
Boris Becker wird nun im TV über seine schwere Zeit sprechen.Bild: IMAGO/ ZUMA Wire
Analyse
20.12.2022, 17:0620.12.2022, 17:06
Am Donnerstag wurde Boris Becker nach einer rund siebeneinhalbmonatigen Haftstrafe entlassen und ist von London umgehend nach Deutschland ausgereist. Er wurden wegen Insolvenzverschleppung zu zweieinhalb Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. In einer Mitteilung seines Anwalts Christian-Oliver Moser hieß es: "Damit hat er seine Strafe verbüßt und ist in Deutschland keinerlei strafrechtlichen Restriktionen unterworfen."
Bisher ist allerdings noch nicht absehbar, wann das Insolvenzverfahren gegen den einstigen Tennisstar abgeschlossen sein könnte. Umso schneller geht der Sportler wieder den Schritt in die Öffentlichkeit. Nachdem bereits bekannt wurde, dass es bei Apple TV+ eine zweiteiligen Doku rund um ihn geben wird, strahlt Sat.1 in der Primetime eine Spezialsendung mit ihm aus.
Im "Sat.1 Spezial. Boris Becker" stellt sich der 55-Jährige den Fragen von Moderator Steven Gätjen. Die Chefredakteurin des Senders, Juliane Eßling, gab vorab zu verstehen: "Ich freue mich, dass Boris Becker uns sein Vertrauen für das erste und weltweit einzige Interview nach der vielleicht schwersten Zeit in seinem Leben schenkt." Medienexperte Ferris Bühler schätzt nun gegenüber watson ein, wie Boris Beckers kommendes TV-Interview zu bewerten ist.

Ferris Bühler ist Medienprofi und Host des Marketing-Podcasts "StoryRadar".Bild: Thomas Buchwalder Wie Beckers schneller Schritt in die Öffentlichkeit zu bewerten ist
Dass Boris Becker schon nach weniger als einer Woche Haftentlassung im Fernsehen mit seinem ersten Interview zu sehen sein wird, sieht Ferris Bühler so: "Für mich war es absehbar, dass sich Boris Becker kurz nach seiner Haftentlassung schnell in den Medien zurückmelden würde. Er hatte ja bereits kurz vor seiner Verurteilung gesagt, dass er sich stellen und nicht mehr davonlaufen werde – damit scheint er nicht nur die britischen Justizbehörden, sondern auch die Öffentlichkeit gemeint zu haben."

Boris Becker gibt Sat.1 sein erstes großes Interview nach der Haftentlassung.Bild: AP / Alberto Pezzali
Und weiter: "Während seiner Haft scheint der Wille, sich öffentlich erklären zu wollen, bei ihm nur noch stärker geworden zu sein. Als er nun von seiner frühzeitigen Haftentlassung erfahren hat, dürfte er das Interview gleich initiiert haben. Es ist aber auch mutig, dass sich jemand so schnell nach einer Haft gleich an die Öffentlichkeit wendet – viele andere Prominente tauchen nach einer Entlassung erst einmal für ein paar Monate oder gar Jahre ab."
Es ist davon auszugehen, dass Boris Becker zahlreiche Angebote für sein erstes Interview erhalten hat. Warum er sich für ein Gespräch mit Steven Gätjen für Sat.1 entschieden hat, könnte laut Bühler folgenden Grund haben:
"Steven Gätjen ist seit Jahrzehnten im Fernsehgeschäft tätig und ein äußerst solider Moderator, der eine große Erfahrung im Umgang mit international bekannten Prominenten hat. Boris Becker dürfte bei ihm daher in besten Händen sein. Ob am Schluss der vorgeschlagene Moderator oder das monetäre Angebot des Senders Becker überzeugte, ist schwer abschätzbar."

Boris Becker lässt sich von Steven Gätjen interviewen.Bild: dpa / Gerald Matzka/Jörg Carstensen
Interview mit Boris Becker von internationaler Bedeutung
Bemerkenswert ist auch, dass das Interview sowohl in deutscher als auch englischer Sprache erscheinen soll. Der Medienexperte erklärt, warum das so wichtig ist: "Boris Becker ist nicht nur der größte Held des deutschen Sports, sondern auch international eine schillernde Persönlichkeit, welche durch die Verurteilung und Inhaftierung nur noch zusätzlich ins weltweite mediale Rampenlicht gerückt ist. Daher sind nicht nur deutsche Medien, sondern auch viele internationale Medien am ersten Interview interessiert."
Zudem merkt er an: "Sat.1 lässt das Gespräch deshalb von einem weltweiten Vertrieb vermarkten. Dass seine Erklärungen weltweit gehört werden, ist natürlich auch im Interesse von Becker selbst. Und Englisch auch deshalb, da Beckers Wahlheimat bis vor Kurzem noch Großbritannien war und Becker sich dort erklären will."

Boris Becker wurde vor seinem Urteil vom Streamingdienst Apple TV+ begleitet.Bild: Apple TV+
In einem Teaser-Video von Apple TV+ war bereits zu sehen, dass Boris Becker die Tränen kommen. Bühler meint mit Blick darauf: "Ich erwarte durchaus ein emotionales Gespräch zwischen Boris Becker und Steven Gätjen. Becker hat während seiner Haftstrafe sicherlich einige emotional prägende Erfahrungen machen müssen und dem Moderator wird es gelingen, ihm diese feinfühlig zu entlocken. Auch wenn wir uns bewusst sein müssen, dass sämtliche Fragen im Vorfeld detailliert abgesprochen und das Gespräch meiner Meinung nach wohl auch bereits im Vorfeld aufgezeichnet wurde."
Warum das Becker-Interview besonders lukrativ ist
Nach Angaben der "Bild" soll er für das Interview 450.000 britische Pfund, also über eine halbe Million Euro bekommen haben. Dies sei nach dem Medienexperten vorstellbar. Der Grund: "Ich erachte diese Summe für durchaus realistisch. Das Interview wird schließlich weltweit vertrieben, womit die Kosten ja nicht allein bei Sat.1 hängen bleiben. Im Gegenteil: Zusammen mit den Werbeeinnahmen zur Primetime und der internationalen Lizenzierung dürfte die Sendung zum höchst lukrativen Business-Case werden."

Boris Becker befindet sich wieder in Deutschland.Bild: AP / Frank Augstein
Abschließend stellt sich die Frage, wie schwer es für den dreimaligen Wimbledon-Sieger wird, sein Image wieder herzustellen. Hier zeigt sich Bühler in jedem Fall optimistisch und sagt: "Ein erster Schritt hat Boris Becker bereits gemacht: Er hat sich der Wahrheit gestellt und seine Strafe verbüßt. Jetzt stellt er sich der Öffentlichkeit. Die Doku von Apple TV+ dürfte ihm zusätzlich helfen, sein Image zu verbessern, indem er seine Sichtweise und Motivation zu seinen Handlungen vermittelt."
Darüber hinaus betont der Experte: "Wenn er dann neben all den erklärenden Worten noch Taten folgen lässt, die ihn als keinen Menschen mit bösartigen Absichten zeigen, hat er durchaus gute Chancen, seine Reputation wieder aufzubauen."
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