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Vaterfiguren: Warum es so schwer ist, mit Vätern über Gefühle zu reden

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Bild: imago stock&people
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Vaterfiguren: Warum es so schwer ist, mit Vätern über Gefühle zu reden

In der Serie Vaterfiguren erzählen Männer, was ihre Väter ihnen übers Mann-Sein beibrachten. Systemadministrator Tom wird bald selbst Vater.
14.07.2019, 14:39
Yasmina Banaszczuk
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Tom wurde 1989 in der ehemaligen DDR geboren – in ein System, dass er hauptsächlich durch Ostalgie-Filme seiner Eltern kennt. Als Systemadministrator kümmert er heute sich darum, dass bei den Kunden seines Unternehmens alles wie am Schnürchen läuft. Seine Jobwahl wurde durch gemeinsames Tüfteln und Neugier auf Technologien durch seinen Vater beeinflusst.

Im Sommer wird Tom zum ersten Mal selbst Vater – Zwillinge! – und denkt mächtig darüber nach, was sein eigener Vater wohl noch so alles beeinflusst hat.

Gemeldet hat er sich zum Interview nämlich mit dem Zusatz, dass er durch die Schwangerschaft seiner Frau auch sein Verhältnis zu seinem eigenen Vater überdenke. Wer spricht wann mit wem über Gefühle? Warum konnte er mit seinem Vater jegliches Spielzeug reparieren, aber keine Gespräche über Schulfreunde führen? Tom erzählt, wie ihn sein Vater-Verhältnis geprägt hat – und was er sich selbst für seine Kinder vornimmt.

Für die Reihe Vaterfiguren trifft Yasmina Banaszczuk verschiedene Männer, die mit ihr über ihre Väter sprechen. Alter, Herkunft, sexuelle Orientierung, Religion – all das ist erstmal egal. Spannender ist, was sie von ihren Vätern gelernt haben. Und was vielleicht auch nicht.

watson: Du wirst dieses Jahr zum ersten Mal Vater, aufregend! Was hat das bei dir ausgelöst?
Ja, im Sommer bekommen wir Zwillinge - statt vorsichtig mit einem Kind anzufangen springen wir mitten rein. Ich freu mich aber sehr drauf! Die Schwangerschaft bringt einen dazu, übers Vater-Sein nachzudenken.

"Ich kann den Kindern zwar nicht die Brust geben, aber sonst möchte ich doch alles machen und dabei sein?"

In den Geburtsvorbereitungskursen oder von Hebammen bekommst du plötzlich ganz viele Informationsbroschüren und Hefte zum Thema Vaterschaft. Du kommst auch viel mit anderen (werdenden) Vätern in Kontakt. Aber irgendwie fühlt sich das für mich noch alles … komisch an.

Inwiefern?
Als ich meinen Kollegen beispielsweise gesagt hab, dass ich Elternzeit nehmen möchte und mich auch zusammen mit meiner Frau um die Kinder kümmern will, waren die Reaktionen enttäuschend. Die sprechen da nur vom “Unterstützen” und dass man die ersten Monate eh kaum was tun können – sie sind aber selbst alle noch kinderlos.

Ich sehe das anders: Ich kann den Kindern zwar nicht die Brust geben, aber sonst möchte ich doch alles machen und dabei sein? Ich will dafür verantwortlich sein, wie es ihnen in der Schule geht oder wie sie mit ihren Freunden und Nicht-Freunden zurecht kommen.

Bei Jimmy Kimmel Live gab es dieses Jahr zum Vatertag Interviews mit elementaren Fragen zum Geburtstag oder der Schulklasse der Kinder, aber das ist doch erschreckend, dass Väter sowas nicht wissen. Ich hoffe, ich werde nie ein Vater, der nicht weiß, wie alt seine Kinder sind.

"Die letzten größeren Ereignisse wie Umzug oder Heirat, habe ich zuerst meiner Mutter gesagt."

Wie war denn dein Verhältnis zu deinem eigenen Vater?
Mein Vater hat mir manchmal bei den Hausaufgaben geholfen oder, ganz wichtig, kaputte Spielsachen mit mir repariert. Meine berufliche Entwicklung verdanke ich eigentlich auch ihm: Alles, was ich über Elektrik und Elektronik weiß, weiß ich von ihm, und Computersachen fand er immer interessant und ich dann eben auch. Mittlerweile kommt er mit seinem kaputten Computer dann zu mir.

"Wie beschützt man Kinder? Wie ist man für Kinder da, auch wenn sie nicht über Sachen reden wollen?"

Das Gefühl, dass ich mit Nicht-Spielzeug-Kram zu ihm kommen könnte, hatte ich aber eher nicht. Mit ihm über meine Freunde reden, Stress in der Schule besprechen oder so – vielleicht hätte ich das sogar alles gekonnt, den Eindruck hatte ich aber nicht.

Woran lag das?
Meine Vermutung ist, dass über persönliche Dinge reden von ihm nicht vorgelebt wurde. Darüber habe ich mir jetzt auch viele Gedanken gemacht, weil ja der eigene Nachwuchs ansteht: Wie beschützt man Kinder? Wie ist man für Kinder da, auch wenn sie nicht über Sachen reden wollen? Und ich glaube, das vorzuleben ist ein wichtiger Teil. Über sich selbst zu reden und anders rum eben zuhören, wenn jemand über sich sprechen möchte.

Wie sehr sprecht ihr denn aktuell über Dinge?
Die letzten größeren Ereignisse, wie Umzug oder Heirat, habe ich zuerst meiner Mutter gesagt. Mit ihr habe ich irgendwie eine andere Gesprächsebene. Mein Vater versteckt sich relativ viel hinter Ironie und Sarkasmus.

Über Themen, die ihn beschäftigen, redet er aber auf jeden Fall: Nachrichten wie das Weltgeschehen oder Neuigkeiten. Auch berufliche Entwicklungen konnte ich immer gut mit ihm besprechen. Persönliches kommt bei ihm aber erst seit Kurzem vor. Er hatte vor ein paar Jahren einen Unfall und seitdem hat er sich wesentlich mehr geöffnet als vorher, spricht über die Folgen und seine Verletzlichkeit.

"Mein Vater versteht nicht, warum ich Vegetarier bin – benutzt mir zuliebe aber eine eigene Grillzange."

Inwiefern hat dein Vater beeinflusst, was für eine Art Mann du jetzt geworden bist?
In größerer Runde über aktuelle Themen zu sprechen und selbst in großen Gruppen meine Meinung kundzutun – das habe ich definitiv von ihm. Aufgaben zu übernehmen, selbst wenn man keine Lust darauf hat. In der Hinsicht war er ein Vorbild für mich.

Wenn ich mir aber den Haushalt ansehe, dann hat er eher mitgeholfen, statt wirklich die Hälfte zu machen. Er hat mal versucht mir und meinen Brüdern zu zeigen, wie viel Wäsche in eine Waschmaschine passt. Das war eher unbeholfen. Und zu guter Letzt habe ich mir ein bisschen Roadrage von ihm abgeguckt, das versuche ich momentan abzulegen (lacht).

Gibt es im Gegenzug etwas, das dein Vater von dir gelernt hat?
Ich glaube, mein Vater lernt immer wieder von mir, dass und wie sich die Welt verändert. Dass man auch mit anderen Perspektiven auf die Welt umgehen kann, selbst wenn er sie nicht nachvollziehen kann.

Er versteht zum Beispiel überhaupt nicht, warum ich Vegetarier bin – aber mittlerweile benutzt er beim Grillen zwei Zangen, eine für Fleisch, eine für Gemüse. Solche Kleinigkeiten freuen mich sehr. Sollte ich ihm vielleicht nochmal sagen!

"Macht den Sprung ins kalte Wasser und sagt zu euren Vätern: Hey, ich möchte kurz über Folgendes sprechen."

Was für eine Art Vater möchtest du denn sein?
Am besten eine Art großer Freund für die Kinder, auf den man sich verlassen kann, von dem man lernen kann, mit dem man aber auch Spaß haben kann. Es soll immer klar sein, dass meine Kinder auf mich zählen können, egal in welcher Form.

Was würdest du jungen Männern raten, die ähnlich wie du nicht ganz so offen mit ihren Vätern über alles reden können?
Wenn euer Vater nicht so viel über Emotionales redet, ihr aber da gerne eine andere Verbindung zu ihm hättet: Macht den Sprung ins kalte Wasser! Irgendeine Seite muss es ja mal beginnen. In der Vergangenheit hätte ich sicher öfter zu meinem Vater gehen können und sagen: “Hey, ich möchte kurz über Folgendes sprechen”, habe es aber nicht gemacht.

Insofern ist es schade, dass ich es nicht so oft versucht habe. Ich würde gern alle dazu ermutigen, das Verhältnis zueinander selbst zu verändern.

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