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Inflation ist so hoch wie vor 70 Jahren – und lässt Deutsche verzweifeln

Young woman buying in supermarket and feeling worried about increase in food prices.
Der Gang in den Supermarkt lässt aktuell viele Menschen verzweifeln.Bild: iStockphoto/getty images/ / Drazen Zigic
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Inflation ist so hoch wie vor 70 Jahren – und macht Sparen immer schwerer

13.10.2022, 19:13
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Die Inflation ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr, wie neuste Daten des Bundesamts für Statistik zeigen. Der Gang in den Supermarkt oder zum Bäcker treibt zahlreiche Menschen aktuell in die Verzweiflung. Größere Anschaffungen fallen für viele Haushalte komplett aus.

Das alltägliche Leben hat sich in Deutschland im September erneut sprunghaft verteuert. Zwar gibt es aktuell weniger Privatpleiten, ein Grund zur Entwarnung ist das aus Expert:innen-Sicht aber nicht.

Immer weniger Menschen können sich Geld zum Sparen beiseite legen

Wegen der finanziellen Zusatzbelastungen bleibt den Menschen nicht mehr viel Raum zum Sparen. Insbesondere die hohen Energiekosten treiben die Preise in die Höhe. Die Folgen: finanzielle Probleme und Verschuldung. So hält etwa die Wirtschaftsauskunftei Crif eine Verschuldungswelle in Deutschland für möglich, auch wenn die Zahl der Privatinsolvenzen in den ersten neun Monaten des Jahres noch gesunken ist.

Doch ein Ende der Preissteigerung ist nicht in Sicht, wie auch neueste Daten bestätigen. Angetrieben von steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen legten die Verbraucherpreise im September gegenüber dem Vorjahresmonat um 10 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag bestätigte.

Ende des 9-Euro-Tickets und des Tankrabatts befeuern sprunghaften Anstieg

Mit ein Grund für den sprunghaften Anstieg ist das Auslaufen mehrerer Entlastungsmaßnahmen, wie Expert:innen glauben: "Das Auslaufen von 9-Euro-Ticket und Tankrabatt haben den Preisauftrieb im September 2022 verstärkt", erläuterte etwa Georg Thiel, Präsident der Wiesbadener Behörde.

Beide Maßnahmen waren bis Ende August befristet und hatten dämpfend auf die Inflation gewirkt. In jenem Monat war noch eine Jahres-Teuerungsrate von 7,9 Prozent verzeichnet worden.

Muenchen, Fahrkartenautomat des MVV. 9 Euro Ticket der DB, Deutsche Bahn *** Munich, MVV ticket machine 9 Euro ticket of DB, Deutsche Bahn
Das 9-Euro-Ticket hat die Inflation vorübergehend etwas ausgebremst.Bild: www.imago-images.de / imago images

In vielen deutschen Haushalten bleibt da am Monatsende nicht mehr viel übrig, wie Umfragen bestätigen. Laut einer YouGov-Umfrage im Auftrag der Postbank legt jeder Zweite (53,9 Prozent) derzeit weniger Geld auf die hohe Kante oder kann gar nichts sparen. "Eine wachsende Zahl Sparerinnen und Sparer verfügen nicht mehr über Mittel, die sie dauerhaft anlegen können", erläuterte Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank für Privat- und Firmenkunden, Ulrich Stephan.

Seit Monaten sind Energie und Lebensmittel die größten Preistreiber. Der russische Angriff auf die Ukraine sowie Lieferengpässe haben die bereits angespannte Lage verschärft. Für Energie mussten Verbraucher:innen im September 43,9 Prozent mehr zahlen als im Jahr zuvor, Nahrungsmittel verteuerten sich um 18,7 Prozent.

Bundesregierung spannt Abwehrschirm gegen die Inflation

Um Verbraucher:innen und Unternehmen wegen der stark steigenden Energiepreise zu unterstützen, hat die Bundesregierung einen Abwehrschirm von bis zu 200 Milliarden Euro angekündigt.

Davon soll auch die geplante Gaspreisbremse finanziert werden. Diese dämpft laut Prognose des Bundeswirtschaftsministeriums den Anstieg der Verbraucherpreise im kommenden Jahr. Die Bundesregierung rechnet mit einer Inflationsrate von durchschnittlich acht Prozent im laufenden Jahr und von sieben Prozent im kommenden Jahr.

Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, Olaf Scholz, SPD-Kanzlerkandidat und geschäftsführender Bundesfinanzministe ...
Die Bundesregierung versucht, die Folgen der Inflation zu dämpfen. Bild: dpa / Michael Kappeler

Der Geschäftsführer der Wirtschaftsauskunftei Crif in Deutschland, Frank Schlein, hält wegen der steigenden Kosten eine Verschuldungswelle in Europas größter Volkswirtschaft für möglich. Auf Dauer führe weniger Einkommen erst in die Überschuldung und dann möglicherweise in die Privatinsolvenz. Die finanzielle Situation vieler Menschen bleibe durch die steigenden Miet- und Energiepreise angespannt. "Gerade für finanz- und einkommensschwache Haushalte wird sich die finanzielle Lage zuspitzen – auch weil die finanziellen Reserven durch Einbußen in der Corona-Pandemie aufgebraucht worden sind", erläuterte Schlein.

Höchste Inflationsraten seit der deutschen Wiedervereinigung

Wirtschaftliche Krisen wirkten sich allerdings verzögert auf die Verbraucher:innen aus. Crif rechnet in diesem Jahr mit 100.000 Privatpleiten in Deutschland, nach 109.031 Fällen im vergangenen Jahr. 2023 sei ein Anstieg auf bis zu 120.000 Insolvenzen möglich.

Inflationsraten auf dem derzeitigen Niveau gab es im wiedervereinigten Deutschland noch nie. In den alten Bundesländern wurden Raten von zehn Prozent und mehr Anfang der 1950er Jahre gemessen. Die Berechnungsmethode änderte sich aber im Laufe der Zeit.

(mit Material von dpa)

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