Für Nico Schlotterbeck war das vergangene Jahr eine Achterbahnfahrt der Gefühle. In der ersten Jahreshälfte legte er mit seinem Ex-Klub SC Freiburg eine überragende Rückrunde hin, die für die Breisgauer auf dem sechsten Tabellenplatz und im DFB-Pokalfinale endete. Im Endspiel musste der SC dann jedoch im Elfmeterschießen gegen RB Leipzig die Segel streichen.
Im Sommer folgte für Schlotterbeck schließlich der erste große Wechsel seiner Karriere: Borussia Dortmund sicherte sich für eine Ablöse von 20 Millionen Euro die Dienste des spielstarken Linksfußes. Die erste Saisonhälfte mit dem BVB verlief allerdings durchwachsen: Immer wieder patzte der 23-Jährige, und auch die Team-Performance stimmte oft nicht.
Zu allem Überfluss war Schlotterbeck dann auch beim unrühmlichen WM-Aus der deutschen Nationalmannschaft in Katar einer der Protagonisten: Das entscheidende Gegentor bei der 1:2-Auftaktniederlage gegen Japan ging aus Sicht vieler Fans eindeutig auf seine Kappe.
Nach dem enttäuschenden Wüstenturnier, bei dem die DFB-Elf nicht über die Vorrunde herausgekommen ist, habe er "erstmal Urlaub" gebraucht, erzählte Schlotterbeck jetzt im Interview mit "Kicker". Mit guten Vorsätzen sei er dann fokussiert ins neue Jahr gestartet – mit nachweislich großem Erfolg.
Die Dortmunder legten eine Siegesserie von zehn Spielen hin, die sie an die Tabellenspitze der Bundesliga geführt hat. Während der Länderspielpause grüßt der BVB jetzt also vom Platz an der Sonne. Pünktlich zu Schlotterbecks DFB-Rückkehr: Der Dortmunder wurde von Hansi Flick für die anstehenden Freundschaftsspiele gegen Peru und Belgien nominiert.
In dem Interview hat der Innenverteidiger einen überraschenden Grund für seine Leistungsexplosion offenbart.
"Dass mein Bruder [Keven, Anm. d. Red.] seit dem Winter in Bochum spielt und dadurch wieder bei mir in der Nähe ist, spielt sicher auch eine Rolle. In ihm habe ich einen Anker", sagt Nico Schlotterbeck. Zeit mit seinem zwei Jahre älteren Bruder, der auf Leihbasis beim VfL Bochum spielt, zu verbringen, helfe ihm sehr dabei, abzuschalten.
Schon als er in der U15 der Stuttgarter Kickers gespielt hat, habe ihm der familiäre Rückhalt aus einem Leistungstief geholfen, offenbart der gebürtige Waiblinger. "Meine Eltern und auch mein Bruder Keven, die mich immer unterstützen, haben mich damals oft aufbauen müssen. Und wie damals habe ich auch jetzt wieder Rat bei ihnen gesucht", erzählt Schlotterbeck.
Selbstkritisch räumt er aber auch eigene Fehler ein. "Ich hätte vielleicht ein paar Interviews weniger geben und mich mehr auf mein Spiel konzentrieren sollen", sagt Schlotterbeck rückblickend. Denn wenn die Leistung nicht stimme, würden einem "forschere Aussagen" öfter mal um die Ohren fliegen. "Ich habe gelernt, demütiger zu sein und weniger zu reden. Aber das Extrovertierte gehört andererseits auch zu mir", sagt Schlotterbeck.