Dramatische Musik, Bilder und Worte: Auf Tiktok finden sich unter den Hashtags #ampelregierung, #ampelmussweg und #bauerndemo zahlreiche Videos, die auf fesselnde Weise erklären, dass sich das Leben in Deutschland nach dem Gipfel der Bauern-Demo an diesem Montag auf "drastische Weise" verändern könnte, dass Geschichte geschrieben werden könnte.
Eines haben diese Tiktok-Videos dabei alle gemein: Sie kommen aus dem rechten Spektrum der Gesellschaft und rufen dazu auf, die Ampel-Regierung zu Fall zu bringen.
Die Proteste der Landwirt:innen werden unterwandert – von Rechtsextremen und Menschen mit Umsturzfantasien. Zwar habe der Bauernverband sich davon distanziert, aber das reiche längst nicht aus, sagt Robin Bell gegenüber watson. Er ist Referent der Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN). Bell ergänzt:
Auch das zeigt sich deutlich in den Clips auf Tiktok.
Das Problem an dieser rechten Vereinnahmung erläutert Bell wie folgt: Antidemokratische und rechtsextreme Akteur:innen würden sich als "Kümmerer" inszenieren und versuchen, den Diskurs zu kapern und ihre Themen zu platzieren:
Dass die Landwirt:innen trotz allem großen Rückhalt in der Gesellschaft genießen, hängt Bell zufolge mit verschiedenen Gründen zusammen. So würde es viele Menschen geben, die die wirtschaftlichen und psychischen Belastungen der Landwirt:innen nachvollziehen könnten.
Aber es gebe eben auch viele, denen es nicht in erster Linie um die Belange der Landwirt:innen gehe, sondern um die "Ampel und das System".
Querdenker:innen und verschwörungsideologische Spektren, die bereits im vergangenen Jahr versucht hatten, einen Generalstreik zu starten, sehen in den Bauern-Protesten nun eine neue Chance dafür – und rufen zur Teilnahme an den Demonstrationen auf.
Neu ist die rechte Einflussnahme und Verrohrung des Diskurses nicht, auch mit Blick auf den Klimaschutz könne man diese beobachten: "Seit Jahren werden von rechts Maßnahmen gegen den Klimawandel bekämpft und es wird gegen ökologische Transformationsprozesse gefeuert. Das haben wir auch bei der Heizungsdebatte beobachtet", erklärt Bell.
Doch während die Klimaaktivist:innen der Letzten Generation als "Klimaterroristen" bezeichnet werden, erfahren die Landwirt:innen Unterstützung. Watson hat bei Bell nachgefragt, woran das liegen könnte:
Die Landwirt:innen hingegen würde "nur" fordern, dass die Regierung ihre Politik verändere. Bell betont: "Man kann also die Landwirt:innen unterstützen, ohne den eigenen Lebensstil infrage stellen zu müssen und Dinge an sich heranzulassen, wie es bei der Klimakrise der Fall ist."
Die aktuellen Entwicklungen und von Rechtsextremist:innen unterwanderten Proteste knüpfen an die antidemokratischen Proteste der letzten Jahre an, wie Bell erklärt. Deswegen sei es dringend notwendig, dass die demokratische Zivilgesellschaft gestärkt werde, um sich "nachhaltig gegen rechtsextreme Ideologien, Hass und Hetze zu wappnen".