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Artikel 13-Demo in Berlin - 50.000 gegen Axel Voss (und seine Pläne)

Demo Gegen Uploadfilter, EU-Urheberrechtsreform DEU, Deutschland, Germany, Berlin, 02.03.2019 Demonstranten mit Plakat Rettet das Neuland und No artikel 13 und 11 auf der Demonstration Uploadfilter Ne ...
Bild: www.imago-images.de
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50.000 gegen Axel Voss – die Artikel 13-Demo in Berlin

Eine Mischung aus wichtigen Themen und dem ersten richtigen Frühlingstag hat am Samstag bis zu 50.000 Menschen auf die Straßen in Berlin gespült. Ihr Ziel: Die geplante Urheberrechtsreform der EU stoppen. (Warum die Reform so viele Leute auf die Straße treibt, könnt ihr hier nachlesen.)
23.03.2019, 20:4924.03.2019, 08:25
hagen terschüren, berlin
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Diese hohe Zahl hat auch die Veranstalter und die Polizei überrascht und die Demo-Route musste spontan verlegt werden, weil der ursprüngliche Weg durch zu enge Straßen geführt hätte.

Der "Antreteplatz" war der Potsdamer Platz, der über die gewählte Strecke 2,5 Kilometer von der SPD-Zentrale im Willy-Brandt-Haus entfernt liegt. Ziemlich viele Menschen also. So viele Menschen, dass es Google, Facebook und Co. 22.500.000 Euro gekostet hätte, alle Teilnehmer mit 450 Euro zu bezahlen – eine Behauptung, die der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary heute in der Bild aufgestellt hat.

Eine Behauptung, für die wir keine Beweise finden konnten (die aber offenbar hier ihren Ursprung hat) und die bei über 100.000 Menschen, die in Deutschland insgesamt gegen die Urheberrechtsreform protestierten, auch ziemlich teuer geworden wäre.

Aber zum Thema Urheberrechtsreform sind die Europapolitiker der CDU um Axel Voss ja nicht zum ersten Mal auffällig geworden.

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bild: hagen terschüren

Wie zum Beispiel auf dem Schild der 18-jährigen Lea, die in Uploadfiltern eine große Bedrohung für die Meinungsfreiheit sieht. Denn selbst, wenn die Uploadfilter genau so funktionierten, wie vorgesehen, sieht Lea einen unbeschränken Upload als "wichtig für den politischen Diskurs"

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bild: hagen terschüren

Diana (23), Isabel (30), Jette (21) und Dimitri (21) haben Angst, dass Uploadfilter zu einer Einschränkung von Kreativität führen können. Aber vor allem Diana hat auch ein größeres Anliegen. Ihr war es nämlich auch sehr wichtig zu demonstrieren, um ein Zeichen zu setzen und junge Menschen politisch zu mobilisieren – nicht nur auf der Straße, sondern auch an den Wahlurnen.

Für unentschiedene Wähler dürfte dabei auch wichtig sein, was die Parteien über Uploadfilter denken. Darum wird es viele Teilnehmer gefreut haben, dass fast alle Parteien gut sichtbar und mit vielen Mitgliedern vertreten waren. Einzig die CDU/CSU und die AfD (deren Politiker sich sogar gegen Uploadfilter ausgesprochen haben) konnten keine sichtbare Anhängerschaft mobilisieren.

Tiemo Wölken von der SPD

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bild: hagen terschüren

Und nicht nur die Vertreter der Jugendorganisationen waren am Demonstrieren. Noch am Potsdamer Platz sind wir Tiemo Wölken, einem EU-Abgeordneten der SPD und quasi das Gegenstück zu Axel Voss, über den Weg gelaufen. Keine Stunde, bevor dieses Bild entstanden ist, hat er seine Parteikollegen überredet, im Europaparlament gegen die Uploadfilter zu stimmen.

Als Hauptgrund für seine Abneigung gegenüber der Urheberrechtsreform sagt Wölken, dass die Filter "gar nicht existieren können. Es gibt keine Technik, die das rechtssicher umsetzt und das größte Problem ist, dass sehr viele Leute, die gerade den Gesetzestext schreiben, einfach nicht verstehen, dass sie so nicht funktionieren können und einfach der Sachverstand an der Stelle fehlt. Und auch einfach der Verstand dafür fehlt, wie wichtig diese Sache einfach für junge Menschen ist."

Wenn man sie die Zusammensetzung der Demonstration anguckt, ist dieses Thema wirklich vor allem jungen Menschen besonder wichtig. Der Altersdurchschnitt dürfte niedrig genug gewesen sein, um im Supermarkt nach Personalausweis gefragt zu werden. Und auch das Klischee, dass Netzthemen Nerdthemen sind, wurde nicht bestätigt, denn die Teilnehmer kamen aus allen Schichten und Subkulturen.

Dabei konnte man auch beobachten, wie gut die Stimmung und wie gering die Berührungsangst war, denn schon auf dem Potsdamer Platz kamen Menschen, die sich noch nicht kannten und augenscheinlich auch sonst nie Kontakt miteinender hätten, wegen ihrer Demoschilder ins Gespräch und sind auch über die ganze Demonstration zusammengeblieben.

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bild: hagen terschüren

Überhaupt konnten sich durch die große Menschenmenge viele Blöcke finden oder spontan gründen und alle Teilnehmer haben ihre eigene Nische gefunden, wo sie sich wohlfühlen konnten. Vorne gab es die Lauten, die "Wir sind keine Bots!" und "Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Freiheit raubt" skandierten und mit Trillerpfeifen ordentlich Lärm machten.

Wie es sich für Berlin gehört gab es auch einen Technowagen, hinter dem sich eine tanzende Menge bewegte. Wirklich laut wurde es aber, als die Teilnehmerzahlen der anderen Demos in Deutschland durchgesagt wurden und klar wurde, dass über 100.000 Menschen unterwegs waren.

Ob diese Zahl gereicht hat, wird sich am Dienstag, den 26 März zeigen. Denn da wird das EU-Parlament über die Urheberrechtsreform abstimmen.

Interview Können die Artikel 13-Demos heute überhaupt etwas bewegen, Julia Reda?