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Sexuelle Belästigung im Internet: Wie du dich gegen Dick Pics wehren kannst

Der Moment, wenn plötzlich ein Penis auf dem Bildschirm aufploppt, ist für die meisten eine eher unangenehme Erfahrung.
Der Moment, wenn plötzlich ein Penis auf dem Bildschirm aufploppt, ist für die meisten eine eher unangenehme Erfahrung.getty images
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Strafanzeige in unter fünf Minuten: Wie du dich gegen unterwünschte Dick Pics wehren kannst

01.08.2022, 15:14
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Dick Pics, also das Versenden von Penisfotos, ist gefühlt so alt wie das Internet. Trotzdem erfreut es sich offenbar weiterhin großer Beliebtheit bei Männern.

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsunternehmens Yougov von 2018 haben 22 Prozent der Millenials schon mal ungefragt ein Dick Pic verschickt. Selbst eines bekommen hat dagegen schon einmal fast die Hälfte der befragten Frauen zwischen Anfang 20 und Ende 30.

Dick Pics sind weit verbreitetes Phänomen

Gefreut haben dürften sich die wenigsten Empfänger und Empfängerinnen über das männliche Geschlechtsteil auf ihrem Bildschirm, wenn sie nicht gerade etwa in gegenseitigem Einvernehmen Sexting betreiben. Unerwünschte Fotos von Penissen können auch gefährlich werden: Menschen, die Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt gemacht haben, kann ein Penisfoto sogar retraumatisieren.

Wie massiv dieses Problem der digitalen sexuellen Belästigung ist, gerade bei Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen, wurde in der Sendezeit von Joko und Klaas beim TV-Sender ProSieben deutlich. Dort führte die feministische Buchautorin Sophie Passmann in einem 15-minütigen Beitrag namens "Männerwelten" durch eine virtuelle Ausstellung über Sexismus und sexualisierte Gewalt.

Auch die Moderatorin Palina Rojinski präsentierte eine Galerie von unerwünschten Penisfotos, die ihr und ihren Freundinnen ungewünscht im Internet zugesandt wurden.

Ein Ausschnitt aus dem Beitrag "Männerwelten".Video: YouTube/Joko & Klaas

Das Versenden von Dick Pics ist strafbar

Was viele nicht wissen: Das unerwünschte Versenden von Geschlechtsteilen ist inzwischen strafbar. Anderen Menschen ungefragt Penisfotos zu schicken, fällt unter den Tatbestand des Paragrafen 184 im Strafgesetzbuch, der die Verbreitung pornografischer Schriften umfasst. Dies kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet werden.

Im Juli 2018 hatte das Amtsgericht Rostock einen Mann wegen Verbreitung pornografischer Inhalte zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt: Er hatte einer Frau via Facebook ungefragt ein Penisbild geschickt. Zur Anzeige gebracht werden diese Aktionen jedoch selten.

Strafanzeige in ein paar Klicks

Doch du kannst dich ganz einfach wehren, wenn mal wieder ein Penis-Bild über Messenger oder AirDrop auf deinem Handy landet.

Die Website Dickstinction will allen Empfängern und Empfängerinnen von unerwünschten Dick Pics helfen, damit mehr Übeltäter und Übeltäterinnen strafrechtlich verfolgt werden. Das Gratisprojekt, das beim Berlin Legal Hackathon im Februar 2020 entstanden ist, verspricht "in unter einer Minute eine Strafanzeige zu erstellen".

Ein Screenshot, auf dem man möglichst den Benutzernamen oder die Telefonnummer der Täterin oder des Täters sieht, reicht aus. Mit ein paar Klicks erstellt Dickstinction eine rechtlich formelle Anzeige, die man direkt ausdrucken und herunterladen kann.

Dies geschieht in folgenden Schritten:

  • Datum, an dem das Foto empfangen wurde
  • Medium, über das das Dick Pic zugestellt wurde (Messenger App, Social Media, E-Mail etc.)
  • Screenshot der Aufnahme
  • Name bzw. User-Name des Absenders (falls vorhanden)
  • eigene persönliche Daten (die anonym bleiben)

Die fix erstellte Anzeige kannst du einfach ausdrucken und per Post verschicken oder sie in jeder Polizeistation in Deutschland abgeben. Der Übeltäter bekommt nun Post von der Polizei und du wirst automatisch über den Ausgang des Ermittlungsverfahrens informiert.

Das Problem: Häufig wird strafbaren Handlungen, die im Internet passieren, von der Polizei nicht nachgegangen. Das zeigt eine Investigativ-Recherche der ZDF-Satire-Sendung "Neo Magazin" zum Thema Hate Speech.

Die große Frage nach dem Warum

Was vielen nicht in den Kopf will: Warum versenden Männer überhaupt Bilder ihres Geschlechtsteils? Worin besteht der Kick? Die Sozialpsychologin Barbara Krahé erklärte es dem Magazin "Spiegel":

"Männer, die meinen, Bilder von ihrem Geschlechtsteil versenden zu müssen, haben ein Problem mit ihrer Männlichkeit: Sie wollen sich selbst vergewissern, wie männlich sie sind und es dann gegenüber Frauen unter Beweis stellen. Sie haben das Bedürfnis, Macht auszuüben: Ich bin ein echter Mann, weil ich entscheide, wo die Grenzen sind – und ich überschreite sie ganz bewusst. Einfach nur, weil ich es kann."

Betroffene wehren sich auf kreative Art und Weise

Die belgische TikTokerin Shauna Dewit hatte davon irgendwann die Nase voll: Nachdem sie sich in einem Video über Dick Pics beschwert hatte, bekam sie nicht etwa weniger, sondern mehr der anstößigen Bilder. Daraufhin beschloss sie, sich auf eigene Faust zu wehren: Sie schicke nun jedem Absender eines Dick Pics ein anderes Dick Pic zurück, erzählte sie in einer Video-Botschaft. Die Männer reagierten so wie die meisten Frauen – entsetzt und angeekelt. "Ich mache einfach das Gleiche wie ihr", erklärt Dewit im Video. Das sei für sie "Gleichberechtigung".

Eine kreative, wenn auch utopische Möglichkeit, Dick Pic Versender zu erwischen, schlägt das Satire-Portal Browser Ballett vor. Video: YouTube/Browser Ballett

Wenn du Opfer sexueller Gewalt geworden bist und Hilfe benötigst, kannst du dich ans Hilfetelefon des Bundesamtes für Familie wenden. Unter 08000 116016 findest du jederzeit, kostenlos und anonym eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner.

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