Christian Drosten ist für die Auswertung einer Studie stark kritisiert worden.Bild: imago images / photothek
Gesundheit & Psyche
Mehr «Gesundheit & Psyche »
In einer überarbeiteten Fassung seiner Studie
zur Infektiosität von Kindern in der Corona-Krise hält das
Forscherteam um den Berliner Virologen Christian Drosten an seiner
grundlegenden Aussage fest.
Es gebe keine Hinweise darauf, dass
Kinder im Bezug auf Sars-CoV-2 nicht genauso ansteckend seien wie
Erwachsene, heißt es in der aktualisierten Version der Studie. Sie
ist noch nicht in einem begutachteten Fachjournal erschienen, sondern
wurde erneut als sogenannter Preprint veröffentlicht.
Nach Studie warnten Forscher vor Schulöffnungen
Ein erster Entwurf der Untersuchung war Ende April veröffentlicht
worden und hatte im Mai Kritik und teils heftige Auseinandersetzungen nach
sich gezogen.
Die Aussage bereits damals: Kinder tragen eine ebenso
hohe Viruslast wie Erwachsene – und sind mithin vermutlich genauso
ansteckend. Die Forscher hatten aufgrund dieser Ergebnisse vor einer
uneingeschränkten Öffnung von Schulen und Kindergärten in Deutschland
gewarnt.
In der neuen Fassung heißt es dazu: "Die uneingeschränkte
Öffnung dieser Einrichtungen sollte sorgfältig mithilfe von
vorbeugenden diagnostischen Tests überwacht werden."
Kritik an der Datenauswertung
Kritik hatte es vor allem an der statistischen Auswertung der
Daten gegeben. Die angewandten Methoden seien nicht geeignet, hieß es
von Wissenschaftlern unter anderem. Allerdings hatten die Kritiker
später betont, dass solche Diskussionen in der Wissenschaft normal
seien und Kritik an der Methode nicht zwangsläufig das Ergebnis
infrage stelle. Die "Bild"-Zeitung hatte getitelt, Drostens Studie sei "grob falsch".
Drosten räumte ein, die statistischen Methoden seien
eher grob gewesen, hielt aber an der Aussage der Studie fest.
"In der neuen Version der Studie werden die Kommentare, die es
zur statistischen Analyse der ersten Fassung gab, aus meiner Sicht
überzeugend eingearbeitet", urteilt Christoph Rothe, Statistiker von
der Universität Mannheim auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur
nach einer ersten Durchsicht der überarbeiteten Ergebnisse.
Er
gehörte zu den Forschern, die die statistischen Methoden in der
ursprünglichen Analyse kritisiert hatten.
Der Statistiker Dominik Liebl von der Uni Bonn, der sich
ebenfalls mit der ersten Version der Drosten-Studie
auseinandergesetzt hatte, schreibt auf dpa-Anfrage: Der methodische
Teil der statistischen Analyse in der neuen Version sei aus seiner
Sicht deutlich verbessert worden. Und Liebl ergänzt: "Auch die neue
Version des Preprints wird sicherlich weiterhin in der Wissenschaft
diskutiert werden, und dies ist auch gut so."
In der vorgestellten Überarbeitung hat das Team die Daten von
insgesamt 3303 Sars-CoV-2-Infizierten analysiert. Sie fanden demnach
bei 29 Prozent der Grundschulkinder (0 bis 6 Jahren), bei 37 Prozent
der Kinder zwischen 0 und 19 Jahren sowie bei 51 Prozent der über
20-Jährigen eine Virusmenge, die für eine Ansteckung wahrscheinlich
ausreichend ist. Die Unterschiede zwischen den Gruppen könnten auch
auf unterschiedliche Anwendung der Tests zurückzuführen sein. "Wir
schlussfolgern, dass ein erheblicher Anteil infizierter Personen
aller Altersgruppen – auch unter denen mit keinen oder milden
Symptomen – eine Viruslast trägt, die wahrscheinlich Infektiosität
bedeutet."
(vdv/dpa)