Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat seine erste WM-Blamage noch ehe das Turnier in Russland angefangen hat. Aufgedeckt hat den Skandal kein großes Magazin, kein Rechercheverbund und auch kein Wiki-Leaks, sondern: die Mühlezeitung, eine Schülerzeitung in Baden-Württemberg. Sie lüftete das Geheimnis um den endgültigen WM-Kader. Und schon droht Ärger.
Nie gehört? Macht nichts. Die Mühlezeitung ist die Schülerzeitung der Förderschule Haslachmühle im baden-württembischen Horgenzell.
Die Redaktion ist emsig. Sie berichtet unter der Rubrik "Nachrichten" über Unwetter, Zugunglücke, Gravitationswellen und Trainerwechsel.
Und weil die Schule ein Zentrum für Gebärdensprache hat, berichtet die Schülerzeitung eben auch über Fußball in Gebärdensprache.
In Zusammenarbeit mit dem DFB, der Aktion Mensch und dem Dachverband Deutscher DEAF Fanclubs e.V. (DDDF) hat die Redaktion ein Poster mit den 23-Spielern erstellt, die Auswahltrainer Joachim Löw mit nach Russland nimmt.
Einzige Bedingung: Auslieferung am 4. Juni, dem Tag, an dem Löw sein WM-Kader bekannt gibt.
Viel war gerätselt worden, über Löws endgültiges Team, seit er Mitte Mai seinen erweiterten Kader nominiert hatte.
Streichkandidat ist das unschöne Wort, das seither das Land bewegt.
Und so wird über die Frage nach den Streichkanidaten ungefähr so intensiv diskutiert, wie über die K-Frage: Kann Von der Leyen Kanzlerin? Oder die K-K-Frage: Kann Andrea Nahles Kanzlerinnen-Kandiat?
Nun kennt Deutschland auch die S-K-Frage: die Streich-Kandidaten-Frage. Gelöst hat Deutschlands dringlichste Frage des WM Sommers nun das Team der Mühlezeitung.
Sie stellte den in Zusammenarbeit mit dem DFB erstellten endgültigen Kader schon mal ins Netz.
Auf dem Poster fehlen:
Und da das ganze Projekt nun einmal mit dem DFB entwickelt wurde, glauben jetzt viele, das sei sie: Joachims Löws Auswahl für Russland.
Gerade hat der DFB den Skandal um das Treffen der deutschen Nationalspieler Ilkay Gündogan und Mesut Özil mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan verarbeitet.
Nun ist der Skandal mit dem WM-Kader in der Welt. Und der DFB musste sich am Donnerstag mit M-Leaks befassen: dem Mühlenzeitungs-Leaks.
Teammanager Oliver Bierhoff musste sich kritischen Fragen stellen lassem. "Das muss eine Panne sein", antwortete er. Und:
Und dann versprach er: Aufklärung! Die 23 Spieler seien eine Auswahl der Schülerzeitung gewesen, mehr nicht.
So lange der Ball nicht endlich rollt, muss nun einmal Drama her, so scheint es. Das Land kennt das.
Es ist also noch nichts verloren für das Land. Die Aufregung gehört zur Vorbereitung auf ein großes Turnier.
(per)