
Bald könnte es Avocados mit einer zweiten, essbaren Schutzschicht geben. Bild: picture alliance/Roberto Pfeil/dpa
Gesundheit & Psyche
Lange galten Plastikverpackungen als beste Möglichkeit, Obst und Gemüse vor dem Verderben zu bewahren. Doch jetzt testen Edeka und Rewe einen anderen Weg. Statt Kunststoff soll eine aufgespritzte, essbare Schutzschicht die Früchte frisch halten.
28.01.2020, 15:4628.09.2020, 13:31
Der Lebensmittelhandel steckt in der Zwickmühle.
Plastikverpackungen für Gurken, Avocados und Co. sind für immer mehr
Kunden tabu. Doch ohne die schützende Kunststoffhülle werden Obst und
Gemüse oft schneller unansehnlich und damit unverkäuflich.
Deutschlands größte Lebensmittelhändler Edeka und Rewe testen deshalb
jetzt neue Techniken, um die empfindliche Ware auch ohne
Kunststoffverpackung länger frisch zu halten. Helfen soll eine
hauchdünne, essbare Schutzschicht, die direkt auf die Schale der
Früchte aufgetragen wird.
Bereits Ende vergangenen Jahres begann Deutschlands größter
Lebensmittelhändler Edeka in ausgewählten Supermärkten und
Netto-Filialen Avocados zu verkaufen, die mit einer solchen "zweiten
Haut" versehen sind. Sie soll den Wasserverlust und das Eindringen
von Sauerstoff verlangsamen. Beides sind Hauptursachen für den
schnellen Verderb der Früchte. Dank der Beschichtung sollen die
empfindlichen Früchte zwei- bis dreimal so lange frisch bleiben wie
ohne den Schutzüberzug.
Der vom US-Konzern Apeel Sciences entwickelte Schutzmantel besteht
laut Hersteller aus rein pflanzlichen Materialien, die in Schalen,
Samen und im Fruchtfleisch verschiedener Obst- und Gemüsesorten
vorkommen. Er sei geschmacks- und geruchlos und problemlos essbar.
Der Edeka-Kaufmann Falk Paschmann verkauft die behandelten Avocados
bereits seit einigen Wochen in seinem Supermarkt in Düsseldorf-Bilk
und schwärmt: "Das ist eine Lösung für ein wichtiges Problem unserer
Zeit." Sie biete für alle Beteiligten Vorteile: Für die Kunden, weil
die Ware auch daheim noch länger frisch bleibe, und für ihn als
Händler, weil er deutlich weniger Verluste habe.

Orangen liegen mit einem Hinweisschild in der EDEKA-Filiale Paschmann. Sie sind mit einer hauchdünnen, essbare Schutzschicht, die direkt auf die Schale der Früchte aufgetragen wird, überzogen.Bild: picture alliance/Roberto Pfeil/dpa
Wohl auch deshalb
treibt Edeka das Projekt zügig weiter voran. In ersten Märkten sind
ab sofort auch Orangen und Mandarinen im Angebot, die mit der neuen
Technik länger haltbar gemacht wurden, wie der Handelsriese am Montag
mitteilte.
Zuhause schmeißen wir die meisten Lebensmittel weg
Der Konkurrent Rewe zieht in diesen Tagen nach – mit Avocados, die
mit einem ähnlichen System behandelt sind. Der Überzug besteht hier
aus natürlichem Zucker, Zellulose und pflanzlichen Ölen und stammt
vom britischen Hersteller AgriCoat NatureSeal.
Auch er soll essbar
und gut verträglich sein. Die Früchte würden in dieser Woche bereits
in bis zu 860 Rewe- und Penny-Märkten verkauft, kündigte das
Unternehmen an. "Wir hoffen sehr, dass uns unsere Kunden in unserem
Kampf gegen Lebensmittelverschwendung durch ihre Kaufentscheidung
unterstützen", betonte der Rewe-Manager Eugenio Guidoccio.
Jährlich landen nach einer aktuellen Studie des
Bundesforschungsinstituts für ländliche Räume, Wald und Fischerei
(Thünen-Institut) über 12 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Der
Großteil der Abfälle – 7 Millionen Tonnen – entsteht in
Privathaushalten. Jeder Bundesbürger werfe im Durchschnitt etwa 85
Kilogramm Lebensmittel im Jahr weg, schätzen die Wissenschaftler.
Plastikverzicht verschärft das Problem
Und die Bemühungen um Plastikvermeidung haben das Problem eher noch
verschärft. Nach Informationen der "Lebensmittel Zeitung" hat etwa
der Verzicht auf Kunststofffolien bei Salatgurken dazu geführt, dass
im vergangenen Herbst deutlich mehr spanische Gurken vernichtet
werden mussten, weil sie den langen Transportweg nicht unbeschadet
überstanden hatten. "Gurken für die Tonne", titelte das Fachblatt.
Bisher werden die neuen Beschichtungsverfahren in Deutschland nur bei
Früchten eingesetzt, deren Schale nicht verzehrt wird. Doch auf Dauer
könnte der Überzug auch bei anderen Produkten üblich werden. Das
US-Unternehmen Apeel, mit dem Edeka zusammenarbeitet, hat nach
eigenen Angaben Rezepturen für 30 verschiedene Obst- und Gemüsesorten
entwickelt, darunter Erdbeeren, Tomaten, Äpfel und Paprika. Es
bereitet laut Edeka bereits einen Zulassungsantrag bei der
Europäischen Kommission vor.
Experte fordert mehr, als nur essbare Verpackungen
Der Edeka-Händler Paschmann kann sich gut vorstellen, dass sich die
neue Technologie in Zukunft auch bei Früchten durchsetzt, deren
Schale man mitisst:
"Wie oft passiert es heute, dass man Erdbeeren kauft, ein paar davon isst und dann am nächsten Tag die Hälfte wegwirft, weil sie vergammelt sind. Das wäre dann nicht mehr der Fall."
Für den Händler ist allerdings auch klar, dass vorher noch einige
Überzeugungsarbeit nötig sein wird. Auf keinen Fall dürfe man die neue
Methode heimlich anwenden oder dem Kunden aufzwingen, betont er. Doch
hofft Paschmann, dass die Vorteile die Verbraucher letztlich
überzeugen. Denn das könne nach seiner Überzeugung dazu führen, "dass
auf allen Stufen weniger Lebensmittelverschwendung stattfindet".
Auch Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg begrüßt
grundsätzlich den Vorstoß der Supermarktketten. Doch könne dies nur
ein Element sein im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung. Hier
müsse der Handel an vielen Schrauben drehen. "Es wird noch immer zu
viel weggeworfen. Da ist der Handel gefragt – mit allem was geht,
nicht nur mit einer Methode", meint der Lebensmittel-Experte.
(pcl/dpa)
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