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Nach Skandal um Samra: Universal will Überprüfung vor Veröffentlichung verschärfen

Rapper Samra wird der Vergewaltigung beschuldigt.
Der Rapper Samra unterschrieb 2019 einen Vertrag bei Universal Urban.Bild: samra/instagram
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Schwere Vorwürfe gegen Rapper Samra: Markenexperte überzeugt, dass Universal Glaubwürdigkeit eingebüßt hat – Label will interne Prozesse anpassen

25.06.2021, 18:0328.06.2021, 16:30
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In den vergangenen Tagen wurden schwere Vorwürfe gegen den Rapper Samra laut: Die Influencerin Nika Irani beschuldigte den Künstler, sie vergewaltigt zu haben. Im Zuge dessen bildete sich der Hashtag #deutschrapmetoo, unter dem zahlreiche weitere Frauen ähnliche Erlebnisse mit Samra und weiteren Rappern schildern.

Eine Reaktion seitens Samra ließ zunächst auf sich warten und auch sein Label Universal Music veröffentlichte auf Instagram erstmal ein allgemeines Statement: "Universal Music verurteilt auf das Schärfste jede Form von Gewalt. Wir stehen für eine offene, tolerante, vielfältige und friedliche Gesellschaft und begegnen allen Menschen ohne Vorurteile und mit Respekt", hieß es darin.

Samra und die konkreten Vorwürfe blieben also vorerst unerwähnt – die Follower zeigten sich davon alles andere als begeistert. Erst einen Tag später folgte dann ein erweitertes Statement, in dem bekanntgegeben wurde, dass die Zusammenarbeit mit Samra bis zur "Klärung der Vorwürfe ruhen" wird. Und weiter: "Dieser Schritt dient dem Schutz aller Beteiligten und ist keine Vorverurteilung."

Der Rapper, für den die Unschuldsvermutung nach wie vor gilt, reagierte ebenfalls mit zwei ganz unterschiedlichen Statements auf die Anschuldigungen: Zunächst gab es eine schriftliche, besonnene Nachricht, in dem es hieß, dass er den Vorwürfen nicht nur widerspricht, sondern "eine unabhängige Aufklärung durch die Staatsanwaltschaft und Polizei herbeiführen will". In einem mündlichen Statement in seiner Instagram-Story sagte er sich von den Medien und seinem Label los, diese brauche er nicht. Die ihn beschuldigende Frau werde zudem "ihre Strafe bekommen".

Watson fragte den ID Markenberater Fabian Gärtner von Spall.macht.Marke, wie das Vorgehen sowohl des Labels als auch des Rappers zu bewerten ist. Sein oberstes Credo bezüglich Universal: Eine eindeutigere Haltung wäre für den Konzern von entscheidendem Vorteil gewesen.

Universal hat mit den beiden Statements an Glaubwürdigkeit verloren

Zunächst sei überhaupt eine Reaktion seitens Universal vonnöten gewesen, so Gärtner, da man sonst schnell als schuldig dargestellt werde. Aber: "Marken leben von Glaubwürdigkeit. Immer wenn zweistufig oder verhalten reagiert wird, man sich nochmal ergänzen oder etwas relativieren muss, büßt man Glaubwürdigkeit ein."

Natürlich sei die Situation für das Unternehmen schwierig, bestimmte Sachverhalte rund um die Vorwürfe sind nicht eindeutig geklärt. Wichtiger als die Frage nach der Reaktion von Universal in Bezug auf Samra, sei deshalb auch die eindeutige Haltung des Labels:

"Wenn etwas passiert, und Universal erstmal festlegen muss, wofür sie stehen oder wofür eben nicht oder was ihnen wichtig ist, dann ist es eigentlich traurig. Es darf nicht sein, dass etwas passiert und danach überlegt wird: 'Oh, wir müssen ja Haltung zeigen, da müssen wir was schreiben.'"

Zu unentschieden sei dementsprechend auch die Konsequenz des Unternehmens laut Gärtner gewesen. Zwar distanziere man sich beim Label von jeglicher Gewalt gegen Frauen, bis zur Klärung ruhe Samras Vertrag aber lediglich, rausgeschmissen wurde er nicht umgehend.

Nach den von Nika Irani erhobenen Anschuldigungen gegen Samra trendete der Hashtag #deutschrapmetoo.
Samras Zukunft bei Universal ist momentan noch ungewiss.Bild: samra/Instagram

Noch dazu gab Samra in einem emotionalen Statement zu verstehen, Universal nicht zu brauchen. "Da muss sich ein Label fragen: Ist das wirklich jemand, mit dem man Geschäftsbeziehungen haben will? Wie ist die Haltung von Universal Music? Das Label braucht klare Richtlinien und muss wissen, was dazugehört", ergänzt Gärtner gegenüber watson.

Klarer und glaubhafter wäre es also, das Problem auf eine allgemeinere Ebene zu heben. Dazu würden eindeutig erarbeitete Richtlinien zählen, Künstler und deren Texte müssten danach ausgewählt werden. Hinzukommt, dass Universal als Label ein riesiges Gebilde ist. Samra fällt hierbei in das Unterlabel Universal Urban. Langfristig müsste sich gerade das Sublabel Gedanken zu folgenden Themen machen, wie Gärtner weiter ausführt:

"Wofür möchte Universal Urban stehen? Für die offene und vielfältige Hiphop-Kultur oder die deutsche Gangsta-Rap-Szene, die sich bewusst mit einem gewalttätigen und kriminellen Image auflädt? Die Verantwortlichen bei Universal müssen entscheiden, ob sich Universal Urban und die ganze Universal Group damit assoziieren möchte."

Langfristige Konsequenzen wird es wohl nicht geben

Aufgrund der Marktmacht, die Universal als Marke hat, wird sich der Eklat auf eines der weltweit drittgrößten Musiklabels aber wohl nicht auswirken – auch wenn deren Haltung manchmal zu wünschen übrig lasse.

"Die Marke Universal Urban wird es in Wellen merken, je nachdem wie hoch diese schlagen. Wenn daraus ein Bewusstsein entsteht, könnte wenigstens etwas Positives aus dem Vorfall entstehen. Aber ich glaube, dass die vorliegende Situation keine starken Auswirkungen auf Universal Urban haben wird. Dafür hat das Label ein zu hochkarätiges Repertoire an Künstlern im In-und Ausland", vermutet Gärtner.

Universal Music will indes interne Beurteilungskriterien anpassen

Mit einem weiteren Künstler aus dem Repertoire von Universal Music gab es dann allerdings weitere Probleme: Wiederum auf öffentlichen Druck hin, wurde die neue Single von Nimo "Komm mit" von allen Plattformen gelöscht. Inhaltlich ging es auch darin um den gewaltsamen, sexuellen Umgang mit Frauen.

Auf Anfrage von watson lässt das Label zur Diskussion um Sexismus im Deutschrap und den Umgang mit Samra verlauten, wie es zur Veröffentlichung von Nimo kam und was sich künftig bei Releases ändern soll:

"Universal Music nimmt seine Verantwortung in dieser Debatte sehr ernst. Wir haben seit vielen Jahren etablierte Prozesse, um anstehende Musik-Veröffentlichungen unter unterschiedlichen Aspekten zu überprüfen. Ein Titel wie "Komm mit" von Nimo hätte unter korrekter Anwendung dieser Filter nicht erscheinen dürfen. Für diesen Fehler haben sowohl der Künstler als auch wir uns direkt entschuldigt und der Titel wurde umgehend zurückgezogen. Um eine Wiederholung zu verhindern, werden zurzeit sämtliche Prozesse, die ein Titel auf dem Weg zur Veröffentlichung bei uns durchläuft, intensiv überprüft und wo nötig nachgebessert."

Musik bewege sich demnach immer "im Spannungsverhältnis zwischen Kunstfreiheit und sich ändernden gesellschaftlichen Werten", heißt es im Statement weiter. "Diese Entwicklungen lassen wir in unsere internen Beurteilungskriterien einfließen und passen sie laufend an", so Universal abschließend. Darüber, dass das Ruhenlassen von Samras Vertrag eine zu unentschlossene Haltung als starke Marke gewesen sein könnte, wie Gärtner feststellte, äußerte sich das Unternehmen nicht.

Samras emotionales Statement aus Markensicht schwierig

Auch von Samra war eine Stellungnahme in Social-Media-Zeiten unabdingbar, denn den um ihn entstandenen Shitstorm hätte er laut des Markenexperten nicht aussitzen können: "Samra hat klugerweise zuerst nicht den Weg des Ablenkungsmanövers gewählt. Das ist schon mal positiv aus Markensicht zu bewerten. In der ersten Reaktion hat er sich sachlich distanziert, hat gesagt, dass die Vorwürfe nicht stimmen und er sich keiner Schuld bewusst sei. Das war angemessen und zeitgemäß."

Dass der Künstler aber durch sein zweites, spontan wirkendes Statement noch mehr Emotionen in das eh schon aufgeladene Thema bringt, scheint da schon schwieriger zu sein. "Natürlich versucht man sich so weit es geht davon zu distanzieren. Aber, wie es Samra selbst ausdrückt, auf 'alles und jeden zu scheißen', ist nicht der richtige Weg zu einer Lösung", so Gärtner.

Samra äußert sich bei Instagram.
Samra ließ seinen Gedanken auf Instagram freien Lauf.Bild: samra/instagram

Erste Werbedeals gingen neben dem ruhenden Labelvertrag für Samra nun auch schon so gut wie flöten: Der Launch eines Gins, den er zusammen mit der Berentzen-Gruppe herausbringen wollte, wurde gestoppt, der Markenwert des Rappers sinkt vorerst. Dennoch: Seine Fangemeinde unterstützt ihn nach wie vor. "Samras Markenwert wird selbstverständlich darunter leiden, wenn wir zum Beispiel über Werbedeals sprechen. Doch die Attraktivität des Künstlers für die Fangruppe wird gleichzeitig bis zur Frei- oder Schuldigsprechung konstant bleiben, sich eventuell sogar steigern. Viele Fans stellen sich auf die Seite ihres Idols und verteidigen ihn", merkt der Markenexperte weiter an.

Es bleibt demnach abzuwarten, wie gravierend so ein Vorwurf im Portfolio für ihn sein wird, oder ob sich das in das Image eines Gangstarappers durchaus einfügen kann – zumindest im Deutschrap-Genre: "Die breite Öffentlichkeit wird ihn auf jeden Fall negativer sehen", zeigt sich Gärtner überzeugt.

Dadurch ist Samra aus Markensicht noch einmal differenzierter zu betrachten, als Universal. Mit Nachdruck stellt Gärtner deshalb für das Unternehmen fest: "Was ich mir wirklich wünsche: Dass Marken wieder Haltung zeigen." Wenn eine klare Linie zuvor vorhanden gewesen wäre, hätte Universal auch nicht das Problem gehabt, sich nun überhaupt zu bestimmten Werten positionieren zu müssen.

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