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Bushido-Prozess – Zeuge Ashraf Rammo sauer: "Das verletzt meine Privatsphäre"

Achtung Personen muessen eigenst
Bushido, der im Prozess als Nebenkläger und Zeuge auftritt, war an diesem Tag nicht im Gerichtssaal (Archivbild).Bild: www.imago-images.de / Olaf Wagner
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Geheime Audiodateien im Bushido-Prozess abgespielt: Ashraf Rammo: "Das verletzt meine Privatsphäre"

25.08.2021, 17:2025.08.2021, 17:45
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Es ist der dritte Auftritt von Ashraf Rammo vor Gericht. Schwarze Hose, schwarzes T-Shirt. Der ehemalige Manager von Bushido ist ein wichtiger Zeuge im Prozess gegen Arafat Abou-Chaker und seine Brüder. Doch wie auch bei den letzten Verhandlungstagen hält er sich bedeckt. Zu einigen Sachverhalten will er sich nicht äußern, um sich nicht selbst zu belasten. Bei anderen fehlt ihm die Erinnerung. Oft lässt er seinen Anwalt, den sogenannten Zeugenbeistand, für sich reden.

Angesprochen auf konkrete Daten und Zeiträume gibt sich Rammo ahnungslos. Wann war er mit Bushido in Japan? "Ich habe dieses Fingerspitzengefühl nicht, kein Zeitgefühl." Der kantige Mann, der die Managertätigkeit für Bushido kurzzeitig übernahm, nachdem die Geschäftsbeziehung zu Arafat in die Brüche ging, lehnt sich in seinem Zeugenstuhl zurück, redet hastig und verschluckt die Worte. Die Akustik im Saal ist schlecht. Auf Nachfragen der Oberstaatsanwältin beugt er sich vor das Mikrofon und wiederholt Teile seiner Antwort.

Darum geht es im Prozess
Laut Anklage soll es zu Straftaten gekommen sein, nachdem Bushido 2017 die geschäftlichen Beziehungen auflösen wollte. Abou-Chaker habe dies nicht akzeptieren wollen und von Bushido eine Millionen-Zahlung sowie die Beteiligung an dessen Musikgeschäften für 15 Jahre gefordert, heißt es in der Anklageschrift. Der Rapper sei bedroht, beschimpft, eingesperrt und verletzt worden. Die Brüder im Alter von 39, 42 und 49 Jahren sind als Gehilfen oder Mittäter angeklagt.

Auch bei Fragen zu Bushidos Disstrack "Mephisto", der sich mutmaßlich gegen Arafat Abou-Chaker richtet, bleibt Rammo zunächst wortkarg. Er kenne den Inhalt des Textes nicht, gibt er an. "Aber wenn Sie mich fragen, was wir gestern aufgenommen haben, weiß ich das auch nicht." Er sei eben kein Künstler. Dann entlockt ihm Oberstaatsanwältin Leister doch noch einen Kommentar. Was er denn von dem Song halte, will sie wissen. Rammo schnauft und macht eine Pause: "Ich habe ihn gefragt: 'Warum machst du das auf diese Art? Warum machst du das wie eine Fabel und nennst es nicht beim Namen?'" Was er damit meint: Warum nennt Bushido den Namen Arafat Abou-Chaker nicht in dem Lied?

Ashraf Rammo sitzt im wahrsten Sinne des Wortes zwischen den Stühlen, das wird in dieser Situation deutlich. Zu seiner rechten Seite sitzt Arafat mit seinen Brüdern auf der Anklagebank. Sie begegnen sich gegenseitig mit Respekt. Zur Linken steht der Stuhl des Zeugen und Nebenklägers Bushido, der an diesem Tag in Vertretung von seinem Anwalt eingenommen wird. Auch zu Bushido hat er ein gutes Verhältnis, das mit seiner Managertätigkeit enger wurde. Er will es sich mit keinem verscherzen, keine Partei ergreifen. In deren Streit wolle er sich nicht einmischen. Das hatte er bereits zuvor erzählt.

Ashraf Rammo und die ominösen 180.000 Euro

In einem Punkt bohrt die Staatsanwaltschaft dann aber doch nach: Was wusste Rammo über die ominösen 180.000 Euro? Laut Bushido wurde dieser Betrag im Auftrag von Arafat und ohne sein Wissen vom Firmenkonto abgehoben, um Kosten an der gemeinsamen Villa in Kleinmachnow zu decken. Einen Beweis für diese Aussage gab es bisher nicht, ebenso wenig eine Spur, was mit dem Geld passiert ist. Genau in dieser Frage erhofft sich die Staatsanwaltschaft nun Antworten von Rammo. Er soll Mitwisser der mutmaßlichen Abhebung gewesen sein. Doch auch hier bleibt der Zeuge unkonkret. Es habe ein Gespräch mit Arafat über einen Geldbetrag gegeben, räumt er ein. Aber er wisse weder die Höhe des Betrags, noch die geplante Verwendung.

Oberstaatsanwältin Leister traut der Sache nicht. Sie glaubt, einen Widerspruch in Rammos Aussage gefunden und dafür sogar einen Beweis zu haben. Das damalige Gespräch zwischen Arafat Abou-Chaker und Ashraf Rammo wurde nämlich aufgezeichnet – heimlich – von Arafat Abou-Chaker. Vor Gericht ist diese Aufnahme erstmal wertlos. Da sie illegal, also ohne Einverständnis von Rammo angefertigt wurde, darf sie nicht als Beweismittel verwendet werden. Eigentlich.

Rechtsdiskussion über Audiodatei

Doch was nun folgen sollte, ist ein Lehrbeispiel für gerichtliche Interessensabwägung. Der Vorsitzende Richter Martin Mrosk steckt mit den Beisitzenden Richterinnen die Köpfe zusammen. Unterdessen holt Rammos Anwalt für eine Stellungnahme aus: Sein Mandant habe Verständnis für Abhöraktionen von offiziellen Institutionen, aber diese Aufnahme sei illegal entstanden und verletze seine Privatsphäre. Sein Mandant widerspreche daher der Abspielung vor Gericht, lässt er den Vorsitzenden wissen. Dieser wiederum zeigt sich unbeeindruckt. "Wir wissen ja erst, ob es Gegenstand der Verhandlung werden kann, wenn wir es gehört haben."

Wieder beugt er sich zu beiden Seiten. Es wird getuschelt. Dann verkündet er "in der Abwägung der Verhältnismäßigkeit zu Gunsten des Abspielens" zu entscheiden. Man erhoffe sich die Aufklärung von Straftaten. Schließlich gehe es um mutmaßliche Untreue bei einem nicht unerheblichen Betrag.

"Sie wollen mich hier bloßstellen"
Ashraf Rammo zum Vorsitzenden Richter

Nun findet auch Ashraf Rammo wieder Worte. "Ich bin hier als Zeuge", poltert er, "jetzt wollen Sie das hier vor 50 Leuten abspielen, obwohl Sie mich auch direkt fragen könnten." Das sei ihm "unangenehm". Der Vorsitzenden Richter entgegnet, ihn bereits persönlich über den Inhalt des Gesprächs gefragt zu haben und weist auf Rammos Erinnerungslücken hin. Dieser wettert weiter: "Das verletzt meine Privatsphäre." Seine Stimme überschlägt sich jetzt. "Sie wollen mich hier bloßstellen." Ein Vorwurf, den der Vorsitzende Richter umgehend zurückweist. Dennoch macht er sich die Entscheidung offenbar nicht leicht. Er ist sich bewusst, wie heikel diese Entscheidung ist. "Wenn Sie es machen müssen, machen Sie es, aber ich will es nicht", schiebt Rammo noch hinterher. Dann erlässt der Richter die Anordnung, die Audiodateien abzuspielen.

Schlechte Tonqualität sorgt für Ratlosigkeit

Die Vorkehrungen sind bereits getroffen. Ein ergrauter Mann im hellen Anzug erhebt sich langsam von seinem Platz und schreitet nach vorne. Er legt Zettel und Stift vor sich auf den Tisch. Der Dolmetscher. Er soll die arabischen Passagen ins Deutsche übersetzen. Als die Aufnahme ertönt ist absolute Stille im Saal eingekehrt. Knistern und Rauschen, dann ein Stimmengewirr. "Wallah"..."Ich krieg 1000 Euro". Wieder Knistern und Rauschen. "Wie sieht das denn aus?"..."erreich ich ihn?"... "Vollmacht"..."Gas und Wasser". Im Hintergrund Kinderstimmen, ein Glas geht kaputt, arabische Satzfetzen. Der Rest verschwindet im Knirschen der schlechten Tonqualität.

Nach der rund zweiminütigen Sequenz blicken alle zum Dolmetscher. Richter Mrosk schlägt vor, die Aufnahme nun nochmal Satz für Satz durchzugehen, doch der Übersetzer unterbricht: "So viel vorweg: Es ist mir nicht möglich das zu übersetzten. Ich habe gar nichts verstanden." Die Prozessbeteiligten schauen sich ratlos an. Offenbar geht es ihnen genauso. "Welche Sprache wurde denn gesprochen?", fragt eine Stimme aus der Reihe der Verteidiger. "Überwiegend deutsch", ist sich der Richter sicher, "aber wir machen erstmal Mittagspause."

Die Mittagspause wurde genutzt, um dem Übersetzer einen ruhigen Platz und Kopfhörer zu beschaffen. Doch auch das nutzt nichts. Als es weitergeht muss Richter Mrosk feststellen, dass sich die "akustische Inaugenscheinnahme" als "äußerst kompliziert erwiesen" hat. Der Übersetzer habe angeboten, eine Übersetzungsleistung bis zum nächsten Prozesstermin zu verschriftlichen. Der ist am Montag.

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