Menschen nehmen die meisten Falschinformationen zum Coronavirus über die Videoplattform Youtube auf. Das hat das Recherchenetzwerk "Correctiv" anhand von 1.800 zugeschickten Hinweisen auf mögliche Falschinformationen herausgefunden.
Davon führten knapp 46 Prozent der Links auf Youtube. Etwa ein Drittel der Nutzer gaben dabei an, dass sie die Falschinformation zuerst auf WhatsApp gesehen haben. Laut "Correctiv" sei WhatsApp damit der am häufigsten genutzte Verbreitungskanal für Desinformationen zum Coronavirus. "Correctiv" betont aber auch, dass die Daten nicht repräsentativ sind.
Besonders in der Corona-Krise kursieren neben seriösen und wissenschaftlich belegten Informationen auch viele Gerüchte und Falschmeldungen im Netz. Diese verbreiten sich schnell. Den Grund erklärt Kommunikationswissenschaftlerin Sabrina Heike Kessler im Gespräch mit "Correctiv". So seien Menschen bei Gesundheitsfragen evolutionär darauf angelegt, sich auf Informationen anderer zu verlassen. "Wirken die Informationen, die man über das Coronavirus liest, auch noch plausibel und passen ins eigene Weltbild, werden sie direkt mental eingespeichert", sagt Kessler.
Youtube hat inzwischen auf die Verbreitung von falschen Informationen reagiert: Unter Videos zum Thema Coronavirus – sei es von der Tagesschau, von Verschwörungstheoretikern oder Forschern – taucht seit einiger Zeit eine blaue Box auf. Darin zu lesen: "Covid-19: Aktuelle, wissenschaftliche Informationen finden Sie bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung." Über einen Link können Nutzer dann direkt auf die Informationsseite zum Coronavirus der BZgA gelangen und sich dort seriöse Informationen suchen.
Auf den ersten Blick wirkt dieser Hinweis nützlich und aufklärend. Doch betrachtet man diesen Versuch, gegen Desinformationen vorzugehen, genauer, kann er auch das Gegenteil bewirken: Bianca Hoffmann, Mitarbeiterin bei "Correctiv", sieht in dem Link eher eine Gefahr als eine Aufklärung. Das sagt sie dem "Spiegel". Der Link könne Verschwörungsvideos in den Augen mancher Menschen legitim erscheinen lassen. Es sei sogar möglich, dass die Rezipienten die Box unter den Videos als Verstärkung des Gesagten oder gar als Quelle interpretieren.
"Wir arbeiten mit Hochdruck, unsere User vor Fehlinformationen zu schützen", teilt Youtube-Sprecher Georg Nolte auf Anfrage von "Correctiv" mit. Youtube lösche bereits Videos, die deutliche medizinische Falschmeldungen enthalten. Doch die Plattform muss noch mehr tun, ist Kommunikationswissenschaftlerin Kessler der Meinung.
Die Verantwortlichen sollten in unabhängige Forschung investieren und deutlich mehr Mitarbeiter einstellen, die Falschmeldungen aufspüren und von der Seite verbannen. Die blaue Box sei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, doch leider bei Weitem nicht genug.
(loe)
Dieser Artikel erschien zuerst auf t-online.de