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Facebook: Mark Zuckerberg kämpft um Vertrauen der Nutzer

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Facebooks schwarzes Jahr – wie Zuckerberg um unser Vertrauen kämpft

30.11.2018, 07:5130.11.2018, 10:20
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2018 war das Jahr, in dem sich die Teflon-Schicht von Facebook und Mark Zuckerberg schließlich abnutzte. In der Vergangenheit schien es oft, dass jegliche Probleme am weltgrößten Online-Netzwerk schlicht abperlen, sei es Kritik am Datenschutz oder die Unfähigkeit, die Nutzer vor Hassrede oder Meinungsmanipulation zu schützen.

  • Klar gab es Ärger, aber die Mitglieder wurden immer mehr, das Anzeigen-Geschäft wuchs rasant. Das Jahr 2017, in dem sich Facebook entschuldigen musste für russische Propaganda-Kampagnen im Zuge der US-Präsidentenwahl, die Donald Trump ins Weiße Haus brachte, wirkte wie eine abgeschlossene Episode.
  • Stattdessen musste Facebook-Gründer Zuckerberg sich 2018 noch unzählige Male mehr entschuldigen.

Anfang des Jahres...

... versuchte Facebook, die Initiative zurückgewinnen. Zuckerberg kündigte im Januar überraschend an, dass die Nutzer künftig mehr Beiträge von Freunden im Facebook-Newsfeed zu sehen bekommen - und weniger von Facebook-Seiten, denen man folgt. So sei das besser für das Wohlbefinden. Der Schritt werde nicht nur den Konsum von Katzenvideos (jedenfalls mit einem Nutzer nicht persönlich bekannten Tieren) senken, sondern wohl auch einen Teil der Medieninhalte etwas aus dem Blickfeld rücken, räumte Facebook ein.

Es wirkte wie ein Befreiungsschlag, um dem Schlamassel mit dem US-Präsidentschaftswahlkampf zu entkommen: Weniger Platz für Politik bedeutet auch weniger Gefahr, dass nächstes Mal wieder gefälschte Propaganda-Accounts ihr Unwesen treiben.

Nach all den Jahren, in denen Facebook alles und jeden - Unternehmen, Medien, Influencer, Videofilmer - auf die Plattform zu locken versuchte, wirkte das wie ein Kurswechsel. Und Zuckerberg sagte der "New York Times":  "Es ist wichtig für mich, dass wenn Max und August aufwachsen, sie das Gefühl haben, dass das, was ihr Vater aufgebaut hat, gut für die Welt war." Noch nie hatte der manchmal etwas emotionslos wirkende Milliardär so offen gezeigt, dass er sich um sein Vermächtnis – auch in den Augen seiner Kinder – sorgt.

Erst sah es danach aus, als wäre der Sturm wieder einmal an Facebook vorbeigezogen - und dann kam der Fall Cambridge Analytica. 

Auf den ersten Blick war es nicht einmal der schlimmste Datenschutz-Fehltritt, den sich Facebook in all den Jahren geleistet hatte. Ein Cambridge-Professor hatte bei Facebook eine Umfrage-App veröffentlicht, mit der Persönlichkeits-Merkmale ermittelt werden konnten. Spielerei auf den ersten Blick, Daten für Forschung – oder mögliche Manipulation – auf den zweiten.

Er hatte dabei Zugriff nicht nur auf die Daten der rund 300.000 Nutzer, die die Umfrage ausfüllten – sondern auch auf einige Grundinformationen ihrer Facebook-Freunde. Damit ging es um Dutzende Millionen. Das war auch erlaubt, so funktionierte die Plattform damals, bis Facebook den Zugang zu den Daten von Freunden 2014 schloss.

Regelwidrig war für den App-Entwickler hingegen, die Daten an Cambridge Analytica weiterzugeben. Besonders brisant machte den Fall auch, das die Datenanalysefirma später für Trumps Wahlkampfteam arbeitete. Entsprechend weitete sich der eigentlich Jahre zurückliegende Fall zu einem Skandal aus. Dass Facebook seit Ende 2015 von dem Datenmissbrauch wusste, sich aber mit der Zusicherung zufrieden gab, dass die Informationen gelöscht worden seien, goss noch Öl ins Feuer.

Zuckerberg wurde vor den US-Kongress zitiert und dort insgesamt zehn Stunden lang gegrillt.

Der Ton war nicht freundlich. So beschloss Senator Dick Durbin, den Wert von Privatsphäre am Facebook-Chef persönlich zu demonstrieren. "Mister Zuckerberg, würden Sie sich wohl damit fühlen, uns mitzuteilen, in welchem Hotel Sie die vergangene Nacht verbracht haben?", fragte der 73-jährige Demokrat in der Anhörung. Nein, Zuckerberg war nicht wohl dabei. "Um... Äh...", entgegnete der verblüffte Tech-Milliardär und quittierte die Frage vorsichtig lächelnd mit einem "Nein". Nachdem er auch nicht berichten wollte, wem er diese Woche Kurzmitteilungen geschrieben hat, resümierte Durbin süffisant: "Ich denke, das zeigt, worum es hier eigentlich geht."

Zuckerberg entschuldigte sich viel auf dem Capitol Hill. Und danach auch vor dem Europaparlament sowie in Blogeinträgen und Medieninterviews. Wenige Monate später musste er aufgebrachte Gemüter beruhigen, nachdem Hacker sich Zugriff zu Profilen von 30 Millionen Nutzern verschafften. Und sich rechtfertigen, nachdem bekannt wurde, dass Facebook eine PR-Firma engagierte, um die Glaubwürdigkeit von Kritikern zu untergraben. Zuckerberg erklärte, er habe davon erst aus einem Bericht der "New York Times" erfahren.

Inzwischen belasten die Probleme auch das Geschäft.

In Europa verlor Facebook in zwei Quartalen in Folge jeweils eine Million Nutzer und hat hier noch 375 Millionen mindestens einmal im Monat aktive Mitglieder. Aber auch insgesamt steht Facebook ein Umbruch in seinem Werbegeschäft bevor, der die jahrelang auf Hochtouren laufende Geldmaschine des Online-Netzwerks abbremsen wird. Die Mitglieder teilen ihre Beiträge verstärkt im kleineren Freundeskreis statt im Newsfeed, der bisher das Herzstück der Facebook-Nutzung war.

Das Problem für das Online-Netzwerk: Aktuell kommen die Milliardengewinne fast ausschließlich aus dem Newsfeed, der viel Platz für Anzeigen bietet. Beim Geldverdienen in seinen Chatdiensten WhatsApp und Messenger sowie den neuen Formaten auf der Facebook-Plattform steht die Firma dagegen erst am Anfang.

(pb/dpa)