Mit Kay Bernstein verliert der Profifußball in Deutschland einen Präsidenten, der den Mut hatte, einen anderen Weg in die Zukunft des Fußballs zu gehen. Mit konkreten Entscheidungen, Taten und Initiativen, die den Gepflogenheiten des gierigen Geldfußballs diametral entgegenstanden.
Geschichte, Tradition, Werte und Nachhaltigkeit waren in seinem Konzept Schrittmacher für die Idee eines Fußballs, der allen Menschen in der Stadt gehören soll. Und deshalb weitaus mehr sein kann, als uns der abgehobene und unredliche Geldfußball im Rahmen einer flachen Unterhaltungsindustrie tagtäglich verspricht.
Und das Beste: Er hatte mit seinem krassen Gegenkonzept Erfolg. Die sportlich desolate und kaputt gekaufte Hertha bog in dieser Saison geradlinig in die Spur einer realistischen und erfolgversprechenden Zukunft ein. Der Klub steht beim DFB-Pokal im Viertelfinale und belegt in der Zweitligatabelle nach 17 Spielen den aussichtsreichen siebten Platz mit nur sechs Punkten Rückstand auf einen Aufstiegsplatz.
Bernstein holte Pál Dárdai als Chefcoach zurück, der mit seinen drei Söhnen Márton, Palko und Bence und vielen weiteren bodenständigen Spielern ein ganz neues Profiteam formte. Die überteuerten Legionäre, die von vielen Beratern und Experten zusammengewürfelt und konzeptlos aufgekauft wurden, spielen jetzt woanders.
Hertha BSC hat es unter der Führung von Kay Bernstein geschafft, Bodenhaftung, Volksnähe und die Idee eines wahrhaften Fußballs in eine Mannschaft und eine dazu passende Spielphilosophie zu übertragen. Auch über das Atmosphärische und Sportliche hinausgehend wurde unter Bernsteins Führung im wirtschaftlichen Bereich gepunktet.
In einer finanziell gesehen vollends aussichtslosen Lage war es ihm gelungen, neue Geldgeber für ein kleineres Budget zu finden. Dank eines wirtschaftlichen Neuanfangs, zu dem auch harte Einschnitte und Sparauflagen zählten, war es Bernstein deshalb gelungen, die Lizenz für die 2. Bundesliga zu bekommen.
Während das Establishment des Geldfußballs skeptisch auf Bernstein, seine Reformidee und Führung herunterblickte, versammelten sich Fans, Sponsoren und Vereinsmitglieder als starke Gemeinschaft hinter der neuen Hertha.
Nach den Chaosjahren der Regentschaft des Investors, seiner Berater und der verbrannten Millionen zog ein neuer Geist in den Klub ein. Haltung, Zuversicht und Gemeinschaftsgefühl waren wichtiger als Geld und Titel. Deshalb stieg beispielsweise auch die Zahl der Vereinsmitglieder in der Amtszeit von Kay Bernstein stark an.
Selbst im Jahr des Abstiegs aus der 1. Bundesliga ging es in der Mitgliederstatistik steil bergauf. Im Mai 2023 war man bereits bei 46.000 Mitgliedern angelangt. Ein halbes Jahr später durchbrach der Verein die 50.000-Schallmauer und zählt fortan zu den 15 mitgliederstärksten Fußballklubs in Deutschland.
Der Fußball verliert mit Kay Bernstein einen wirklich großen und mutigen Visionär. Ein Vorbild für die Steuerung und Gestaltung des Spitzenfußballs in Deutschland. Dank seines Beispiels wissen wir, dass auch im harten Bundesligageschäft ganz andere Modelle möglich sind.
Diese Einsicht tut gut, denn die neu geformte Hertha zeigt der Fußballwelt, dass wir den Fußball nicht nur anders denken, sondern auch anders machen können: basisorientiert, nachhaltig, gemeinschaftlich und wertbezogen.
Durch den Vereinspräsidenten Kay Bernstein hat der Bundesligafußball eine vollends neue Perspektive bekommen. Die altbekannten Netzwerke und Machenschaften des Geldfußballs haben durch das Beispiel der Hertha Konkurrenz erhalten und es bleibt zu hoffen, dass das Wirken Kay Bernsteins Mut und Schule machen wird: Traut euch, packt an und wählt in den Klubs der Bundesliga eure Präsidenten. Männer und Frauen, denen ihr zutraut, dass sie eure Ideen, Visionen und Wünsche nicht nur in Feiertagsreden aufgreifen, sondern auch umsetzen können.