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Ukraine: Welche Folgen Putins Krieg aufs Klima hat – Detail überrascht

01.03.2024, Ukraine, Robotyne: Ein ukrainischer Soldat bereitet eine Drohne für den Start an der Frontlinie im Dorf Robotyne in der Region Saporischschja vor. Foto: Andriy Andriyenko/AP +++ dpa-Bildfu ...
Der Ukraine-Krieg hat nicht schlimme Folgen für die Menschen vor Ort, sondern auch für das Weltklima.Bild: AP / Andriy Andriyenko
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Ukraine: So stark trägt Putins Angriffskrieg zur Erderhitzung bei

14.03.2024, 15:25
Mehr «Nachhaltigkeit»

Wer an den Angriffskrieg des russischen Machthabers Wladimir Putins auf die Ukraine denkt, hat meist ähnliche Bilder im Kopf: verängstigte Menschen, zerstörte Ortschaften, Soldat:innen und Panzer. Über zwei Jahre dauert die Invasion nun an.

Doch was dabei oft in Vergessenheit gerät: Durch Kampfhandlungen, Feuer, Zerstörung und der Wiederaufbau wird auch der CO2-Ausstoß in die Höhe katapultiert. Mit gravierenden Folgen für das Weltklima.

Verheerende Klima-Bilanz von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine

Seit Beginn des Krieges vor zwei Jahren wurden so rund 180 bis 200 Millionen Tonnen CO2-Emissionen zusätzlich ausgestoßen. Das ukrainische Ministerium für Umweltschutz und natürliche Ressourcen rechnet mit 150 Millionen Tonnen.

Das ist mehr, als ganz Belgien in einem Jahr an Emissionen ausstößt und rund ein Fünftel dessen, was Deutschland produziert. Das geht aus einer Studie hervor, die jüngst im "Journal of Occupational Medicine and Toxicology" erschienen ist.

SUMY, UKRAINE - MARCH 13, 2023 - An invincibility point set up near the site of a Russian drone strike on a five-story residential building to keep people warm and provide all the daily needs of local ...
Menschen finden Schutz und Zuflucht vor Angriffen russischer Soldaten.Bild: IMAGO/Ukrinform

Diese Auswirkungen auf das weltweite Klima fallen bei der Berichterstattung über den Krieg meist hinten runter.

Klimaforscher und Hauptautor der halbjährlich erscheinenden Studie "Climate Damage Caused by Russia's War in Ukraine", Lennard de Klerk, will das ändern. Gemeinsam einem Team internationaler Forschender schlüsselt er darin die Klimaschäden und Treibhausgasemissionen des Krieges auf. Das berichtet "Table.Media".

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Wiederaufbau der Ukraine nach Krieg ist klimaschädlicher als der Krieg selbst

Der Studie zufolge geht der enorme Ausstoß an Emissionen zum einen auf die unmittelbare Kriegsführung zurück, zum anderen aber auch aus den daraus resultierenden Folgen. Gegenüber "Table.Briefings" erklärte Klimawissenschaftler De Klerk:

"Panzer, Fahrzeuge und Flieger verursachen zwar Emissionen, aber machen schlussendlich nur ein Viertel des Gesamtausstoßes aus."

Einen großen Einfluss darauf hätten beispielsweise auch Feuer nahe der Frontlinie, die immerhin für 15 Prozent der Kriegs-Emissionen sorgen. Das meiste CO2 aber werde nicht durch den Krieg selbst produziert, sondern erst im Anschluss: Dann nämlich, wenn die zerstörten Städte und Gebäude nach und nach wieder aufgebaut werden müssen.

ARCHIV - 17.03.2023, Ukraine, Awdijiwka: Dieses von der Nachrichtenagentur AP am 21.03.2023 zur Verfügung gestellte Foto zeigt einen ukrainischen Polizisten, der vor einem brennenden Gebäude in Deckun ...
Der Krieg zerstört Gebäude und ganze Städte.Bild: AP / Evgeniy Maloletka

Der Wiederaufbau von Wohnhäusern, Industrie, Transportsystemen, Straßen und Energie- und Landwirtschaftssystemen macht rund 55 Prozent der Kriegs-Emissionen aus. Deutlich mehr also, als die Kampfhandlungen selbst. Das liegt vor allem daran, dass für die Herstellung von Zement, Stahl und den Transport von Baustoffen riesige Mengen an Treibhausgasen ausgestoßen werden.

Aber es gibt auch weitere, weniger ersichtliche Faktoren, die zu dem erhöhten CO2-Ausstoß beitragen: So mussten Flüge umgeleitet werden, nachdem der sibirische und ukrainische Luftraum für den kommerziellen Flugverkehr gesperrt wurde. Die Folge: Weil die Flugrouten länger und weniger effizient waren, stieg auch der Treibhausgasausstoß dieser – um ganze zwölf Prozent.

Auch die Sabotage an den Erdgaspipelines Nord Stream 1 und 2 im September 2022 bezog das Forscher:innen-Team mit in seine Berechnungen ein. Demnach machten die Folgen des Lecks weitere zehn Prozent der Emissionen aus.

Klimaschutz hilft, künftige Kriege und Konflikte zu verhindern

Klar ist aber seit Langem: Kriege, Konflikte und die damit einhergehende Aufrüstung diverser Länder führen zu einem enormen Anstieg des CO2-Ausstoßes. De Klerk ergänzte gegenüber "Table.Briefing": "Und sie verhindern, dass ein Land sich auf eine wirkungsvolle Klimapolitik konzentrieren kann."

Allerdings ist dieses Schicksal nicht vorgezeichnet. Schon wenige Wochen nach Beginn des Ukraine-Kriegs betonte Lutz Weischer, Leiter des Berliner Büros von Germanwatch, gegenüber watson:

"Die beste Vorbeugung gegen die konfliktverschärfende Wirkung der Klimakrise ist mehr Klimaschutz."

Denn jedes zehntel Grad weniger führe auch zu weniger Konflikten. Um diese in Zukunft zu vermeiden, stünden reiche Industrienationen wie Deutschland in der Pflicht, die internationale Klimafinanzierung zu erhöhen und so einen "globalen Schutzschirm" gegen die Folgen der Klimakrise aufzuspannen.

Gegen den Krieg in der Ukraine wird das nicht helfen. Aber gegen schwelende Verteilungskriege, die aufgrund immer größerer Wasser- und Lebensmittelknappheiten anstehen.

Klimahilfen: Großbritannien soll bei Umweltausgaben betrogen haben

Das Jahr 2015 war ein historisches für den Klimaschutz: Auf der Pariser Klimakonferenz einigten sich die Vereinten Nationen verbindlich darauf, die Erderwärmung deutlich zu begrenzen. Alle Staaten sollten sich bemühen, den Temperaturanstieg unter 1,5 Grad Celsius zu halten, um den Klimawandel in den Griff zu bekommen.

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