Was gibt es Schöneres, als im grauen, kalten Januar einen Urlaub in der Sonne zu buchen? Für eine Reise bleibt scheinbar, trotz Inflation und Angst vor der nächsten Gasrechnung, noch genug Kleingeld in den deutschen Geldbörsen übrig – denn Fernreisen sind im Post-Corona-Jahr offenbar im Trend. Dies sind die meistgesuchten Fernreiseziele auf Expedia für 2023 (Suchzeitraum: 1. Oktober 2023 bis 10. Januar 2023).
Bernd Eisenstein, Professor für Touristische Nachfrage am Deutschen Institut für Tourismusforschung, sieht zwei Trends bezüglich der Urlaubsplanung für das kommende Jahr. Im Gespräch mit watson sagt er:
Dass viele Deutsche trotz schlechter Prognosen für ihre eigene wirtschaftliche Lage noch Urlaube buchen, führt Eisenstein auf eine emotionale Komponente zurück: "Urlaub ist für viele Deutsche ein ganz, ganz wichtiges Gut. Gemäß der Reiseanalyse liegt der Urlaub bei der Konsumpriorität direkt nach den Lebensmitteln auf Platz zwei."
Für das Jahr 2023 gibt es dabei nicht nur einen klaren Trend, wohin es in den Urlaub gehen soll, auch die Art des Reisens hat sich laut Reiseanbieter Expedia verändert. Laut deren Studie in Zusammenarbeit mit FeWo-direkt gibt es immer mehr "Set Jetting"-Urlauber:innen, die zu Drehorten beliebter Filme oder Serien reisen.
Außerdem sind "Culture Capitals" dieses Jahr sehr gefragt, also Städte, in denen große Kunst- und Kulturveranstaltungen stattfinden. Dazu zählen beispielsweise das Festival Fringe in Edinburgh, die WorldPride in Sydney, die Kirschblüte in Tokio oder das Oktoberfest in München.
Viele Urlauber:innen wollen scheinbar die für lange Zeit verpassten kulturellen Erlebnisse nachholen. Diesen Trend sieht auch der Tourismus-Experte Eisenstein ganz deutlich: "Städtereisen sind wieder stärker im Trend." Trotz der Grenzöffnungen seien die Städte eine Weile gemieden worden, um Menschenansammlungen aus dem Weg zu gehen. Diese Bedenken hätten stark nachgelassen. "Mit den Möglichkeiten für Events, Festivals und Kulturveranstaltungen – von Hoch- bis zur Trivialkultur, von der Oper bis zum Jahrmarkt – kehrt der Kulturtourismus wieder stärker in die Städte zurück."
Ein weiterer Reisetrend 2023 sind "Foodie-menities". Damit ist die Ausstattung der Küche in Ferienwohnungen gemeint. Diese ist laut Expedia und FeWo-direkt wichtiger denn je bei der Buchung. Denn ganze 84 Prozent der Reisenden weltweit nutzen die Vorzüge einer eigenen Küche, wenn sie ihren Urlaub in einer Ferienunterkunft verbringen und sparen dabei Geld. Entsprechend begehrt sind Kochutensilien und Gerätschaften mit Eventcharakter. Deutsche Reisende wünschen sich insbesondere eine Outdoor-Küche mit Grill (46 Prozent) in ihrem Ferienhaus. Auch Pizzaöfen sind gefragt (31 Prozent).
Ganz nostalgisch wird es bei den "Hay-cations", also dem Urlaub auf dem Land, fern von Stress und Handyempfang. Besonders beliebt sind bei Urlauber:innen verlassene Bauernhäuser, Resthöfe und alte Scheunen, die in individuelle Wohnhäuser mit historischen Elementen umgebaut und nun vermietet werden. Besonders in Norddeutschland und Niedersachsen bricht dieser Trend voll durch: So werden auf FeWo-direkt immer mehr historische Landhäuser angeboten. In Niedersachsen stieg die Nachfrage nach Ferienunterkünften in den vergangenen zwölf Monaten um 150 Prozent an.
Nach Einschätzung Eisensteins hat sich die Art und Weise, wie die Menschen reisen, nicht stark verändert, sondern eher wieder "normalisiert". So kehrt das Buchungsverhalten wieder zur bevorzugten Art des Reisens vor Corona zurück. Kleine Besonderheiten gebe es aber: So würden die Urlaubsreisen etwas weniger kurzfristig gebucht und Reisebüros etwas stärker genutzt. "Das Internet bleibt der Hauptbuchungsweg, aber mache Nachfrager bevorzugen wieder die Beratung im Reisebüro." Dies führt Eisenstein auf gewisse Sicherheitsaspekte zurück.
Auch die Beliebtheit von Camping und Caravan-Urlauben ist nach wie vor ungebrochen. "Bei den Wohnmobil-Reisen ist das Interesse nochmals gestiegen. Der ganze Camping- und Caravan-Bereich erfuhr durch Corona einen Hype, der nun noch weiterhin anhält."
Spannend ist außerdem die Nachfrage nach einer sogenannte Multi-Optionalität, die sich schon die letzten Jahre zeigte und noch weiter ansteigt. Der Tourismusforscher erklärt, was es damit auf sich hat:
Allerdings ist dieses Jahr bei der Reiseplanung Vorsicht geboten. Nicht in alle beliebten Reiseziele kann man im Jahr 2023 noch ohne Bedenken fahren. Kriege, Naturkatastrophen und politische Unruhen erschüttern derzeit so manches Land. Die Risk Map des deutschen Unternehmens A3M zeigt auf, in welchen Ländern man noch sicher Urlaub machen kann und wo man Vorsicht walten lassen sollte.
Auf der Landkarte sind die Länder von dunkelgrün (sehr geringeres Risiko) bis dunkelrot (sehr hohes Risiko) in fünf verschiedenen Abstufungen eingefärbt, um einen schnellen Überblick zu verschaffen. Die Analyst:innen von A3M scannen für ihre Analyse täglich relevante Daten und Informationen und geben aktuelle Risikobewertungen zu allen Weltregionen ab, beispielsweise als Informationsquelle für die Reisebranche. Dazu zählen neben Krieg auch Naturereignisse, Gewaltkriminalität, Terrorismus und etliche andere Faktoren.
Einige Länder, die als Geheimtipp für abenteuerfreudige Urlauber:innen galten, fallen in diesem Jahr weg: zum Beispiel die Ukraine, Iran oder Russland. Aber auch viele beliebte Reiseziele in Südamerika sind unsicherer geworden und gelb eingezeichnet, genauso wie das beliebte Urlaubsziel Mexiko. Wer sich unsicher ist, ob er trotzdem in eines der Länder fliegen will, sollte sich auf jeden Fall die Einschätzung des Auswärtigen Amts ansehen.
So viele grüne, also sichere Urlaubsziele, gibt es auf der Landkarte gar nicht. Deutschland zählt neben einigen anderen europäische Staaten und Kanada zu den vergleichsweise wenigen dunkelgrünen Ländern und gelten damit als sehr sicher. Die USA werden ebenso wie Argentinien, Australien, Neuseeland, Namibia, Marokko (ohne Westsahara), Japan, Spanien, Frankreich und einigen weiteren Ländern hellgrün eingefärbt.
Andere beliebte Destinationen wie etwa die Türkei oder Südafrika sind gelb. Das bedeutet: Eine Reise ist mit erhöhten Risiken verbunden, aber ohne spezielle Vorkehrungen möglich. Risiken können hier zum Beispiel erhöhte Gewaltkriminalität, eine besondere Gesundheitslage oder Naturereignisse darstellen.
Rote oder dunkelrote Länder können laut Einschätzung der Experten dagegen nur mit größeren, beziehungsweise erheblichen Einschränkungen und unter großen Risiken bereist werden. In jedem Fall sind für eine Reise in ein solches Gebiet gründliche Vorkehrungen zu treffen, etwa ein Sicherheitskonzept zu erstellen.