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"Aktenzeichen XY": Neue Details zum Mordfall Sonja Engelbrecht

ARCHIV - 30.03.2022, Bayern, Gr
Ein Waldarbeiter hatte Sonja Engelbrechts Oberschenkelknochen in einem Wald bei Kipfenberg gefunden.Bild: dpa / Peter Kneffel
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"Aktenzeichen XY": Konkrete Hinweise zum Mordfall Sonja Engelbrecht

03.03.2023, 17:37
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Fast 28 Jahre ist es her, dass die Schülerin Sonja Engelbrecht von einem Bar-Abend nicht mehr nach Hause zurückkehrte. Am frühen Morgen des 11. April 1995 ist die damals 19-Jährige zunächst spurlos verschwunden. Erst 25 Jahre später stellte sich heraus: Die junge Frau aus Bayern war einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen. Ein Waldarbeiter hatte ihren Oberschenkelknochen in einem Wald bei Kipfenberg, mehr als 100 Kilometer von München entfernt, gefunden.

Bis heute konnte der Fall nicht geklärt werden. Die Ermittler sehen nur noch eine letzte Chance: die erneute öffentliche Aufmerksamkeit und die Hoffnung auf Hinweise. So wurde der Fall diese Woche in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY" ausgestrahlt. In der "Cold Case"-Sonderausgabe der Sendereihe richtete sich der Münchner Kriminalhauptkommissar Roland Baader am Mittwochabend an die Zuschauenden:

"Tatsächlich haben wir heute vielleicht die letzte Möglichkeit, diesen Fall Sonja Engelbrecht zu klären."

Zuvor ist der Fall in der Sendung filmisch rekonstruiert worden.

Sonja Engelbrecht wurde nur 19 Jahre alt.
Sonja Engelbrecht wurde nur 19 Jahre alt.Bild: Kripo München

Tatsächlich meldeten sich bereits während der Ausstrahlung zahlreiche Menschen. Doch auch danach gingen Hinweise ein, wie der Polizeihauptkommissar des Münchner Polizeipräsidiums gegenüber watson bestätigte. Dies könnte die Ermittelnden durchaus weiterbringen.

Neue Hinweise zum Mordfall Sonja Engelbrecht

Der Fall bewegt das Publikum offenbar sehr. Bereits während der Sendung berichtete der ehemalige Landeskriminalamt-Beamte Alfred Hettmer von rund 50 Hinweisen. Die Telefonleitung (die Nummer 089/29100 war eingeblendet) sei "restlos überlastet" gewesen. Bis zum Freitagmorgen seien bereits über 160 Hinweise eingegangen, wie der Münchner Polizeihauptkommissar Sven Müller gegenüber watson bestätigt. "Die Hinweise beziehen sich zum Teil auf die Decke", sagt er.

"Die Decke" – damit meint der Ermittler die markante blau-schwarze Kunstfaserdecke, deren Reste die Ermittelnden am Fundort der toten Sonja Engelbrecht gefunden hatten. Vor allem Hinweise zu Vertriebswegen und möglichem Hersteller des Textils gingen ein. Kriminalhauptkommissar Baader hat in der Sendung darum gebeten, eine solche Decke zu Vergleichszwecken zur Verfügung zu stellen. Wer eine solche Decke besitze, solle sich melden.

Am Fundort der Leiche fand die Spurensicherung Reste einer blau-schwarzen Kunstfaserdecke.
Am Fundort der Leiche fand die Spurensicherung Reste einer blau-schwarzen Kunstfaserdecke.Bild: Kripo München

"Aktenzeichen XY": Zur Klärung des Falls reicht wohl der richtige Name

Was den Zuschauenden und der Familie besonders große Hoffnung machen dürfte, ist ein Ermittlungsdetail, das bisher nur vermutet werden konnte: Baader bestätigte, dass es eine "DNA-Spurenlage" gebe. Deshalb die Aufforderung, sich selbst bei einem "vagen Verdacht" gegen eine Person bei der Kripo zu melden. Brisant, wenn man bedenkt, dass also höchstwahrscheinlich nur der richtige Name zu den Ermittelnden dringen muss, um den Fall zu lösen.

Die Baumaschinen-Messe Bauma könnte einen Hinweis auf die Identität des Täters liefern. In den Tagen vor dem Verschwinden des Opfers fand diese in München auf der Theresienwiese statt. In der Felsspalte am Fundort waren Plastikfolien, Müllsäcke und Klebestreifen gefunden worden, an denen Malerfarbe nachgewiesen werden konnte. Eine wichtige Spur.

Aufhorchen ließ auch die Information, wonach der Täter "wahrscheinlich danach die Örtlichkeit aufgesucht" habe. Es gibt also wohl Hinweise auf eine Rückkehr des Täters zum Fundort der Leiche. Welche Indizien das sind, verriet die Münchner Polizei am Donnerstag laut "Süddeutsche Zeitung" nicht.

Es gibt Parallelen zum Mordfall einer Freiburger Studentin Eva Götz. Auch sie wurde entführt, missbraucht und getötet, die Leiche anschließend im Wald abgelegt. Und: Auch damals fand im Januar 1997 eine Industriemesse statt, wie bei Sonja Engelbrecht in den Tagen vor der Tat. Ihr Verschwinden war Thema bei einer Sendung von "Aktenzeichen XY" im Januar.

"Aktenzeichen XY" bringt konkrete örtliche Hinweise

Der Fundort der Getöteten war außerdem ein "spezieller", wie es aus Ermittlerkreisen heißt. Ein großer Anhaltspunkt auf die Identität des möglichen Täters. Die Skelettreste der jungen Frau waren so versteckt, dass Baader und die anderen Ermittelnden überzeugt sind: Der Täter muss die Wälder um Kipfenberg besonders gut kennen. Umso brisanter, dass hier die Sendung "Aktenzeichen XY" entscheidende Hinweise gebracht haben könnte.

Wie Hauptkommissar Müller gegenüber watson bestätigt, sind auch neue "Hinweise mit einem Ortsbezug zu Kipfenberg" eingegangen. Aus ermittlungstaktischen Gründen möchte Müller diese Information nicht weiter konkretisieren. Doch er versichert: "Alle Hinweise werden jetzt routinemäßig von der Kriminalpolizei bearbeitet."

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Anrufende machten die Polizei noch am Mittwochabend laut ZDF sogar auf mögliche Tatverdächtige aufmerksam: "Auch konkrete Namen wurden genannt."

Kneipenabend endete für Sonja im Tod

Ob die Hinweise entscheidend für die Klärung des Falls sein könnten, ist noch nicht bekannt. Doch 28 Jahre nach dem Verschwinden der Münchnerin besteht wieder Hoffnung. Damals hatte Sonja Engelbrecht den Abend mit einem Freund unter anderem in der Kneipe "Zum Vollmond" in der Münchner Schleißheimer Straße verbracht. Er gab an, sie zuletzt um 2.25 Uhr in einer Telefonzelle am Stiglmaierplatz gesehen zu haben. Sie hatte demnach ihre Familie anrufen wollen, um sich abholen zu lassen.

Doch der Anruf erfolgte nicht. Und die Spuren verliefen ins Leere. Bis ein Waldarbeiter im Sommer 2020 in dem Wald bei Kipfenberg einen menschlichen Oberschenkelknochen entdeckte.

Für Hinweise, die zur Aufklärung des Verbrechens führen, ist eine Belohnung in Höhe von 10.000 Euro ausgesetzt.

Hinweise an: Kripo München, Telefon: 089 / 29 100

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