
Entscheidend ist nicht nur die Menge des benötigten Wassers, sondern auch, ob dieses verschmutzt wird oder wieder in die Natur zurückgeführt werden kann.Bild: www.imago-images.de / jirkaejc
Nachhaltig leben
28.04.2021, 12:3028.04.2021, 12:33
Wer in den mit Granatapfelkernen bestreuten Avocado-Toast beißt, tut das oft mit viel Genuss, aber reichlich schlechtem Gewissen. So lecker und cremig die Frucht aus Mittel- und Südamerika auch ist, sie hat einen enorm hohen CO2-Fußabdruck. Und ist darüber hinaus extrem durstig. Für die Herstellung von einem Kilo Avocados werden rund 1000 Liter Wasser benötigt. Das hat sich inzwischen in den meisten Köpfen festgesetzt.
Wie viel Wasser bei der Herstellung anderer Lebensmittel und Gebrauchsgüter verbraucht wird, ist uns oft deutlich weniger bewusst. Dabei verbrauchen wir morgens, wenn wir verschlafen den ersten Kaffee aufsetzen, weit mehr als das Wasser, das wir durch den Filter in die Tasse tröpfeln lassen. Pro Tasse fallen ganze 132 Liter Wasser an – schließlich muss die Kaffeepflanze erst einmal wachsen, bevor ihre Bohnen gewaschen, verarbeitet, verpackt und nach Europa transportiert werden. Wenn wir noch einen Schuss Milch dazu geben, schießt die Wassermenge noch einmal in die Höhe.
Denn auch wenn wir bei unserem Wasserverbrauch – und beim Gedanken daran, ihn möglichst gering zu halten – erst einmal an die Länge unserer morgendlichen Dusche denken: 70 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs gehen auf das Konto der Landwirtschaft. Verstecktes Wasser oder virtuelles Wasser nennt sich die Menge an Wasser, die entlang der Herstellungskette eines Produkts benötigt oder verschmutzt wird.

Entscheidend ist nicht nur, wieviel Wasser verbraucht wird, sondern auch, ob es durch normale Niederschläge oder künstliche Bewässerung zu den Pflanzen kommt.Bild: iStockphoto / bonottomario
Ganz vermeiden können wir das nicht, essen müssen wir schließlich so oder so. Es gibt aber einige Lebensmittel, die verhältnismäßig viel Wasser brauchen, während andere mit deutlich weniger auskommen. Wie groß der Wasserfußabdruck verschiedener Produkte ist, hat das Water Foodprint Network anschaulich aufgelistet. Ein Blick darauf zeigt: Pflanzliche Produkte – die verpönte Avocado mit eingeschlossen – verbrauchen deutlich weniger Wasser als etwa Eier oder Fleisch.
Wasser ist nicht gleich Wasser
Und: Wasser ist nicht gleich Wasser. Schließlich macht es einen Unterschied, ob eine Pflanze in einem ohnehin regenreichen Gebiet viel Wasser braucht, das sie über Niederschläge aufnehmen kann, oder ob sie dafür künstlich bewässert werden muss und gleichzeitig Wasser verschmutzt, etwa durch Düngemittel.
Ein Beispiel: Schokolade belegt beim Wasserverbrauch die absolute Spitzenposition. Unfassbare 17.000 Liter Wasser verstecken sich in einem Kilo Schokolade. Allerdings gibt die Pflanze einen Großteil davon in den natürlichen Kreislauf zurück, der Biss in den Schokoriegel ist also halb so schlimm. Beim Anbau von einem Kilo Baumwolle dagegen werden insgesamt nur 10.000 Liter Wasser benötigt, allerdings fast 1300 Liter verunreinigt.
Es wird deshalb unterschieden zwischen grünem Wasser, das durch Niederschläge im Boden enthalten ist, und blauem Wasser, das aus dem Oberflächen- und Grundwasser stammt und den Pflanzen durch zusätzliche Bewässerung hinzugefügt wird. Graues Wasser gibt zusätzlich die Wassermenge an, die bei der Herstellung der Produkte verschmutzt wird.
Betrachtet man alle Wasserarten, kommt Fleisch – wenig überraschend – nicht sonderlich gut weg. Der Großteil des benötigten Wassers entfällt dabei auf die Erzeugung der Futtermittel. Ob wir unsere Spaghetti mit Bolognese aus Rinderhack oder aus Soja essen, macht also einen großen Unterschied. Eine Portion vegane Bolo kommt auf 600 Liter Wasser, die Version mit Fleisch auf 2700 Liter. Wassersparender wäre da ein Pizza Margarita mit 1259 Litern.
Wasser allein ist nicht entscheidend
Mit 15415 Litern Wasser pro Kilo liegt das Rind auch in der Fleischssparte vorne, das Schwein (5988 Liter) und Huhn (4325 Liter) sind da vergleichsweise genügsam, wobei sich in ihrem Wasserfußabdruck ein höherer Anteil an grauem Wasser versteckt. Auch bei den Beilagen gibt es erhebliche Unterschiede. Während ein Kilo Kartoffeln 287 Liter Wasser braucht, benötigt Reis fast das Zehnfache. Beim Obst und Gemüse reicht die Range von Tomate (214 Liter pro Kilo), Kopfsalat (237 Liter) und Gurke (353 Liter) über Banane (747 Liter) und Apfel (822 Liter) bis zur Mango (1300 Liter).
Übrigens: Laut Umweltbundesamt liegt der Wasserfußabdruck für jede Einwohnerin und jeden Einwohner in Deutschland bei täglich mehr als 3900 Litern. Im Jahr kommt so für ganz Deutschland ein Wasserfußabdruck von rund 117 Milliarden Kubikmeter Wasser zustande, von denen nur fünf Milliarden Kubikmeter auf die öffentliche Wasserversorgung entfallen.
Zwar werden in der Landwirtschaft und industriellen Produktion zunehmend Abläufe optimiert und Wasser eingespart – das ist aber nicht das Entscheidende, schreibt das Umweltbundesamt: "Der reduzierte Verbrauch führte nicht zwangsläufig zu weniger Schadstoffen in den Gewässern. Um den grauen Wasserfußabdruck zu verringern, muss zusätzlich der Schadstoffeintrag in die Gewässer reduziert werden." Und: Neben dem Wasser ist natürlich auch entscheidend, welche anderen Ressourcen verbraucht werden und wie viel Methan und CO2 ausgestoßen werden.
Am Ende müssen wir also auf das große Ganze schauen. Und dabei ist weniger in der Regel mehr: weniger Fleisch, das auf unserem Teller landet, aber auch weniger billige Baumwoll-Shirts, die wir in unseren Kleiderschrank stopfen. Zur Belohnung können wir uns dafür nach Feierabend dann auch mal ein Glas Bier gönnen – für dessen Herstellung "nur" 74 Liter Wasser verwendet wurden.
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