Im Februar startete RTL mit seinem neuen Nachmittagsprogramm: Eine Koch- und eine Trödel-Show sowie eine Talk- und eine Rate-Sendung runden die Tagesmitte ab. Kurios daran: Keine dieser Sendungen wird von einer Frau moderiert. Stattdessen altbekannte, männliche Gesichter: Oliver Geissen, Steffen Henssler und der wieder ausgegrabene Marco Schreyl. RTL sagte watson damals zu dieser Personalentscheidung: "Mit Nazan Eckes, Angela Finger-Erben, Frauke Ludowig, Katja Burkard und all den anderen tollen Kolleginnen haben wir ebenfalls fantastische Moderatorinnen, die auch ihre eigenen Sendungen haben. Wie bereits in einigen Interviews gesagt, pilotieren und entwickeln wir ständig weiter und das auch mit Frauen." Schreyl kehrt aus seiner Sommerpause nicht mehr zurück, die anderen Shows finden sich noch wie gewohnt im Programm.
Es ist kein Einzelfall in der TV-Landschaft. Auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern haben, gerade bei den großen TV-Shows, oft die Männer das Sagen. Erst vor wenigen Wochen leistete sich ARD-Programmdirektor Volker Herres im Interview mit der "Bild am Sonntag" eine Aussage, die für Empörung sorgte – zu Recht! Herres hatte erklärt, ihm falle "aktuell kein weibliches Pendant etwa zu einem Kai Pflaume ein", das sich für eine große Samstagabend-Show eignen würde. Für die Frauen in der Medienlandschaft ein echter Schlag ins Gesicht.
Dass dieses Thema auch nach einigen Wochen noch immer nicht an Aktualität und Brisanz verloren hat, zeigt nun Moderatorin Sylvie Meis. Die hat nämlich vor einigen Jahren am eigenen Leib erfahren, wie es sich anfühlt, wenn man als Frau im TV einfach aussortiert wird – und das ist eben kein Einzelfall.
Sylvie Meis wurde 2018 nach sieben Staffeln als Moderatorin bei "Let's Dance" ausgetauscht – gegen die deutlich jüngere Victoria Swarovski. Für Sylvie damals kein schöner Schritt und wohl definitiv keine einvernehmliche Trennung.
"Der Druck älter zu werden vor der Kamera, natürlich spüre ich den auch. Wir wissen das alle, wir sind alles Frauen im Showbusiness, die Leute sind die ersten, die jemanden verehren, aber auch die ersten, die einen runterziehen wollen", sagt Sylvie jetzt in der Youtube-Talk-Runde "Lasst uns reden, Mädels". Es gebe durchaus schöne Seiten daran, als Frau vor der Kamera älter zu werden, aber es sei gleichzeitig auch konfrontierend.
Marijke Amado, die ebenfalls Teil der Talkrunde ist, will daraufhin von der Moderatorin wissen, ob die Kritik, die Frauen im TV oft einstecken müssten, sie noch treffe. Ohne Namen nennen zu wollen, sagt sie, "dass viele Menschen, die im Showbusiness arbeiten, nur erfolgreich sind, wenn sie ganz gemeine, verletzende Sachen über andere Leute sagen." Es gebe viele Leute, die nur Karriere machen, weil sie andere "komplett kaputt machen". "Da ist leider auch ein Markt für", berichtet Sylvie. Die Menschen wollen im TV keine positiven Sachen sehen, meint sie. "Sie wollen sehen, dass man destroyed [zerstört, Anm. d. Red.] wird." Sie selbst sei stolz darauf, eine Fernsehkarriere aufgebaut zu haben, ohne jemals etwas Gemeines über jemanden gesagt zu haben.
Generell habe sie Fernsehen immer mit viel Freude gemacht. Aber: "Ich weiß, ich kann – vielleicht sogar besser – überleben ohne Fernsehen." Das Medium an sich sei super und würde eine tolle Chance bieten, aber es sei schön zu wissen, dass sie nicht abhängig davon sei.
Die "Let's Dance"-Geschehnisse von damals sind definitiv nicht spurlos an Sylvie Meis vorbeigegangen und sie hat ihre Lehren daraus gezogen, wie sie sagt:
Das sei nicht schlimm, weil so nun mal das Business sei, wie sie sagt, aber sie wisse nun, wie schnell es gehen könne, dass man durch eine Jüngere ersetzt wird. Zwei Personen in dem großen Fernsehnetzwerk würden ausreichen, um solch eine Entscheidung durchzusetzen, erklärt sie. Auf ihre Nachfolgerin Swarovski hegt sie aber keinen Groll – im Gegenteil. Sie ist sogar stolz auf sie und sagt: "Wir Frauen müssen zusammenhalten, wir stehen nicht im Wettbewerb."
Generell fände sie es "nicht schlimm", dass sie erlebt hat, was sie nun mal bei "Let's Dance" erleben musste, wie sie einräumt, aber:
Und sie geht mit der männerdominierten Fernsehwelt weiter hart ins Gericht: "Leider ist es so, dass immer wieder die gleichen alten Männer die großen Shows kriegen. […] Und ehrlich gesagt: Die Männer sehen nicht besser aus."
Und damit hat sie eindeutig recht. Eine gute Moderation vom Geschlecht abhängig zu machen, ist generell der falsche Weg. Denn dass eine Nazan Eckes genauso gut moderieren kann wie ein Steffen Hallaschka, hat sie nun mehrfach unter Beweis gestellt. Und dass eine Inka Bause mindestens genauso gut Herzen erobern kann wie ein Kai Pflaume, dürfte wohl auch klar sein.
(jei)