Sie ist dein ständiger Begleiter: die Wasserflasche. Ob morgens nach dem Aufstehen, in der Uni oder im Büro, später beim Sport oder abends beim Netflixen. Ohne den obligatorischen Schluck Wasser alle fünf Minuten geht gar nichts. Wie sollst du auch sonst auf die zwei Liter kommen, die du täglich trinken sollst. Mindestens!
So heißt es zumindest in sämtlichen Lifestyle- und Gesundheitsratgebern: Viel trinken muss der Mensch. Sonst drohen gesundheitliche Konsequenzen. Welche genau und warum, hinterfragen wir oft nicht.
Dass der menschliche Körper Wasser braucht, ist klar. Dass viele Menschen zu wenig trinken, ist wohl ebenfalls wahr. Warum trinken wir aber nicht so viel, wie wir sollten? Was ist die ideale Menge? Und was hat es mit der Zwei-Liter-Regel auf sich? Watson klärt auf.
Die Annahme, jeder erwachsene Mensch solle täglich etwa zwei Liter trinken, kann wahrscheinlich zum ersten Mal 1945 in den USA auf: Das dortige Food and Nutrition Board, eine Organisation zur Lebensmittelsicherheit, veröffentlichte damals die Empfehlung, acht Gläser Wasser täglich zu trinken. Das sind etwa zwei bis zweieinhalb Liter täglich.
Warum es gerade diese Menge sein sollte, wurde nicht genauer erklärt, als Richtwert jedoch dankbar angenommen.
Bis heute findest du häufig die Empfehlung, mindestens zwei Liter Wasser (oder auch ungesüßten Tee) täglich zu trinken – unabhängig von sonstiger Ernährung oder Lebensstil. Sonst droht ein breites Spektrum von gesundheitlicher Konsequenzen wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, schlechter Haut bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Nierenleiden.
Auch wenn du all diesen Symptomen oder Erkrankungen mit genügend Flüssigkeitszufuhr zumindest teilweise vorbeugen kannst, heißt das nicht automatisch: Wenn du mindestens zwei Liter Wasser täglich trinkst, bleibst du gesund. Es gilt nicht dasselbe Maß für alle Menschen, und "Je mehr, desto besser" stimmt auch beim Trinken nicht unbedingt.
Wenn du zum Beispiel besonders viel Obst und Gemüse, also Lebensmittel mit einem großen Flüssigkeitsanteil zu dir nimmst, brauchst du nicht mehr so viel zu trinken. Im Schnitt nehmen wir 875 Milliliter Wasser durch die Nahrung auf.
Auch sollte es klar sein, dass zum Beispiel eine kleine, zierliche Frau und ein großer, übergewichtiger Mann nicht dieselbe Menge Wasser benötigen. Dein Aktivitätslevel und das Wetter spielen ebenfalls eine Rolle – wenn du besonders viel schwitzt, solltest du natürlich etwas mehr trinken.
Ein guter Indikator, wann du trinken musst, ist übrigens schlicht und einfach: Durst. Dann zeigt dir dein Körper schließlich, dass du Wasser brauchst. Wenn du aber den Eindruck hast, Flüssigkeit schon in dich hinein zwängen zu müssen, lass es besser.
Zu viel trinken ist übrigens auch nicht gesund. Wenn du zu viel Wasser aufnimmst, kann das deinen Elektrolytehaushalt durcheinander bringen, und auch das kann gesundheitliche Folgen haben. Zu viel Flüssigkeit verdünnt das Blut, dadurch sinkt die Salzkonzentration in deinen Zellen, und die Nieren kommen beim Verarbeiten der Flüssigkeit nicht mehr hinterher.
Das belastet deinen Körper mehr, als es ihm gut tut. Dann können ähnliche Symptome eintreten wie beim Flüssigkeitsmangel – bis hin zu Kreislaufstörungen, epileptischen Anfällen und lebensbedrohlichen Zuständen. Allerdings ist eine Wasservergiftung durch zu viel Trinken sehr selten.
Zu wenig Wasser trinken ist also nicht gut, zu viel aber auch nicht. Die Zwei-Liter-Regel gilt nicht für jeden – was ist denn nun richtig? Im Gespräch mit watson weiß der Mediziner Dr. Christoph Liebich eine simple Methode, mit der du selbst messen kannst, ob du genügend getrunken hast:
Beobachte also deinen Körper und vertrau auf deine Sinne, anstatt dich auf universelle Regeln zu berufen, die für deine Gesundheit und deine individuelle Situation vielleicht gar nicht zutreffen. Dein Urin ist ein guter Indikator dafür, wie viel Flüssigkeit du insgesamt, also gemeinsam mit der Nahrung, aufgenommen hast.
Deine Wasserflasche kannst du natürlich weiterhin mit dir herumtragen. Denk nur daran, dass du dich nicht unnötig quälen solltest, sie fünf mal am Tag oder häufiger leer zu trinken.
(ak)