Nachhaltigkeit
Analyse

Wie die Klimakrise die Bedingungen für Pollen-Allergiker erschwert

Ein Mann mit Heuschnupfen und Taschentuch vor seiner Nase steht neben einem blühenden Strauch.
Mit Dürre und steigenden Temperaturen verschlimmert sich die Belastung der Luftwege von Allergiker:innen.Bild: dpa / Angelika Warmuth
Analyse

Dürre, Hitze, Pollenflug: Wie die Klimakrise die Bedingungen für Allergiker erschwert

30.03.2022, 09:1530.03.2022, 10:13
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Der diesjährige März ist nach Angaben des Deutschen Wetterdiensts der sonnenreichste seit 70 Jahren: Mit mehr als 195,2 Sonnenstunden knackte er damit den Rekord vom März im Jahr 1953. Während sich viele über die Sonnenstrahlen und warme Temperaturen freuen, werden andere von Allergien und Heuschnupfen geplagt – und das bereits viel früher als noch vor einigen Jahren.

21.05.2018, Brandenburg, Sieversdorf: Pollen löst sich aus Gräsern an einem Wegrand. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/ZB
Pollen sind die geschlechtlichen Keimzellen von Samenpflanzen, die ausgestoßen werden, um andere Pflanzen zu befruchten.Bild: dpa-Zentralbild / Patrick Pleul

"Der Frühjahrsbeginn hat sich in Europa in den letzten Jahren nach vorne verlagert: Damit fängt die Pflanzenaktivität inzwischen etwa zwei Wochen früher an als noch vor 50 Jahren", ordnet Andreas Marx, Leiter des Mitteldeutschen Klimabüros beim Helmholtz-Zentrum für Klimaforschung für watson ein. Diese Veränderung sei ein Effekt der Klimaerwärmung, die die Vegetationszeit vieler Pflanzen früher starten lasse. "Das führt dann auch dazu, dass schon früher im Jahr Pollen fliegen, was sich im veränderten Pollenflugkalender widerspiegelt."

Klimaerwärmung verlängert Vegetationsperiode

Wie Marx erklärt, startet der Pollenflug der Hasel- und Erlenblüte verfrüht im Januar, im Februar folgten dann jene der Ulme und Weide sowie weitere Pflanzenarten. Der Pollenflug ziehe sich dann über die gesamte Vegetationsperiode bis in den September hinein. Für Allergiker von gleich mehreren Pollen sei das eine zunehmende Belastung: "Es gibt fast keine Zeiten mehr, in denen überhaupt keine Pollen mehr unterwegs sind."

ILLUSTRATION - Eine Frau sitzt am 15.08.2017 an einem Badesee in Oranienburg (Brandenburg) auf einer Wiese und schnaubt sich die Nase (gestellte Szene). Foto: Christin Klose || Modellfreigabe vorhande ...
Auch nach einem Alter von 25 Jahren entwickeln inzwischen viele noch eine Gräser- oder Pollenallergie.Bild: dpa-tmn / Christin Klose

Während der Vegetationsbeginn von der Temperaturentwicklung abhänge, könne er aber nicht vor Januar beginnen, betont der Klima-Experte im Gespräch mit watson. "Der Pflanzenwuchs ist neben den klimatischen Bedingungen genauso von den Lichtverhältnissen abhängig – die Tageslänge ist aber astronomisch bestimmt und verändert sich nicht durch den Klimawandel."

Die Pflanzen bräuchten immer Licht für ihren Photosynthese-Prozess, mit dem sie Proteine bilden können. "Wenn aber während des Tages nicht genug Lichteinstrahlung auf die Pflanzen trifft, zerfallen in der Nacht auch die schon gebildeten Proteine wieder", erklärt Marx. Das bremse den Effekt somit wieder etwas aus, "sodass wir dann nicht irgendwann eine ganzjährige Vegetationszeit von Bäumen, Sträuchern und Gräsern in Deutschland haben".

Doppelte Belastung bei staubigen Böden

Doch leider würden zusätzlich Faktoren die Pollenbelastung noch verstärken: So war der März im Gegensatz zum Februar 2022 sehr niederschlagsarm. "Wenn es längere Zeit nicht regnet, gibt es meteorologische Dürreperioden. In diesem Zeitraum steigt die Konzentration von Pollen in der Atmosphäre immer weiter an – das sind die Phasen, in denen Allergiker besonders leiden", sagt Marx.

ILLUSTRATION - 14.04.2018, Bayern, Bad Wörishofen: Eine Frau schnäuzt sich hinter Birkenblüten. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Vor allem Birkenblüten provozieren bei vielen allergische Reaktionen.Bild: dpa / Karl-Josef Hildenbrand

Zeitgleich sind aufgrund des mangelnden Niederschlags die Oberflächen der Böden sehr trocken, über die dann bei Wind nicht nur Pollen, sondern auch Staub- und Schmutzpartikel aufgewirbelt würden. "Die Atmosphäre ist dann generell sehr dreckig und das führt zu einer gemeinsamen Belastung, was die negative Wirkung der Pollen noch verstärkt", folgert der Umweltexperte. Damit ist die Belastung für Allergiker deutlich stärker in Städten als auf dem Land, wo sich vor allem Dreck und Abgase des täglichen Straßenverkehrs mit den Pollen zu einem schädlichen Luftmix vermengen würden.

Erst mit viel Regen würden die Niederschlagstropfen die Atmosphäre wieder von den Aerosolen und Pollen sauber waschen: "Dadurch können Allergiker dann zumindest nach dem Niederschlag kurzzeitig wieder aufatmen."

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