Du hörst dir das Beziehungsdrama von Menschen an, mit denen du kaum noch Kontakt hast. Du hilfst beim Umzug, obwohl du Rückenschmerzen hast. Und du sagst "Klar, kein Ding!", obwohl du innerlich schreist: "Hell, no!"
Die Diagnose: akutes People Pleasing. Du hast ganz offensichtlich ein überdimensionales Harmoniebedürfnis, gepaart mit chronischem Ja-Sagen.
Falls du dich also fragst, wie du aus dieser Schleife rauskommst – ohne gleich zur unsozialen Zicke zu mutieren: here you go. Vier praktische Schritte, mit denen du aufhörst, es allen recht machen zu wollen.
Niemand wacht morgens auf und denkt: Heute will ich mich selbst mal wieder ignorieren! Dieses Verhalten hat Wurzeln – oft in der Kindheit. Vielleicht hast du früh gelernt, dass Zuneigung mit Anpassung verknüpft ist: Wenn ich brav bin, werde ich geliebt. Wenn ich widerspreche, gibt’s Ärger. Psychologisch nennt man das "konditioniertes Wohlverhalten": Ein Verhaltensmuster, das sich tief eingeprägt hat. Es zu erkennen, ist der erste Schritt zur Veränderung.
"Nein" ist ein vollständiger Satz. Und doch klingt er in deinem Kopf wahrscheinlich wie: Ich kann leider nicht, tut mir voll leid, vielleicht ein andermal, wenn es okay für dich ist ... Dabei ist es absolut legitim, Grenzen zu setzen. Wer nie "Nein" sagt, sagt irgendwann automatisch "Ja" zu Dingen, die unglücklich machen. Übung macht hier den Unterschied: Starte klein. Sag Nein zu etwas Unwichtigem – und beobachte, wie wenig Drama tatsächlich folgt. Die Welt wird nicht untergehen. Dein schlechtes Gewissen wird kurz brüllen – aber dann langsam verstummen.
Einer der Gründe, warum wir uns verbiegen: Wir wollen keine unangenehmen Gefühle bei anderen auslösen. Schweigen? Unzufriedenheit? Enttäuschung? Fühlt sich für viele wie eine persönliche Niederlage an. Dabei ist es genau das Gegenteil: Wenn du aushältst, dass andere dich mal nicht sofort toll finden, bist du auf dem richtigen Weg. Denn: Zustimmung ist keine Währung für deinen Selbstwert. Du musst es nur aushalten, dass dich nicht jede:r mag. Das ist nicht unhöflich – das ist gesund. Menschen mit stabiler Persönlichkeit wissen, dass sie nicht für die Laune anderer verantwortlich sind. Und sie werden paradoxerweise meist gerade deshalb respektiert.
Was bist du dir selbst wert, wenn niemand klatscht? Wenn niemand "Danke" sagt? Wenn du einfach nur du bist – ohne Zusatzleistung? Genau da wird’s spannend. Denn wer seinen Wert nur aus der Reaktion anderer zieht, lebt in ständiger Abhängigkeit. Ein gesundes Selbstwertgefühl entsteht, wenn du dich selbst anerkennst – auch ohne Applaus. Journaling, Therapie oder ehrliche Gespräche mit Menschen, die dich wirklich sehen, helfen dir, das zu trainieren. Und je mehr du dich selbst respektierst, desto weniger wirst du das Bedürfnis verspüren, dich zu verbiegen.
Es allen recht machen zu wollen, ist kein Charakterfehler – sondern ein erlerntes Überlebensmuster. Aber du bist kein Kind mehr. Du darfst heute entscheiden, dich selbst wichtiger zu nehmen. Nicht, weil du egoistisch bist – sondern weil du Verantwortung für dich übernimmst. Und das ist die reifste Form von Selbstliebe.