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Wirtschaft
Es begann mit einem Interview. Jetzt steht eine komplette Firmengeschichte auf dem Prüfstand. Mehr oder weniger unfreiwillig hat die Keks-Firmenerbin Verena Bahlsen offenbar einiges ins Rollen gebracht.
Aber von Anfang an:
Die Aussagen der Bahlsen-Tochter
Mitte der Woche hatte die Tochter des Chefs des Keksherstellers Bahlsen ein paar Sätze gesagt, die tief blicken lassen. Angesprochen auf die Bahlsen-Zwangsarbeiter während der NS-Zeit hatte sie der "Bild"-Zeitung erklärt: "Das war vor meiner Zeit, und wir haben die Zwangsarbeiter genauso bezahlt wie die Deutschen und sie gut behandelt." Außerdem habe sich Bahlsen "nichts zuschulden kommen lassen".
In einer persönlichen Erklärung hat sie sich mittlerweile entschuldigt, spricht von unbedachten Äußerungen sowie einem Fehler. "Nichts liegt mir ferner, als den Nationalsozialismus und seine Folgen zu verharmlosen", betonte die 26-Jährige.
Die Reaktion des Vaters
Nun hat sich Werner
M. Bahlsen für eine schonungslose Aufarbeitung der
NS-Geschichte des Unternehmens und seiner Familie ausgesprochen. "Es
soll nichts verklärt, nichts weißgewaschen werden", sagte der Inhaber
und Chef des Verwaltungsrats des Familienunternehmens der "Bild am
Sonntag".
"Es ist gut, dass jetzt alles auf den Tisch kommt."
Das
Kapitel müsse ausführlich aufgearbeitet werden. Der damit beauftragte
Historiker Manfred Grieger solle "alles aufdecken, auch die dunklen
Seiten".
Die Folgen
Nach der Debatte um die Behandlung von Zwangsarbeitern im Zweiten Weltkrieg wollen der Kekshersteller und die Eigentümerfamilie die Nazi-Vergangenheit wissenschaftlich aufarbeiten lassen. Der Göttinger
Professor Grieger wurde beauftragt, ein unabhängiges Expertengremium
zusammenzustellen, wie die in Hannover ansässige Gruppe am Donnerstag
mitgeteilt hatte.
Die "Bild am Sonntag" konfrontierte nach eigenen Angaben Werner
M. Bahlsen mit Schilderungen einer Zwangsarbeiterin, die laut
Archiv-Unterlagen aus Kiew verschleppt und in Hannover zum Arbeiten
bei Bahlsen gezwungen worden sein soll. Dazu sagte der Unternehmer:
"Ich bin schockiert. Das höre ich heute zum ersten Mal, und das ist
eine Katastrophe. Das geschilderte Verbrechen macht mich sehr
betroffen."
Zu Informationen des Blattes, wonach das Unternehmen 1999/2000
mit juristischen Tricks gegen eine Entschädigungsklage ehemaliger
Zwangsarbeiter gekämpft haben soll, sagte Bahlsen, die Juristen
hätten sich offenbar auf Paragrafen zurückgezogen: "Dabei haben wir
unsere moralische Verantwortung vergessen." Er habe sich damals nur
am Rande mit der Sache befasst, sagte Bahlsen.
"Rückwirkend gesehen war das ein Fehler. Ich hätte das in die Chefetage holen müssen."
(ts/dpa)
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