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Tesla: Elon Musk hat sich in eine fatale Abhängigkeit manövriert

LOS ANGELES, CA - APRIL 13: Elon Musk at the 10th Annual Breakthrough Prize Ceremony at the Academy Museum of Motion Pictures in Los Angeles, California, on April 13, 2024. Credit : Faye Sadou/MediaPu ...
Elon Musk und Tesla: Wo geht die Reise hin?Bild: imago images / media punch
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Tesla und der China-Fluch: Elon Musk hat sich in eine fatale Abhängigkeit manövriert

16.04.2024, 07:48
Philipp Löpfe / watson.ch
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Als vor rund vier Jahren in der Tesla-Fabrik in Shanghai die ersten Autos vom Band rollten, legte Elon Musk einen Freudentanz aufs Parkett. Sein kapitalistischer Traum ging ausgerechnet im kommunistischen China in Erfüllung: Arbeiter, die klaglos rund um die Uhr schufteten, Behörden, die sämtliche Wünsche des Unternehmens erfüllten und ein Netz von Zulieferern, das keine Wünsche offen ließ.

Wie die "New York Times" in einer längeren Analyse aufzeigt, setzte Tesla dank der Fabrik in Shanghai zu einem unglaublichen Höhenflug an. Die Aktie legte bis zu 2000 Prozent zu. Im zunehmend wichtigen Elektroauto-Markt wurde Tesla zum Alpha-Tier und konnte endlich die ungebremste Nachfrage erfüllen.

Musk durfte sich derweil als Umwelt-Champion feiern lassen. Zusammen mit den Behörden von Kalifornien entwickelte er ein Programm, das mithalf, den notorischen Smog von Chinas Großstädten zu bekämpfen.

"China hat geholfen, Tesla zum wertvollsten Autounternehmen der Welt zu machen", stellt die "New York Times" fest. Doch das hat seinen Preis: "Elon Musk hat tiefe finanzielle Abhängigkeiten in China – auch wegen seiner Fabrik in Shanghai", sagt Mark Warner, ein einflussreicher US-Senator.

Diese Abhängigkeit lässt sich auch in den politischen Äußerungen von Musk beobachten. Er unterstützt offen die Pläne Pekings, Taiwan unter seine Fittiche zu nehmen. Während andere Unternehmen ihre Produktionsstätten in der Provinz Xinjiang schließen, weil dort die muslimische Bevölkerung unterdrückt wird, hat Musk kein Problem damit, ebenso wenig mit der Situation in Tibet. Er habe "einige berechtigte Interessen", gab Musk im vergangenen Summer gegenüber Kongressmitgliedern verschämt zu. Und er sei "irgendwie pro-China".

Das kann Musk laut sagen. Inzwischen hat die Fabrik in Shanghai das Mutterhaus in Fremont (Kalifornien) als wichtigste Produktionsstätte abgelöst. Kein Wunder: Während des Lockdowns war Fremont während zwei Monaten geschlossen, die Fabrik in Shanghai während zwei Wochen. Und um die Produktion nicht abreißen zu lassen, schliefen die Arbeiter wie einst Musk selbst auf dem Fabrikboden.

In der kapitalistisch-kommunistischen Ehe beginnt es jedoch zu kriseln. Der Fluch von Musks böser Tat beginnt zu wirken. Auch dank Tesla ist in China die mächtigste Konkurrenz entstanden. Der Batteriehersteller CATL hat von einer Partnerschaft mit den Amerikanern gewaltig Auftrieb erhalten und ist heute zum führenden Hersteller geworden. Der Werkzeugmaschinenhersteller LK Group floriert ebenfalls dank Tesla und beliefert mittlerweile auch die chinesische Konkurrenz.

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Höher, schneller, weiter? Elon Musk könnte Probleme bekommen.Bild: dpa / Sebastian Gollnow

Die chinesischen Elektroauto-Hersteller entwickeln sich zu einem Albtraum für die westlichen Autobauer. Sie werden massiv vom Staat unterstützt und können mittlerweile Fahrzeuge produzieren, die technisch besser und deutlich billiger sind als diejenigen von VW, Ford & Co.

Auch Tesla bekommt dies zu spüren. BYD hat die Amerikaner zwischenzeitlich als Branchenleader abgelöst, und dies, obwohl Musk in jüngster Zeit die Preise mehrfach und deutlich gesenkt hat. Schlimmer noch: Noch vor kurzer Zeit musste man geradezu betteln, um einen Tesla käuflich erwerben zu können. Heute muss Tesla froh sein, seine Produkte an den Mann oder die Frau zu bringen.

Das Unternehmen musste kürzlich bekannt geben, dass die Produktion im ersten Quartal 2024 rückläufig war, das erste Mal in der Firmengeschichte.

Das alles hat brutale Konsequenzen. Die Börsenkapitalisierung von Tesla, die auf ihrem Höhepunkt bei 1,2 Billionen Dollar lag, ist um rund ein Drittel eingebrochen. "Tesla verlässt eine goldene Ära und muss sich für eine herausfordernde Zeit rüsten", erklärt daher Mark Fields, der ehemalige CEO von Ford, gegenüber dem "Wall Street Journal".

Erlangen, Bavaria, Germany - 26 August 2023: E-car Tesla Model Y at a charging station Tesla Supercharger *** E-Auto Tesla Model Y an einer Stromtankstelle Tesla Supercharger
Ist die goldene Ära von Tesla zu Ende?Bild: imago images / bihlmayer fotografie

Nicht nur die chinesische Konkurrenz setzt Tesla zu. Auch das Marktumfeld ist derzeit generell garstig für Elektroautos. Der Autovermieter Hertz beispielsweise hat noch vor Jahren 100.000 Teslas geordert, um einen erwarteten Boom zu befriedigen. Weil die Nachfrage ausbleibt, hat Hertz ein Drittel dieser Flotte wieder abgestoßen.

Mit dem Kauf von Twitter und vor allem, was er damit anstellt, macht Musk Tesla zusätzlich das Leben schwer. Der ehemalige Umwelt-Held ist zum politischen Buhmann geworden. "Twitter ist eine Ablenkung", sagt der Tesla-Investor Gary Black im "Wall Street Journal". "Es lenkt alle Aufmerksamkeit auf sich und niemand spricht mehr von den Elektroautos."

Musk, der sich einst rühmte, die Demokraten zu unterstützen, ist weit an den rechten politischen Rand gerückt. Nicht nur ehemalige Fans wie Roger Schawinski bereuen es deshalb heute, einen Tesla gekauft zu haben. Sie werden auch künftig dieses Produkt nicht einmal mehr mit einer Mistgabel anrühren.

Derweil loben die neuen Fans im konservativen Lager zwar Musk wegen seines angeblichen Einsatzes für die freie Meinungsäußerung. Doch einen Tesla rühren auch sie ebenfalls nicht einmal mit einer Mistgabel an. Sie setzen auf PS-trächtige Verbrenner.

Wie aber will Musk Tesla wieder auf den Erfolgspfad zurückführen? Er setzt auf künstliche Intelligenz (KI). Im August will er Robotaxi vorstellen, ein Elektroauto ohne Steuer und Pedale, das von einer Software gelenkt wird. Allerdings ist Musk dafür bekannt, dass er Dinge großmäulig ankündigt, um sie dann immer und immer wieder zu verschieben.

Das scheint auch auf seine KI-Pläne zuzutreffen. Musk will nicht nur ein Robotaxi lancieren, sondern auch einen Androiden. Dieser hat zwar bereits einen Namen – Optimus –, scheint aber noch nicht ganz ausgereift zu sein. Bei seiner Vorstellung war nicht Software am Werk, sondern ein als Roboter verkleideter Mensch.

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