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Hacks für die Seele

Soziale Angst: Was tun, wenn man sich am liebsten vor der Welt verstecken würde?

Junger Mann einsam ängstlich
Menschen mit Sozialphobie: Allein im Zentrum der Aufmerksamkeit anderer, würden sie sich am liebsten vor der Welt verstecken.bild: pexels / pixabay
Hacks für die Seele

Sich vor der Welt verstecken: Soziale Angst und wie man sie überwindet

08.10.2023, 09:3413.10.2023, 18:42
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Du denkst, dass andere darauf achten, wie du aussiehst, was du anhast oder was du sagst? Dass du danach beurteilt wirst? Keine Angst, denn grundsätzlich ist all das ganz normal. Schließlich sind wir als Menschen soziale Wesen und als solche auf die Akzeptanz der Gruppe angewiesen. Doch es gibt auch das psychologische Phänomen der Sozialphobie, bei dem sich Menschen am liebsten vor der Welt verstecken würden.

Watson erklärt dir, wie du erkennst, ob du unter sozialer Angst leidest oder ob du einfach nur schüchtern bist.

Wann werden soziale Ängste krankhaft?

Erst wenn sich die Gedanken fast zwanghaft darum drehen, wie man auf andere wirkt und was andere über einen denken könnten, dann wird es pathologisch und damit schädlich, sagt die Kinder- und Jugendtherapeutin Miriam Hoff im Gespräch mit watson: "Bei manchen geht es so weit, dass sie alltägliche Aufgaben nicht mehr verrichten können, sich nicht mehr in die Schule oder den Job trauen, oder keine Einkäufe mehr machen können – spätestens dann sollte man sich professionelle Hilfe suchen."

Miriam Hoff
Miriam Hoff erklärt in "Hacks für die Seele" regelmäßig psychologische Phänomene und gibt Tipps für mentale Gesundheit.bild: Andy Nikolov - Photoharmonies

Hoff bietet unter dem Titel ihres gleichnamigen Buches "Mind is Magic" auch Workshops für junge Menschen zu Themen wie Selbstzweifel, soziale Ängste oder Prüfungsangst an. Mit Selbsthilfe-Tools aus Therapie und Coaching, die dich wieder zurück ins Leben bringen und deine sozialen Skills verbessern.

Bin ich schüchtern oder habe ich eine soziale Phobie?

Soziale Phobie ist eine Krankheit, Schüchternheit dagegen nicht: Diese ist oftmals nichts anderes als eine anfängliche Angst vor neuen Situationen und Personen und damit eine natürliche und oft auch sinnvolle Reaktion, sagt Hoff – denn letztlich schützt uns dieses Gefühl auch vor vorschnellen Handlungen. Ist man "nur" schüchtern, gibt sich das im Laufe der Zeit, vor allem wenn man sich Situationen aussetzt, die anfangs Überwindung kosten, aber mit jeder Wiederholung immer einfacher werden.

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Was genau versteht man unter sozialer Angst?

Menschen, die unter sozialen Ängsten leiden, meiden es in der Regel, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Soweit noch die Gemeinsamkeit mit zurückhaltenden Menschen, die das auch nicht mögen. Doch bei einer sozialen Phobie gibt es deutliche Unterschiede, weiß Miriam Hoff:

"Sie glauben häufig, den Erwartungen und Ansprüchen der anderen nicht zu genügen, sind sehr selbstkritisch und sehen oft nur vermeintliche Fehler oder Defizite bei sich. Ihr Denken kreist oft um die eigene Wirkung, ihr Aussehen oder ihre fehlenden Kompetenzen, wobei sie im Gegensatz zu anderen von ihrer Minderwertigkeit überzeugt sind."

Oft seien sie von der Angst getrieben, sich zu blamieren oder zu versagen, erklärt Hoff weiter. "Dabei gehen sie eigentlich von einem sehr egozentrischen Weltbild aus, da sie der Meinung sind, dass die Welt auf sie schaut und sie beobachtet und bewertet."

Oftmals entwickeln Betroffene durch diese negative Erwartungshaltung auch körperliche Begleiterscheinungen, wie Erröten, Zittern, Schwitzen, Herzrasen bis hin zur Panikattacken. Auch psychosomatische Beschwerden wie Bauch- oder Kopfschmerzen, Übelkeit oder ein starker Harndrang sind häufige Begleitsymptome.

Junge Frau lugt ängstlich zwischen Brettern hervor
Angst macht einsam: Menschen mit sozialer Angst würden die Welt lieber allein aus dem Verborgenen betrachten.bild: pexels / Rene Asmussen

In Folge dieser Ängste ziehen sich die Menschen oft mehr und mehr aus der Umwelt zurück, was erhebliche negative Folgen für ihren beruflichen und privaten Alltag haben kann. Manche würden darüber sogar depressiv oder abhängig von Substanzen wie Alkohol, Drogen oder Beruhigungsmitteln, erläutert Miriam Hoff.

"Hacks für die Seele"
In unserer Reihe, in der wir ab jetzt öfter über mentale Gesundheit schreiben, soll es um Themen wie Ängste, Gefühle und Self-Care gehen. Wir wollen damit Hilfestellung geben in schwierigen Situationen: Hacks für die Psyche eben.

In welchem Alter entstehen soziale Ängste?

Oft beginnen soziale Phobien schon in der Kindheit oder Pubertät. In dieser Phase ist die Akzeptanz durch andere entwicklungspsychologisch sehr wichtig. "Gleichzeitig ist das aber auch ein Alter, in dem wir sehr anfällig für Kritik und Bewertung von außen sind, da unser Selbstbild noch sehr schwankend ist und wir erstmal herausfinden müssen, wer wir eigentlich sind. Das geht wiederum nicht im Alleingang, sondern nur durch Identifikation oder Abgrenzung von anderen", sagt Hoff.

Teenager:innen Gruppe
Spätestens mit der Pubertät ändert sich unsere "Peergroup" – weg von den Eltern hin zu Gleichaltrigen.bild: pexels / Anna Shvets

Die Menschen in unserem sozialen Umfeld bekommen auf diese Weise viel Macht über uns und unsere Gedanken. Und das kann zum Problem werden: Je jünger wir sind, desto weniger positive Erfahrungen haben wir gesammelt, um mögliche negative Erlebnisse korrigieren zu können.

Die Therapeutin erläutert:

"Lacht beispielsweise jemand über mich beim Sport, kann ich das als Erwachsener locker wegstecken, weil ich weiß, dass ich im Job erfolgreich bin und die Sportart keine Relevanz für meinen Selbstwert hat. Bin ich aber einfach noch zu jung und konnte mich noch nicht woanders ausprobieren, kann die Ablehnung beim Sport schon sehr vernichtend sein – weil ich mich dann als ganze Person infrage stelle."

Warum ist es uns überhaupt so wichtig, was andere über uns denken?

Miriam Hoff erklärt das mit der Evolution: Wir Menschen sind als soziale Wesen auf die Anerkennung unserer Gruppe angewiesen. Denn allein in der Wildnis wäre der Mensch in der Vorzeit nicht überlebensfähig gewesen.

"Es ist natürlich, dass man gefallen will, weil Ablehnung schlimmstenfalls zum Ausschuss aus der Gruppe führen könnte und damit in grauen Vorzeiten existentiell bedrohlich war."

Entwicklungspsychologisch ist es ein wichtiger Schritt, sich im Jugendalter durch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe von Gleichaltrigen zu identifizieren und sich damit von den Eltern zu emanzipieren, sich also in Richtung Selbstständigkeit zu entwickeln.

"Finde ich diese Akzeptanz nicht, kann das am Selbstbewusstsein nagen und zu Unsicherheiten, Ängsten und Fragen wie 'Bin ich gut genug?' führen. Wenn wir hingegen Wertschätzung von anderen erfahren, wird unser Belohnungssystem im Gehirn aktiviert und unsere Selbständigkeit und das Selbstbewusstsein steigt."

Welche falschen Grundannahmen gibt es?

"Oft gehen wir durch die Welt mit einer 'All eyes on me'-Haltung. Wir glauben, wir seien der Nabel der Welt und alle hätten nichts anderes zu tun, als sich über unser Aussehen oder unseren IQ Gedanken zu machen", sagt Miriam Hoff. Die Sozialpsychologie nennt diese Überschätzung der Aufmerksamkeit für die eigene Person den "Spotlight-Illusion-Effekt".

Mann steigt in Ubahn
Kannst du dich an deine Mitreisenden erinnern?bild: pexels / Andrea Piacquadio

Die Wahrheit sei jedoch: Den meisten Menschen sei es schnurzegal, wie wir herumlaufen oder was wir sagen, ergänzt die Therapeutin. "Das ist einerseits eine ernüchternde, andererseits aber auch sehr hilfreiche Erkenntnis, denn sie befreit von der egozentrischen Brille."

So überwindest du soziale Ängste – easy Tools von Miriam:
1. Alter Freund-Methode
Wenn du auf einer Party bist und vor der Herausforderung stehst, Kontakt mit einem Fremden aufzunehmen, wende diesen einfachen Trick an:
Stell dir vor, du begrüßt den Fremden mit der offenen Haltung und der Freude, als sei es ein alter guter Freund, den du lange nicht gesehen hast – denk dabei wirklich an einen speziellen lieben Menschen. Du wirst sehen, deine Mimik und Körperhaltung sind viel offener. Der Fremde spiegelt dir diese bedingungslose Annahme sofort positiv zurück – er kann gar nicht anders (Spiegelneuronen sind dran schuld!).
Du hast damit eine positive Feedbackschleife ins Rollen gebracht – nicht Angst und Zurückhaltung, sondern Annahme und Offenheit sind jetzt spürbar. Du kommst sympathisch rüber und euer Gespräch wird locker und entspannt beginnen.

2. Gebe und bekomme mehr
Anstatt dich ständig zu fragen, was dir andere an Aufmerksamkeit geben können oder ob sie über dich reden, gehe du positiv auf andere zu, mache ehrliche Komplimente und gebe positives Feedback – das lässt dich sozial stark und gut fühlen und du bekommst es garantiert irgendwann positiv zurück.
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