Als wir in den letzten Jahren die anstehende Fußball-Weltmeisterschaft im Wüstenstaat Katar wegen der klimatischen Bedingungen, der nicht vorhandenen Fußballtradition und der eilig aus dem Boden gestampften Infrastruktur kritisiert haben, wussten wir noch nicht, dass das Ende der Fahnenstange längst noch nicht erreicht ist.
Es geht noch gigantischer, skurriler und verrückter: In sieben Jahren werden die asiatischen Winterspiele in Saudi-Arabien stattfinden! Die Entscheidung wurde vergangene Woche auf der 41. Generalversammlung des asiatischen Olympia-Komitees in Phnom Penh/ Kambodscha getroffen.
In Saudi-Arabien gibt es weder Skipisten, Bobbahnen, Loipen noch Eishockeystadien. Es gibt noch nicht einmal Schnee und Eis in diesem Land. Immerhin gab es bislang einen Starter bei Olympischen Winterspielen: Vor wenigen Monaten erreichte der alpine Skiläufer Fayik Abdi bei den Winterspielen in Peking den 44. Platz unter 91 Teilnehmern im Riesenslalom. Das wars.
Abdi ist 1997 in San Diego/ Kalifornien geboren und kam über seine Mutter zum Skifahren. Später trainierte er in der Schweiz und ist das Aushängeschild des saudischen Wintersports. In den Arab News kündigte er im Februar dieses Jahres große Ziele für die nächsten Olympischen Winterspiele an (2026 in Italien) und wird aktuell mit dem Satz zitiert, dass er es sich bislang nie hätte vorstellen können, jemals in Saudi-Arabien Ski zu fahren.
Diese Einschätzung wird in den kommenden Jahren von der Realität überholt werden, denn in der saudischen Bergregion Trojena – 50 Kilometer von der Küste des Golfs von Aqaba am Rotem Meer entfernt – entsteht tatsächlich ein Skigebiet. Immerhin ist es dort zuweilen kalt, manchmal auch unter dem Gefrierpunkt. Und weil es dort nicht schneit, müssen Schnee und Eis künstlich hergestellt werden.
Das Königshaus wird also in den kommenden Jahren eine Menge Geld in die Hand nehmen und ein gigantisches Bauprojekt vorantreiben. Dabei gilt die Zusage, dass der immense Energieaufwand für das Wintersportgebiet zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien bereitgestellt werden soll. So etwas nenne ich nachhaltig und enorm ehrgeizig!
Das ambitionierte Projekt folgt einem ebenso ehrgeizigen Plan, denn Trojena soll Teil der geplanten Megastadt Neom am Roten Meer werden. Dort entsteht auf einer Fläche von 26.500 Quadratkilometern eine Stadt, die alle anderen Metropolen der Golfregion in den Schatten stellen könnte. Nicht nur, was die Fläche betrifft. Neom wird größer als das Bundesland Hessen (21.116 Quadratkilometer) und verspricht mit den geplanten Freizeit-, Erlebnis-, Wellness- und Sportangeboten Lebensqualität, die Menschen weltweit anziehen wird.
Deshalb hat bereits der Zuschlag zur Ausrichtung dieser Winterspiele für die Initiatoren etwas erreicht, was selbst deren aufwändige PR allein nicht schaffen konnte: weltweite Aufmerksamkeit.
Genau darum geht es. Kein anderer Kultur- und Lebensbereich eignet sich besser als der Sport für nationale PR. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir in den kommenden Monaten regelmäßig Neuigkeiten aus Neom und Trojena erfahren werden und der Sport jedes Mal der Aufhänger sein wird.
Deshalb wird die Vergabe der asiatischen Winterspiele an Saudi-Arabien nur der Auftakt für die sportbezogene PR dieser Region an der Grenze zu Israel und Ägypten sein. Wenn die verantwortlichen Planer Investoren, Gäste, kluge Köpfe und internationale Unternehmen nach Neom locken wollen, wird dies zuallererst mithilfe des Sports geschehen. Wir werden deshalb in den kommenden Jahren die Vergabe vieler weiterer sportliche Mega Events nach Saudi-Arabien erleben.
Egal ob wir das gut oder schlecht finden. Fakt ist: Dadurch wird dieses gigantische Bauprojekt bekannt.