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Drosten fordert mehr Wissen über Kinder und Corona: "Langsam nicht mehr erträglich"

Christian Drosten war am Freitag im österreichischen Fernsehen zugeschaltet.
Christian Drosten war am Freitag im österreichischen Fernsehen zugeschaltet.Bild: screenshot orf

"Langsam nicht mehr erträglich": Drosten fordert mehr Erkenntnisse über Kinder und Corona

26.04.2020, 13:41
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Wie schwer trifft das Coronavirus Kinder? Diese Frage ist immer noch ungelöst. Zu Beginn der Pandemie schien es, dass Kinder womöglich immun gegen das Virus sein könnten.

Experten gehen mittlerweile davon aus, dass sich Kinder weniger anstecken und die Krankheit nach Ausbruch weniger merken.

Aber wie ansteckend ist das Coronavirus nun genau für Kinder? Und wie ansteckend sind Kinder wiederum für Erwachsene? Angesichts der Überlegungen, Kitas und (Grund-)Schulen wieder zu öffnen keine ganz unwichtigen Fragen.

Bei diesen wird auch der Berliner Virologe Christian Drosten ungeduldig. Im Interview mit dem ORF sagte der Forscher am Freitag: "Das ist etwas, was ich wirklich auch bedaure und wo ich mich manchmal frage, warum man noch nicht mehr weiß." Gerade in China sei die Epidemie schon vor einer längeren Zeit ausgebrochen. Hier hätte sich der Chef-Virologe der Berliner Charité schon mehr Erkenntnisse gewünscht.

Drosten warnt vor schnellen Schlussfolgerungen

In Deutschland seien Untersuchungen dazu schwierig, weil die Schulen relativ früh geschlossen worden seien.

"In Familienkohorten gibt es einige wenige Nachuntersuchungen, die zum Teil nicht ganz konsistent miteinander sind", erklärte Drosten weiter. Daten dazu aus China ließen ebenfalls noch auf sich warten.

Aber einige Ergebnisse konnte der Virologe schon präsentieren: "Es gibt eine Studie, nach der Kinder sich mit der gleichen Rate anstecken wie Erwachsene." Es gebe eine neue Untersuchung aus den Niederlanden, nach der Kinder "viel weniger betroffen" sind. Allerdings handele es sich um Rohdaten. Bei einer statistischen Untersuchung ergebe sich kein signifikanter Unterschied. Diese Untersuchung habe er selbst vorgenommen.

Drostens vorsichtige Einschätzung: "Es sieht so aus, als seien Kinder wirklich weniger betroffen." Er warnte allerdings, dass auf Basis dieser Erkenntnisse schon Entscheidungen über Schulöffnungen getroffen werden, "während eigentlich ein Statistiker sagen würde: Vorsicht, das könnte alles eine Täuschung sein".

"Ist es nicht völlig absurd, dass auf der halben Welt Schulen geschlossen wurden", fragte ORF-Moderator Armin Wolf hier nach, "obwohl gar nicht weiß, ob Kinder ansteckend sind?"

Drostens Antwort, aus der viel Frust sprach: "Es ist so langsam nicht mehr erträglich, da gebe ich Ihnen recht. Wir brauchen jetzt ganz dringend diese Daten."

Drosten fasst die Erkenntnisse zu Kindern und Corona noch einmal zusammen:

  • "Wir können sagen: Naja, anhand von einer und noch einer Studie aus China infizieren sich Kinder mit einer ganz ordentlichen Rate, fast so wie Erwachsene."
  • "Wir wissen auch: Kinder sind nicht symptomatisch, in erster Linie." Es gebe nur wenige Kinder, die die typischen Covid-19-Symptome zeigten.
  • Aus einer Studie aus Italien wisse man zudem: Die Virusausscheidung zwischen symptomatischen und asymptomatischen Infizierten unterscheide sich nicht. "Das sind aber Erwachsene", schränkte Drosten ein.

"Mehr wissen wir eigentlich im Moment nicht", bilanzierte er. "Ich erwarte schon in den nächsten zwei, drei Wochen, dass wir solide Daten bekommen und dann wirklich vernünftige Entscheidungen treffen können. Es wird wirklich höchste Zeit."

Das ganze Interview findet ihr in der Mediathek des ORF.

(ll)