In Belgien leben lediglich elf Millionen Menschen. Trotzdem zählt der kleine Nachbar Deutschlands zu den Titelkandidaten – und glaubt auch selbst an seine Chance.
Kevin de Bruyne, Dries Mertens, Eden Hazard, Romelu Lukaku, Jan Vertonghen, Thibaut Courtois. Diese und noch viele weitere Top-Spieler schmücken den Kader der "Roten Teufel". Deshalb kommt man an Belgien nicht vorbei, wenn es um Titelkandidaten für die WM geht. Doch wirklich auf das Team von Trainer Roberto Martinez tippt kaum jemand. Zu groß sind die Zweifel daran, dass die "Goldene Generation" Belgiens es bei einem Turnier schafft, das gesamte Potenzial abzurufen. Doch in diesem Jahr ist die Chance größer den je.
Auf der Trainerbank sitzt Roberto Martinez, der als Nachfolger von Marc Wilmots die Geschicke leitet. Unter dem ehemaligen Schalker kam Belgien bei der WM 2014 und der EM 2016 nicht über das Viertelfinale hinaus. Bei beiden Turnieren galt man als Geheimfavorit, doch am Ende hieß es beide Male, dass die Mannschaft noch etwas Zeit bräuchte. Spieler wie de Bruyne, Lukaku oder Carrasco galten als zu jung und unerfahren.
Nach der EM 2016 übernahm dann Martinez – mit Erfolg. Neun der zehn WM-Qualifikationsspiele gewann Belgien, nur gegen Griechenland ließ man Punkte liegen (1:1). Mit torreichem Offensivfußball begeisterten de Bruyne und Co. die Fans. Die Vorfreude auf eine erfolgreiche WM stieg an.
In diesem Jahr ist jedoch der Druck auf die "Roten Teufel" so groß wie nie. Viele Spieler sind im besten "Fußballer-Alter". Das Abwehr-Trio um Jan Vertonghen (31), Vincent Kompany (32) und Toby Alderweireld (29) wird wohl das letzte mal bei einer WM in der Form zusammenspielen. Auch Back-up Thomas Vermaelen (32) ist davon betroffen.
Doch der vermeintliche Druck steigert nur das Selbstvertrauen der Belgier. Das gilt auch für Thorgan Hazard von Borussia Mönchengladbach, der mit nach Russland fährt.
Für Hazard ist es die erste WM – und dann auch noch mit seinem Bruder Eden. "Ich freue mich immer, mit ihm zusammenspielen zu können. Wir sehen uns ja nicht so oft." Während Eden als Kapitän das Team auf den Platz führt, bleibt für Thorgan eher die Jokerrolle. Kein Problem für den 25-Jährigen:
Anders als 2014 ist Divock Origi nicht mit dabei. Dabei ließ sich der Stürmer extra aus Liverpool nach Wolfsburg verleihen, um im WM-Jahr die nötige Spielpraxis zu bekommen. Durch die turbulente Saison bei den Niedersachsen reichte es jedoch nicht. Doch über weite Teile der Qualifikation gehörte er fest zum Kader der Belgier, kennt die Mannschaft gut.
Besonders eine Eigenschaft könnte bei der WM helfen:
Während Belgien bei der EM 1980 erst im Finale scheiterte, kam man bei der WM nie über das Viertelfinale hinaus. Dieses Jahr soll das gelingen. Angesichts der machbaren Gruppe mit England, Panama und Tunesien als Gegner, sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche K.o.-Phase gut. "Wir zählen daher sicherlich zu den Favoriten, aber ich würde uns nicht als Top-Favorit sehen, da andere Länder mehr Erfahrung haben", glaubt Hazard.
Auch Divock Origi sieht eher andere Länder als Top-Favoriten: "Brasilien hat natürlich eine super Mannschaft, Frankreich auch. Deutschland gehört immer zu den Top-Favoriten. Spanien, Portugal, Argentinien – und vielleicht wir auch", sagte Origi mit einem Grinsen. Das "vielleicht" kann er wohl streichen, denn Belgien sollte jeder auf dem Zettel haben.
Dieser Text erschien zuerst bei t-online.