Partien. Das ist zu wenig für den selbsternannten Titelanwärter. Dass die Schwarz-Gelben mit nur vier Punkten Rückstand auf Tabellenführer Bayern München sogar noch auf Platz drei stehen, liegt vor allem an den ebenfalls strauchelnden Konkurrenten im Titelrennen.

Der dritte Tabellenplatz und die berauschenden Dortmunder Sturmläufe mit den treffsicheren Shooting-Stars Erling Haaland, Jadon Sancho oder Giovanni Reyna können jedoch nicht kaschieren, dass es Lucien Favre auch in seiner zweiten Saison noch immer nicht geschafft hat, die Dortmunder Defensive zu festigen.

Statistiken untermauern Kritik von Emre Can

Der im Winter von Juventus Turin gekommene Emre Can, der helfen soll, diese Abwehr-Löcher zu stopfen, legte den Finger nach der 3:4-Niederlage gegen Leverkusen tief in die Wunde: "Wenn man in Führung geht, muss man dreckiger sein! Manchmal ein Foul spielen, besser verteidigen. Ich meine damit die gesamte Mannschaft, von vorne bis hinten. Das müssen wir lernen. Erst einmal musst du gut verteidigen!"

BVB-Neuzugang Emre Can hat nach wenigen Tagen im Ruhrpott schon einen ziemlich guten Einblick in die Dortmunder Problemwelt. Neben den 32 Gegentreffern in der Liga – so viele wie bei Aufsteiger Union Berlin – werden seine Aussagen durch zahlreiche Statistiken untermauert.

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Offensiv verzückte Emre Can seinen Mitspieler Jadon Sancho (l.) schon: In Leverkusen schoss der Neuzugang ein Traumtor aus über 30 Metern. Bild: Martin Meissner / ap

Can und auch Mitspieler Mats Hummels kritisierten nach der Niederlage gegen Bayer zu viel Passivität und zu wenig Aggressivität. Ausgerechnet die Fairness-Statistiken der Bundesliga offenbaren das Dortmunder Dilemma: Die Westfalen begingen in dieser Bundesliga-Saison bisher nur 182 Fouls – kein Team foulte weniger. Auch in der Gelbe-Karten-Statistik spiegelt sich die passive Spielweise wider. Der BVB erhielt in dieser Spielzeit bisher nur 19 Gelbe Karten – so wenige wie keine Mannschaft. Zum Vergleich: Der FC Bayern sah doppelt so häufig Gelb.

Wer nun meint, dass diese Statistiken nur zeigen, dass der BVB ein faires Team sei, dem legen wir eine weitere Statistik ans Herz: Bei den gewonnenen Zweikämpfen kommt die Borussia auf insgesamt lediglich 2075 – nur drei Teams in der Bundesliga sind schlechter. Mit nur 314 gewonnenen Kopfballduellen sind die Westfalen sogar Schlusslicht der Liga.

Zorc will Spieler nicht zu Fouls auffordern

Sportdirektor Michael Zorc kennt die Statistiken: "Wir sind die fairste Mannschaft der Liga, aber dafür gibt es keine Punkte", sagte Zorc am Mittwoch auf der Pressekonferenz vor dem Bundesligaspiel gegen Eintracht Frankfurt. Der BVB-Sportdirektor will die Mannschaft jedoch nicht offen zu einer härteren Gangart auffordern: "Das ist in manchen Fällen das Mittel der Wahl, aber wir fordern unsere Spieler nicht auf, Foul zu spielen. Es geht darum, bei jedem Spieler, das Bewusstsein zu schärfen, das eigene Tor zu schützen", sagte Zorc. Er betonte abermals: "Das Problem ist, dass wir zu viele Gegentore bekommen. Dadurch bringen wir uns oft um den Lohn unserer Arbeit."

Das Defensiv-Dilemma hat jedoch nicht nur mit den passiven, ohne "Tor-Beschützerinstinkt" ausgestatteten BVB-Spielern zu tun, sondern auch mit dem zunehmend ratloser wirkenden Trainer Lucien Favre, der die BVB-Abwehr auch taktisch nicht stabilisieren kann. Favres Worte am Mittwoch dürften einige Fans an Durchhalteparolen erinnern: "Wir haben zu viele Tore bekommen. Das wissen wir. Wir müssen daran arbeiten. Die einzige Lösung, die ich sehe: arbeiten, arbeiten, arbeiten", sagte der BVB-Trainer vorm Freitagsspiel gegen die Eintracht.

Ob Favre in der Defensive mit einer Dreier- oder Viererkette spielen will, verriet er noch nicht: "Wir werden sehen und werden darüber sprechen. Die Entscheidung ist noch nicht definitiv gefallen. Wir müssen schauen, wer morgen im Training da ist. Beide Systeme sind möglich, wir können sofort wechseln."

Auf den BVB warten stürmische Teams

Für Favre könnten die kommenden zwei Spiele ungemütlich werden: Die wackelige BVB-Defensive muss sich gegen stürmische Gegner beweisen. Am Freitag spielt der BVB gegen wiedererstarkte Frankfurter. Das Team von Adi Hütter hatte nach dem 5:1-Sieg gegen den FC Bayern und dem damit resultierenden Aus von Bayern-Coach Niko Kovac Anfang November eine Durstrecke von sieben sieglosen Spielen in der Liga. Seit der Winterpause läuft's aber wieder: Die SGE verlor noch kein Spiel in der Rückrunde, schoss zuletzt drei Tore gegen Leipzig und fünf gegen Augsburg.

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Dortmunder Sorgenkinder: Die Abwehrspieler Mats Hummels, Dan-Axel Zagadou und Manuel Akanji (v.l.n.r.) lassen zu viele Tore zu.Bild: imago images / Laci Perenyi

Nach dem Spiel in der Liga muss der BVB in der Champions League ohne den verletzten Kapitän Marco Reus ausgerechnet gegen eine der stärksten Offensiven der Welt spielen: Am Dienstag ist Frankreichs Eliteklub Paris St.-Germain im Westfalenstadion zu Gast. Die Franzosen um Kylian Mbappé, Neymar, Mauro Icardi und Angel di Maria schossen alleine in der Gruppenphase der Königsklasse 17 Tore, in der Liga schon 63.

Der ehemalige BVB-Trainer und heutige PSG-Coach Thomas Tuchel weiß um die Dortmunder Abwehrsorgen – warnte am Wochenende aber vor der BVB-Offensive. Auf die Frage, ob es ihm Hoffnung mache, dass der BVB derzeit so viele Gegentore kassiere, reagierte Tuchel mit einem Lachen: "Dafür bin ich aber auch sicher, dass sie immer in der Lage sind, sechs bis sieben Tore zu schießen", sagte Tuchel: "Das ist eine superstarke Mannschaft. Das wird eine sehr schwere Aufgabe."

Der BVB schoss in der Gruppenphase jedoch nur acht Tore – und kassierte genau so viele. Auch die kommenden Spiele von Haaland, Sancho und Co. dürften frei nach dem Slogan "We love to entertain you" zumindest die neutralen Zuschauer erfreuen. Ob die BVB-Fans jedoch zufrieden sein werden, bleibt fraglich. Denn schon Trainer-Legende Jupp Heynckes predigte: "Der Sturm gewinnt Spiele, die Abwehr Meisterschaften".

(bn)

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