Der Lockdown setzt allen zu. Der Wirtschaft allgemein, den Geschäften, der Gastronomie und der Kultur genauso wie den Familien und allen anderen Menschen. Auch die Geduldigsten werden langsam unruhig. "Viel Druck im Kessel: Wie lange ist ein Lockdown noch zu halten?", fragt Frank Plasberg und diskutiert über Öffnungen und Strategien mit diesen Gästen:
Nelson Müller, Sternekoch und Restaurant-Besitzer erzählt, dass er seine Fernsehhonorare derzeit ins Überleben seines Restaurants steckt. Und manchmal kauft er damit auch Dinge auf verschlungenen Wegen, die man als Nicht-Mediziner eigentlich (noch) nicht bekommt.
Um seine Mitarbeiter zu testen. Denn er ist für eine Öffnung, allerdings für eine mit Umsicht und Abstand. Sein Restaurant befinde sich im Eingangsbereichs eines Supermarkts. "Wenn man sieht, was da los ist, hat man das Gefühl, das ist das neue Ausgehen. So voll werden wir nie sein."
Für Öffnungen dank Schnelltests ist auch Michael Busch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Buchhandelskette Thalia. Er empfindet das Abrücken der Politik von der derzeit kaum erreichbaren Inzidenz von 35 als "Einsicht in den gesunden Menschenverstand" Die Frage müssen nun lauten:
Im Prinzip sind sich alle einig, dass Öffnungen angeraten sind. Auch die Publizisten und Religionslehrerin Lamya Kaddor sieht das so. Ihre Schüler würden den realen Unterricht genießen. Allerdings hat sie selbst "wieder das ungute Gefühl völlig ungesichert" gegenüberzutreten. Denn im Gegensatz zu den Versprechungen der Politik gebe es an ihrer Schule noch keine Schnelltests.
Auch die Lungenfachärztin Jördis Frommhold kann alle Menschen verstehen, die gerne wieder ein normaleres Leben sehen, sie sei ja auch "normaler Mensch und nicht nur Ärztin". Aber sie findet es wichtig aufzuklären, dass immer mehr Patienten mit Spätfolgen zu kämpfen haben. Sie treffen vor allem Patienten mit leichtem bis mittelschwerem Verlauf, die nach drei bis vier Monaten auf einmal Spätfolgen wie eine extreme Erschöpftheit (Fatigue) oder extreme Vergesslichkeit bemerken.
Als SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach das erste Mal richtig zu Wort kommt, ist fast die halbe Sendung schon vorbei. Er stellt ein neues Konzept zur Öffnung vor: Schulen und Betriebe sollten die Menschen regelmäßig testen und dann dürfen negativ getestete Leute am Tag ihres Tests mit einem Nachweis darüber in den dann geöffneten Geschäften einkaufen. Das klingt irgendwie gönnerhaft. Plasberg nennt das "leichte Kehrtwende" Lauterbergs, aber der kontert, die Mutante B117 führt zu mehr Krankenhausaufenthalten, mehr schweren Verläufen und mehr Todesfällen. Sie würde vor allem die ältesten Nicht-Geimpften treffen.
Wichtig sei darum eine neue Strategie. Und die sehe eben das Testen in der Schule und am Arbeitsplatz vor, in Gruppen, da auch gute Tests nur sechs von zehn infizierten ohne Symptome erkennen. In Gruppen steige aber die Wahrscheinlichkeit. Mit ausreichend verfügbaren Tests rechnet Lauterbach bis Mitte oder Ende März. Und schon bald solle auch das Missverständnis mit dem Impfstoff Astrazeneca aus dem Weg geräumt sein. Der sei nämlich doch höchst wirksam bei älteren Menschen. "Fast noch besser als der von Biontech", lobt Lauterbach den bisherigen Ladenhüter in den deutschen Impfzentren.
Um wohl keinen medizinischen Wirkstoff hat es eine ähnlichen Informationsslalom gegeben. Die Ständige Impfkommission (STIKO) hatte ihn wegen ungenügender Daten zu älteren Patienten erstmal nur für jüngere empfohlen. Plasberg spielt ein Videostatement des Virologen und STIKO-Chefs Thomas Mertens ein, indem er das lapidar mit "dumm gelaufen" kommentiert. Aber bald würden sie "gegebenenfalls" den Impfstoff auch für ältere Leute empfehlen. Die "Hart aber fair"-Redaktion hat die Kommission nach einem Zeitplan gefragt und keine Antwort bekommen. Da platzt Plasberg der Kragen.
Dieses Thema scheint den Talkmaster persönlich zu ärgern. Statt Mertens namentlich zu erwähnt, spricht von "diesem Menschen", und fragt etwas allgemeiner und doch eindeutig auf die Impfkommission bezogen, ob man sich generell nach jedem "Bedenkenträger" und "Wichtigtuer" richten müsse und wie man dafür sorgen könne, "dass jemand den Knall hört".
Den Zorn bekommt auch Karl Lauterbach ab, der versucht zu erklären und zu vermitteln, aber Frank Plasberg unterbricht ihn immer wieder ziemlich rüde. Lauterbach erträgt auch das gewohnt stoisch. Und beweist am Ende noch eine ziemliche Lässigkeit
Als Plasberg seine Schlussfrage stellt, wer in der Runde mit wem er in der Ministerpräsidentenrunde gern tauschen würde, antwortet Lauterbach nur trocken. "Ich würde gern Herrn Laschet ersetzten. Über die Gründe möchte ich heute nicht viel sagen."
Klar dürfte allerdings sein, dass er NRWs Ministerpräsident nicht wegen seines umsichtigen Corona-Managements ersetzen möchte.