Die meisten Fußball-Fans äußerten sich am Wochenende in den Stadien gegen den Einstieg eines Investors bei der DFL.Bild: imago images / Dennis Ewert
Bundesliga
In seiner wöchentlichen Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.
Die Bundesliga hat ein neues Schreckgespenst: Wieder einmal geht es um einen Investor und die daran gebundene Sorge vor dem Ausverkauf des wertebasierten und volksnahen Fußballs. Wir kennen die Debatten seit vielen Jahren und wissen, wie viel Langeweile durch ungerechte Geldverteilung im Kampf um die Meisterschaft produziert wird.
Außerdem ist uns am Beispiel vieler Investoreneinstiege bei einzelnen Klubs (z.B. Hertha BSC) bekannt, dass Geld auch genau das Gegenteil von Erfolg und "gutem" Fußball mit sich bringen kann. Es gibt also viele Gründe vorsichtig zu sein, wenn Fußballbosse Investoren ins Boot holen wollen.
Fan-Forscher Harald Lange.Bild: Uni Würzburg
Über den Autor
Harald Lange ist seit 2009 Professor für Sportwissenschaft an der Universität Würzburg. Er leitet den Projektzusammenhang "Fan- und Fußballforschung" und gilt als einer der bekanntesten Sportforscher in Deutschland. Der 55-Jährige schreibt und spricht täglich über Fußball, auch in seinem Seminar "Welchen Fußball wollen wir?"
Ich frage deshalb: Wem nutzt das viele Geld? Mit Blick auf denkbare Antworten ist eine gesunde Skepsis angeraten! Schließlich handelt es sich diesmal um einen Investoreneinstieg im ganz großen Stil. Die Weichenstellungen, die die aktuelle Interimsführung der DFL in Frankfurt gerade vornehmen will, werden massive Auswirkungen auf den kompletten Spielbetrieb der ersten und zweiten Bundesliga haben.
Die mächtigen DFL-Bosse möchten den deutschen Profifußball an einen Milliardenschweren Investor binden und sind bereit, im Gegenzug 10 bis 15 Prozent der Rechte (und Einnahmen) einer neu zu gründenden Tochterfirma für die kommenden 20 bis 30 Jahre zu verkaufen. Zu einem verlockenden Preis: Von 2 bis 3 Milliarden Euro ist die Rede!
Vielen Fußballmanagern leuchten bereits heute die Augen, denn man erwartet, vor allem beim Einstieg so genannter "Private Equity Gesellschaften" eine gigantische Geldspritze, die einige Klubs und deren Angehörigen so richtig reich machen wird. Wer also bislang glaubte, der Profifußball sei längst dekadent und überbezahlt, wird in den kommenden Monaten und Jahren eines Besseren belehrt werden. Schließlich muss die viele Kohle ja auch ausgegeben werden und wir alle dürfen "dreimal raten", in welchen Taschen sie verschwinden wird.
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Wie so oft hat auch die aktuelle Goldgräberstimmung einen Haken: Schließlich geben Investoren ihr Geld nicht aus Liebe zum Spiel her. Im Gegenteil, sie stellen die Milliarden nur aus einem einzigen Grund zur Verfügung: Sie erwarten einen "return of invest" und wollen im Laufe der Jahre kräftig mitverdienen.
"Deshalb geht es in der aktuellen Debatte zur Zukunft des Fußballs ausschließlich ums Geld. Ideen zu strukturellen Reformen und inhaltlichen Projekten fehlen komplett."
Harald Lange über die Investorenpläne der DFL.
Deshalb dürfen wir davon ausgehen, dass die Geldgeber auch mit am Tisch sitzen werden, wenn die Liga ihr neues Profil entwickelt, um als Unterhaltungsprodukt auf den internationalen TV-Märkten angenommen zu werden. Alles andere wäre aus unternehmerischer Sicht ja auch naiv. Ebenso leichtgläubig wie uns die Rhetorik der verantwortlichen DFL-Bosse vorgaukeln will, dass die Investoren lediglich Geld zur Verfügung stellen und keinen Einfluss nehmen würden.
Der Chef des DFL-Aufsichtsrates, Hans Joachim Watzke, geht sogar noch weiter und schürt regelrechte Angst dahingehend, dass die Bundesliga ohne den Einstieg eines starken Investors in den kommenden Jahren auf das Niveau der nationalen Ligen von Holland oder Portugal zurückfallen werde.
Deshalb braucht die Bundesliga zeitnah eine erste Geldspritze von bis zu 700 Millionen Euro! Wir erkennen spätestens an dieser Stelle ein alt bekanntes Muster: Nirgends wird Geld so schnell verbrannt wie im professionellen Fußball. Für nachhaltiges Wirtschaften ist in diesem Geschäft schlichtweg kein Platz. Deshalb geht es in der aktuellen Debatte zur Zukunft des Fußballs ausschließlich ums Geld. Ideen zu strukturellen Reformen und inhaltlichen Projekten fehlen komplett.
BVB-Boss und DFL-Aufsichtsrat Hans-Joachim Watzke setzt sich für einen Bundesliga-Investor ein.Bild: dpa / David Inderlied
Anstatt danach zu fragen was die Bundesliga von den Konkurrenzprodukten in England, Italien oder Spanien unterscheiden soll und deshalb als Vorteil bei der internationalen Vermarktung greifen könnte, wird ausschließlich darauf gesetzt einfach noch mehr Geld in ein marodes System zu stecken.
Wem nutzt das kurzzeitige Anheizen der seit vielen Jahren laufenden Geldverbrennungsmaschine? Ablösesummen, Spieler- und Managergehälter, Provisionen und Handgelder werden in den Monaten nach der Geldspritze explodieren und die ohnehin bestehende Unausgeglichenheit zwischen einigen wenigen Top-Klubs und den vielen anderen Vereinen weiter vergrößern. Das war‘s, und nach wenigen Jahren stehen wir – wirtschaftlich gesehen – an der gleichen Stelle wie heute. Dann müssen wir den Bossen erneut zuhören, wenn sie nach neuem Geld rufen.
"Mich haben diese vielen Nebelkerzen bereits damals nicht überzeugt."
Harald Lange über die angebliche Demut des Profi-Fußballs in der Corona-Zeit.
Übrigens: Genauso haben sie es vor nicht einmal drei Jahren zu Beginn der Corona-Krise gemacht. Damals sprach man mit Blick auf die Wirtschaftsleistung des Profifußballs despektierlich von einem "Rattenrennen", das man beenden wollte. Im Lichte der Geisterspiele und der Abwendung der Fans war plötzlich sogar von Demut die Rede.
Die DFL richtete sogar eine Task Force ein, die uns eine neue Zukunft des Fußballs bescheren sollte. Mich haben diese vielen Nebelkerzen bereits damals nicht überzeugt. Genauso wenig wie die naive Idee, dass die Zukunft des Profifußballs in Deutschland vom Einstieg einer Private Equity Firma abhängen könnte. Ich meine die Aufgaben zur Sicherung der Zukunft des Fußballs liegen ganz woanders!
Die Hoffnungen waren im Sommer auf beiden Seiten groß. Es sollte eine Win-win-Situation werden. Der FC Bayern kann einem verheißungsvollen Talent die nötige Spielpraxis geben und der VfB Stuttgart sah ein "sehr interessantes Profil", wie es Sportchef Fabian Wohlgemuth nannte.