"Du hast es so einfach", sagte eine Freundin letztes Jahr vor Weihnachten zu mir. "Du musst dir zumindest keine Gedanken um ein Geschenk für einen Typen machen." Manchmal sagen vergebene Menschen seltsame Dinge zu Singles – so als ob sie uns gerade in der Weihnachtszeit aufheitern müssten. Als würde jeder Single vor dem "Fest der Liebe" von Selbstmordgedanken geplagt werden. Ich für meinen Teil habe mich in den letzten Jahren auch an Weihnachten nicht einmal einsam gefühlt.
Was meine Freundin jedoch vergaß: Single sein bedeutet nicht, dass ich keinem Mann etwas schenken muss. Denn nur weil ich offiziell keinen Freund habe, heißt es nicht, dass ich nicht doch gerade mit jemandem schlafe, der eventuell ein Geschenk verdient hätte. Aber da fängt der ganze Spaß auch schon an: Ab wann ist es legitim, einem Typen etwas zu schenken? Und ab wann wird er das vielleicht sogar von mir erwarten?
Welche Signale sende ich dem Mann, wenn ich ihm was schenke? Interpretiert er da zu viel hinein? Fühlt er sich vielleicht unter Druck gesetzt? Bin ich überhaupt bereit dazu, ihm so zu zeigen, dass er mir mehr bedeutet? Will ich überhaupt, dass er weiß, dass ich an ihn denke? Was ist, wenn er kein Geschenk für mich hat? Was ist, wenn er eins hat und ich nicht? Denkt er, wir sind dann zusammen? Will ich mit ihm zusammen sein? Fragen über Fragen ...
Heutzutage drückt man sich so lange wie möglich davor, "die Sache zu benennen". Das ist nur so lange praktisch, bis dann das erste große Ereignis vor der Tür steht: Sei es, dass einer von beiden Geburtstag hat – oder eben Weihnachten.
Ich bin nicht die Einzige, die sich in diesem Weihnachtsirrsinn des Single-Daseins befindet. Und normalerweise bin eher ich diejenige, die schön aus der Ferne auf ihre Freunde herabblicken und klugscheißen konnte – ganz nach dem Motto: "Das kann ja wohl nicht so schwer sein." Das habe ich nun davon.
Und ja, eigentlich ist es nicht so schwer. Wenn da nicht die Unsicherheit und der Stolz wären, die einen immer zu Vorsicht mahnen – zu viel zu zeigen, zu geben und nichts dafür zurückzubekommen. Denn auch ein banales Thema wie das Weihnachtsgeschenk kann schnell größere Ausmaße annehmen. Zum Beispiel, wenn man jemandem seine Wertschätzung durch ein noch so kleines Geschenk zeigt und dann realisiert, dass der Andere sich nicht mal annähernd so viele Gedanken um dich gemacht hat.
Vielleicht fühle ich mich auch deshalb wie ein vollkommener Anfänger, weil das letzte Mal, dass ich vor all diesen Fragen stand, schon einige Jahre her ist. Mein Glück war, dass der Mann damals ein Freund der klaren Kommunikation war. Ein paar Wochen vor Weihnachten sagte er ganz trocken aus dem Nichts: "Wir schenken uns was." Damit war alles geklärt und gesagt. Vielleicht nehme ich mir einfach bei der nächsten Gelegenheit ein Beispiel daran ...
Das Thema Weihnachtsgeschenke ist schon bei den eigenen Familienmitgliedern kompliziert genug. Ich zumindest habe noch nie von jemandem den Satz gehört: "Ich weiß schon ganz genau, was ich meinen Eltern und meinem Bruder zu Weihnachten schenke".
Gibt es dann noch eine Affäre in meinem Leben, der ich ein Geschenk besorgen müsste, macht es die vorweihnachtliche Zeit noch ein Stück stressiger.
Erschwerend kommt bei mir hinzu, dass ich wirklich schlecht darin bin, aus versteckten Halbsätzen ein potenzielles Geschenk herauszuhören und mir das auch noch zu merken. Egal, ob Geburtstag oder Weihnachten – ich bin immer ziemlich planlos.
Doch was potenzielle Weihnachtsgeschenke für Affären angeht, habe ich das bisher immer ziemlich einfach gehalten. Ich schenke ihr nichts und will auch nichts haben. Ich glaube, das habe ich mit meiner Einstellung zu Weihnachten, die ein wenig dem Grinch ähnelt, im Vorfeld auch immer ganz gut deutlich gemacht. Auch ohne es klar zu kommunizieren.
Zudem vertrete ich immer noch die Einstellung, dass ich keinen konkreten Anlass brauche, um jemandem etwas zu schenken. Wenn mir die Frau wichtig ist oder ich ihr eine Freude machen möchte, auch wenn wir nicht zusammen sind, dann mache ich das – auch ohne Feiertag.
Wobei ich in dieser Hinsicht in Sachen Weihnachtsgeschenk schon einmal eine Ausnahme gemacht habe. Das hatte aber den einfachen Hintergrund, dass ich mir relativ sicher war, dass sich aus der Affäre definitiv etwas Ernstes entwickeln wird.
Problematisch wird die ganze Sache nur, wenn ich trotzdem etwas geschenkt bekomme habe, aber natürlich nichts hatte. Nach der Geschenkübergabe einfach wegzurennen, ist eher keine Option. Und wie meine Co-Autorin bereits beschrieben hat, tauchen dann die ganzen Fragen im Kopf auf.
Denn egal wie sehr sie auch beteuert, dass es vollkommen okay ist, wenn ich nichts habe, ist sie insgeheim doch enttäuscht.
Daher sollte man für diesen Fall vielleicht auch einige Sätze oder Back-Up-Pläne im Kopf haben. Besonders glaubwürdig sind Aussagen wie:
"Es tut mir so leid. Das Paket kam leider nicht rechtzeitig an. Ich hoffe, dass ich dir dein Geschenk bald geben kann." Ein Amazon-Prime-Konto ist in diesem Fall goldwert.
Oder sich immer zwei Tickets für Konzerte oder Veranstaltungen schenken zu lassen. Dann hat man direkt jemanden, der einen begleitet und sogar noch Geld gespart. Selbst wenn es nicht ganz ihren Geschmack trifft, kann man die Sache mit Sätzen wie: "Das wird dir sicherlich auch gefallen. Das ist so ähnlich wie...", "Du fandest den einen Song von ihm mega gut" oder "Es ist mal was ganz anderes" einigermaßen retten.
Um alle diese Probleme aber zu umgehen, wäre eine klare und offene Kommunikation wohl die angemessenere Variante. Doch auch das hat Tücken. Meine Eltern erzählen sich schon seit Jahren, dass sie sich nichts zu Weihnachten schenken, nur um am Ende doch wieder mit einem Geschenk voreinander zu stehen.