Jetzt gibt's Ärger: Die ganze Woche über hatten sich Aldi und Lidl einen regelrechten Preiskrieg geliefert. Zu Beginn der Woche warben beide Discounter öffentlich damit, jeweils günstiger als der Konkurrent zu sein. Dafür präsentierten Aldi und Lidl von ihnen zusammengestellte Warenkörbe, die beim Gegner jeweils teurer seien (mehr dazu hier).
Nachdem Lidl Mitte der Woche mit einem Werbespot gegen Aldi nachgelegt hatte, mischte sich am Donnerstag schließlich Edeka ein und wandte sich in einem offenen Brief gegen die beiden Streithähne: "Den Weg zum Discounter können Sie sich sparen", versicherte Edeka seinen Kunden. Man könne preislich mithalten – und biete außerdem mehr als nur günstige Preise.
Ausgangspunkt der Preis-Streitereien ist die Mehrwertsteuersenkung im Zuge der Coronakrise um drei Prozent – die der Lebensmitteleinzelhandel kreativ umsetzt.
Doch das mitunter amüsante Hin-und-her im Lebensmitteleinzelhandel hat jetzt die Wettbewerbshüter auf den Plan gerufen.
Mehrere Beschwerden von Verbrauchern und Konkurrenz-Ketten über die Werbeanzeigen von Aldi und Lidl sind bei der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs eingegangen, wie diese watson gegenüber bestätigte. Zuerst hatte die "Lebensmittelzeitung" über die Beschwerden berichtet.
Die Wettbewerbszentrale erklärte gegenüber watson am Freitag: "Wir haben bisher die Aldi-Werbung aufgegriffen und beanstandet." Der Grund: Zwar nenne das Prospekt, in dem sich Aldi als günstiger als Lidl darstellte, eine Quelle für den Vergleich. Dieser ist zu entnehmen, wer die Erhebung durchgeführt hat, in welcher Stadt diese an welchem Tag durchgeführt wurde und bei welchen Supermarkt-Ketten.
Aber: "Weder in der Anzeige noch in den Erläuterungen wurde geschildert, welche Waren genau gekauft wurden. Aufgeführt war lediglich die Warengruppe, etwa Feinkost, aber nicht, welches Produkt aus dem Bereich Feinkost gekauft worden sein soll", sagte die Wettbewerbszentrale zu watson.
Zur Erläuterung: In dem Prospekt war Anfang der Woche noch ein Link angegeben zu einer Mitteilung eines Beratungs- und Marktforschungsunternehmens. Darin war etwa aufgeführt, dass für den Warenkorb, den die Aldi-Werbung mit Lidl und anderen Supermarkt-Ketten verglich, Artikel aus der Warengruppe "Tiefkühlung" eingekauft wurden.
Welcher Artikel genau im schlussendlich beworbenen Einkaufswagen landete, war der Mitteilung aber nicht zu entnehmen. "Damit wird der Vergleich, der dieser Werbeanzeige zugrunde liegt, für den Verbraucher nicht mehr nachvollziehbar", so die Wettbewerbszentrale zu watson. "Aus dem Tiefkühlsortiment können etwa günstige Fischstäbchen oder teurer Steinbutt gekauft werden. Beides fällt in dieselbe Warengruppe, ist aber zu unterschiedlichen Preisen zu haben."
Insbesondere die Nachvollziehbarkeit eines Vergleichs sei allerdings gesetzliche Voraussetzung für vergleichende Werbung. "So wird gewährleistet, dass Verbraucher auch wirklich Nutzen aus dem Vergleich ziehen können", erklärte die Wettbewerbszentrale. "Letztlich könnten Sie jeden Tag einen Warenkorb zusammenstellen, der etwas billiger ist, als der eines Konkurrenten. Der Vergleich muss für den Verbraucher transparent sein, und das ist aus unserer Sicht nicht gegeben."
Im Falle des Aldi-Prospektes hat die Wettbewerbszentrale nun Aldi zur Unterlassung aufgefordert. Das heißt, der Discounter darf mit dem Warenkorb aus dem Prospekt, der angeblich günstiger sei als etwa bei Lidl, nicht mehr werben.
Sollte Aldi das ignorieren, drohen gerichtliche Konsequenzen. "Wenn Aldi dieser Unterlassung mit Frist bis Montagmorgen nicht nachkommt, dann wird die Wettbewerbszentrale ihren Unterlassungsanspruch vor Gericht durchsetzen", so die Wettbewerbshüter gegenüber watson.
Das beanstandete Prospekt hat sich inzwischen geändert. Am Freitagmittag waren in der Online-Ausgabe etwa die "Preissieger"-Behauptung sowie die zu ihr angeführte Quelle nicht mehr aufzufinden, auch das Layout war stark verändert. Zwar ist noch immer ein Einkaufswagen abgebildet (auf der Titelseite des Prospekts), aber vergleichende Behauptungen wurden entfernt.
Watson hat bei Aldi Süd nachgefragt, ob diese Änderungen eine Reaktion auf die Unterlassungsaufforderung der Wettbewerbszentrale darstellt. Der Discounter bestätigte gegenüber watson lediglich die Änderung des digitalen Prospekts, wollte sich hinsichtlich "etwaiger Unterlassungserklärungen" jedoch nicht äußern.
Und was ist mit Lidl? Zwar hatte Aldi Süd im Preiskrieg der Discounter den ersten Stein geworfen, Lidl ließ sich dafür im Gegenzug auch nicht gerade lumpen, zog mit einem eigenen Einkaufswagen nach und veröffentlichte sogar einen ganzen Werbespot in dem Zusammenhang. Dazu hieß es von der Wettbewerbszentrale: "Auch gegen die Lidl-Werbung sind bereits Beschwerden eingegangen, die die Wettbewerbszentrale gerade prüft." Die Prüfung sei aber noch nicht abgeschlossen.
(pcl)