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Coronavirus: Mit welchen Einschränkungen Ungeimpfte ab Herbst rechnen müssen

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Der Druck auf ungeimpfte Menschen in Deutschland scheint zum Herbst zu steigen.Bild: Stone RF / Justin Case
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Im Herbst wird es eng: Welche Einschränkungen für Ungeimpfte derzeit diskutiert werden

26.07.2021, 15:1427.07.2021, 08:49
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60,9 Prozent aller Deutschen haben inzwischen zumindest ihre Erstimpfung erhalten (Stand 25. Juli). Doch das reicht noch lange nicht für eine Herdenimmunität. Experten warnen: Wenn die Impfquote nicht anzieht, müssen wir im Herbst mit zahlreichen infizierten Kindern und jungen Menschen, erneut steigenden Hospitalisierungen und weiteren Corona-Mutanten rechnen. Und das könnte im schlimmsten Fall auch einen weiteren Lockdown bedeuten.

Stellt sich also die Frage: Wie viel Druck darf jetzt, wo das Impfangebot für alle da ist, auf Verweigerer ausgeübt werden? Sollen Impfunwillige von den Corona-Lockerungen ausgenommen werden? Politiker und Experten überschlagen sich derzeit in den Debatten, verwirren mit immer neuen Ansätzen, wie mit Ungeimpften umgegangen werden soll.

Watson verschaffte sich daher einen Überblick über die derzeitigen Vorschläge, ihre Fürsprecher und Gegner und ging der Frage nach: Was könnte Ungeimpften diesen Herbst tatsächlich drohen?

Kommt die allgemeine Impfpflicht?

Die allgemeine Impfpflicht wird zwar in sozialen Netzwerken immer wieder hochgekocht, mit wenigen Ausnahmen aber von fast allen Akteuren der Politik abgelehnt. Armin Laschet (CDU), Christian Lindner (FDP) und Horst Seehofer (CSU) sprachen sich bereits gezielt dagegen aus. Auch die Grüne Bundestagsfraktion meldet, sie halten die "Impfpflicht nicht geeignet, um die Impfquote zu erhöhen".

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat sich ebenfalls deutlich gegen eine Corona-Impfpflicht ausgesprochen, auch aus juristischer Sicht. "Es wird keine allgemeine Impfpflicht geben", sagte sie am Montagmorgen im Deutschlandfunk deutlich. "Ich vertrete die Auffassung, dass das nicht möglich wäre", sagte sie. "Das hat zum einen was damit zu tun, dass diese Impfung auch noch nicht so lange auf dem Markt ist, und ich halte es auch nicht für geboten."

Kurz gesagt:

Eine Impfpflicht für alle gibt es nicht und sie ist auch nicht geplant.

Muss ich die Coronatests bald aus eigener Tasche zahlen?

Lambrecht warf statt einer Impfpflicht die Möglichkeit auf, dass Ungeimpfte, die sich theoretisch impfen lassen könnten, künftig für Corona-Tests bezahlen müssen und diese "nicht mehr auf Kosten der Allgemeinheit" gehen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sieht das ähnlich. In der "Augsburger Allgemeinen" stellte er kostenlose Tests für Ungeimpfte zur Debatte. "Klar muss sein: Wer ein Impfangebot hatte und dies bewusst ausschlägt, kann auf Dauer nicht mehr kostenlos getestet werden", sagte er.

Zu dem Vorstoß der kostenpflichtigen Tests für Ungeimpfte gibt es derzeit kaum politische Gegenstimmen, auch Epidemiologen unterstützen die Idee. Zuletzt hatte man in Frankreich sehen können, welche Wirkung die Selbstzahler-Drohung haben kann. Als Präsident Emmanuel Macron ankündigte, dass Café- und Barbesuche ab August nur noch mit selbst gezahlten Tests oder Impfnachweisen möglich wären, meldeten sich innerhalb 24 Stunden über 2,2 Millionen Franzosen zu einem Impftermin an.

Kurz gesagt:

Dass Corona-Tests kostenpflichtig werden, ist wahrscheinlich.

Können Ungeimpfte dann nicht mehr in Restaurants und Kinos?

In Griechenland ist es bereits der Fall: Nur immunisierte Menschen dürfen dort Bars, Kinos und Theater besuchen. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) hält derartige Einschränkungen auch hierzulande für möglich, sofern sich die Infektionslage weiter zuspitzt. In der "Bild am Sonntag" sagte er, es wäre denkbar "dass gewisse Angebote wie Restaurant-, Kino- und Stadionbesuche selbst für getestete Ungeimpfte nicht mehr möglich wären, weil das Restrisiko zu hoch ist."

Dass es explizite Privilegien für Geimpfte geben wird, das hält der Politikwissenschaftler Marc Debus von der Universität Mannheim für unwahrscheinlich. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf politischen Parteien und ihrem Wettbewerb sowie der Wahl- und Demokratieforschung. Gegenüber watson sagt Debus:

"Gegeben, dass Parteien das Ziel verfolgen, so viele Stimmen wie möglich bei Wahlen zu erzielen, ist es wahrscheinlich, dass sie die in der Bevölkerung vorhandene Impfskepsis zumindest zu einem gewissen Ausmaß berücksichtigen, wenn nun über Fragen wie Impfpflicht diskutiert wird und Positionen der Parteien dazu ausgearbeitet werden."

Dass ungeimpfte Menschen bald nicht mehr ohne weiteres am öffentlichen Leben teilnehmen könnten, ist aber auch ohne konkrete politische Maßnahmen denkbar. Denn: Die im Grundgesetz verankerte Vertragsfreiheit erlaubt es auch schon jetzt Gastronomen, nur gegen Covid-19 geimpfte Menschen zu bewirten, wie auch Justizministerin Lambrecht betonte. Ihnen obliegt das Hausrecht.

Die Frage ist eher, ob Betreiber nach anderthalb verlustreichen Coronajahren auf einen Teil ihrer Kunden und Gäste verzichten können. Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Bayern sprach sich zumindest bereits gegen ein Zutrittsverbot aus. Man dürfe "Ungeimpfte nicht aussperren", so die Chefin der Dehoga Bayern im BR: "Wir sind dafür, Geimpfte, Genesene und Getestete reinzulassen. Es gibt nämlich durchaus viele, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können."

Kurz gesagt:

Ob Vergnügungsstätten ungeimpfte Menschen empfangen, entscheidet der jeweilige Hausherr.

Darf ich nur noch verreisen, wenn ich geimpft bin?

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung in Rheinland-Pfalz, Peter Heinz, fordert massive Freiheitseinschränkungen für Ungeimpfte. "Die Nicht-Geimpften haben nicht die Freiheit, ihre Maske abzulegen. Sie dürfen nicht ins Stadion, nicht ins Schwimmbad und nicht ohne Maske im Supermarkt einkaufen. Und man darf Ungeimpften und jenen mit nur einer einfachen Impfung nicht mehr gestatten, in den Urlaub zu fahren", sagte Heinz der "Rhein-Zeitung". Selbst mit einem negativen Test dürften Ungeimpfte seiner Ansicht nach nicht in den Urlaub fahren: "Das Freitesten schützt ja nicht. Wer zum Beispiel auf eine Insel mit einem negativen PCR-Test fährt, kann sich dort sehr wohl anstecken, fährt wieder nach Hause und ist Virusträger."

Dass sich diese Forderung durchsetzt, ist unwahrscheinlich. Nicht zuletzt, weil viele Kinder noch gar nicht geimpft werden können und der Familienurlaub in Gefahr wäre. Allerdings gibt es für Ungeimpfte schon jetzt Einschränkungen an bestimmten Reisedestinationen: Die Insel Malta lässt nur noch vollständig geimpfte Touristen einreisen. In Griechenland und Frankreich sind Impfnachweise als Zugangsvoraussetzung für Bereiche des öffentlichen Lebens, wie Restaurants und Einkaufszentren, geplant. Für ungeimpfte Touristen wäre der Urlaub in diesen Ländern dadurch sehr erschwert.

Kurz gesagt:

Ein Reiseverbot ist nicht geplant, allerdings haben es Ungeimpfte im Ausland zum Teil schwerer.

Kann mein Arbeitgeber eine Impfung verlangen?

In vielen Ländern ist es bereits Realität: Die Corona-Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen, zum Beispiel im Gesundheitswesen. Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hält eine partielle Impfpflicht für denkbar. Gegenüber der Deutschen Presseagentur sagte er, es könne sein, "dass wir irgendwann gewisse Bereiche und Tätigkeiten nur noch für Geimpfte zulassen". Ohne Impfungen werde man die Pandemie nicht in die Knie zwingen können.

Besonders eine Impfpflicht für Lehrer, Erzieher und Menschen im Gesundheitswesen wird viel diskutiert, da in diesen Berufsgruppen bereits eine Impfpflicht gilt, nämlich gegen Masern. Durchgesetzt wurde sie in Bezug auf Corona bislang jedoch nicht. Das sei aber nicht undenkbar, meint Jurist Christian Solmecke gegenüber watson: "Meiner Ansicht nach hätte der Staat vor allem bei verbeamteten Lehrkräften und entsprechender gesetzlicher Regelung wohl die Handhabe, eine Impfpflicht durchzusetzen."

Vorerst gilt: Wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers sich nicht mit seinem Impfstatus vereinbaren lässt, kann er zwar nicht gekündigt werden, wohl aber in einen anderen Bereich versetzt. Dies käme einer indirekten Impfpflicht nahe. Solmecke: "Überwiegen die Interessen des Arbeitgebers, kann er den Arbeitnehmer in einen anderen Tätigkeitsbereich versetzen, wenn dieser sich nicht impfen lassen will."

Kurz gesagt:

Eine indirekte Impfpflicht in einigen Berufsgruppen ist möglich.

(jd mit Material der afp/dpa)

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