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Comedian Ben Schmid erklärt, warum Comedy Roast Battles gerade zum Hype werden

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Comedy Roasts – Warum es gerade zum Hype wird, sich gegenseitig zu beleidigen

27.04.2019, 19:3530.04.2019, 10:11
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Liebst du jemanden, dann kannst du ihn auch beleidigen.

Aus diesem Gedanken entstand in den USA und in Großbritannien die Tradition des Roast. Ein Redner reißt Witze über jemanden, der geehrt wird. Roasting ist im angelsächsischen Raum so populär, dass sich Prominente freiwillig zur Zielscheibe von mittlerweile professionellen Roastern machen.

Auch in Deutschland ist das "Grillen" auf der Bühne mittlerweile angekommen. Der MDR produzierte bisher zwei Folgen "Comedy Roast Show" mit den komödiantischen Opfern Ingolf Lück und Felix Lobrecht.

Der amerikanische Comedian Brian Moses entwickelte das Konzept weiter und erfand das Roast Battle. Ähnlich wie beim Battlerap beleidigen sich zwei Gegner nacheinander mit besonders witzigen und bösen Punchlines.

Sehr zu empfehlen: Das Battle zwischen Roast-Gott Jeff Ross und NBA-Star Blake Griffin

Das Roast Battle hat es auch nach Deutschland geschafft. Berlins Stand-Up-Szene beleidigt sich mittlerweile regelmäßig unter der Leitung von Comedian Ben Schmid.

Der rief den "Ultimate Roast Battle" ins Leben und moderiert die Show regelmäßig im Quatsch Comedy Club. Das Format kommt beim Publikum so gut an, dass der Sender Comedy Central jetzt eine Staffel "Roast Battle" produzierte.

Wir trafen Comedian Ben Schmid und sprachen mit ihm über die Kunst des witzigen Beleidigens und eine neue Comedy-Generation.

watson.de: Ist das Roast Battle wirklich eine Show, oder nimmt man sich hinter der Bühne manche Beleidigungen übel?
Ben Schmid: In unserer kleinen Roast-Szene kennen wir uns alle, wir schreiben Jokes zusammen und treten zusammen auf. Da sind wir auch hinter der Bühne freundlich zueinander und freuen uns über besonders lustige Punchlines.

Comedian und Roast-Battle-Moderator Ben Schmid

Bild
zvg

Ihr freut euch also darüber, beleidigt zu werden?
Der klassische Roast ist ja auch eine Ehrerbietung. Wenn du dich roasten lässt zum Geburtstag oder zum Firmenjubiläum – was Schöneres gibt es nicht. Einfach deswegen, weil der andere mir Aufmerksamkeit widmet, und sich wirklich Gedanken über mich macht. Es fühlt sich einfach geil an, wenn Leute über dich herziehen.

In den USA geht es beim Roast Battle, wenn es zum Wettbewerb kommt, schon an die Substanz. Dort sind diese Wettbewerbe auch eine riesige Karriere-Chance.

Gibt es Regeln beim Roast Battle, die nicht überschritten werden dürfen?
Neben der Form, wie viele Jokes jeweils abgefeuert werden dürfen, kann man vor dem Battle noch über Tabus sprechen. Bei Fernsehaufzeichnungen wie beim Roast von Charlie Sheen gibt es vorher natürlich Absprachen.

Was macht einen guten Roast aus?
Für Äußerlichkeiten oder ethnische Hintergründe kann man ja nichts, daher tun Sprüche in diese Richtung nicht weh. Ein guter Roast packt den anderen da, wo es wehtut und das ist bei charakterlichen Schwächen und wenn er sich moralisch angreifbar macht.

Das bedeutet also viel Vorbereitung und Recherche
Vorbereitung ist das A und O.

Wird auch im Umfeld telefoniert?
Ja! Je gründlicher du arbeitest, desto besser. Private Infos sind die besten.

Wie wichtig sind Konter?
Wir nennen sie Comebacks und die sind extrem wichtig. Das Publikum wertschätzt es sehr, wenn man sich schlagfertig verteidigen kann. Auf solche Comebacks kann man sich auch vorbereiten. Wenn ich meine Schwächen kenne, dann weiß ich auch, womit er angreifen wird. Das Battlen ist sehr strategisch und akribisch.

Inwiefern unterscheiden sich Roast-Punchlines von klassischen Stand-Up-Witzen?
Die meisten Stand-Up-Comedians, die mitmachen, unterschätzen die Schreibarbeit. Beim Stand-Up probierst du einen Witz aus, justierst ihn und nach dem zehnten Auftritt sitzt er perfekt. Beim Roast Battle hast du nur diesen einen Schuss, der vom Schreibtisch weg zünden muss. Und da helfen nur Training und Erfahrungswerte.

Wer ist denn der aktuelle Godfather des Roast Battles?
Das ist Alex Upatov, der war seit dem ersten Roast permanent dabei. Er schreibt sehr viel und bereitet sich akribisch vor. An Alex gefällt mir so, dass er in seinen Battles einen gesellschaftlichen Kontext herstellt, was seine Roasts sehr relevant macht.

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Wie reagiert denn das deutsche Publikum auf Roasten? Versteht es das Stilmittel der Beleidigung?
Mittlerweile ja. Doch die ersten sechs Shows waren schlimm. Die Leute haben es nicht gecheckt und wir wussten nicht, wie man es macht. Wir mussten erst mal erklären, dass das hier kein Mobbing ist.

Leute, die bei euch roasten, sind Comedians, die keine Rolle auf der Bühne spielen. Würde es denn funktionieren, wenn Comedians, wie etwa Olaf Schubert oder Ausbilder Schmidt, die auf der Bühne eine Kunstfigur verkörpern, geroastet werden würden?
Schwer. Wir hatten Vincent Pfäfflin da, der keine klassische Persona ist, sondern nur etwas überhöht ist. Das funktionierte gut, aber auch weil Vincent ein guter Schreiber ist. Normalerweise klappt das bei Kunstpersonas nicht so gut. Da ist ja keine Fallhöhe dabei, ein Kunstfigur zu roasten. Es funktioniert ja, nicht zu sagen: 'Du verkleideter Bademeister, du kannst nicht gut schwimmen.'

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Man müsste also die Person hinter der Rolle roasten?
Genau, das wäre die richtige Strategie. Nach dem Motto: 'Du bist 40 und läufst im Bademeister-Schlüpfer rum.' Da brauchst du fast schon keine Punchline mehr.

Deutsche Comedy wird amerikanischer und realer. Da junge Publikum lehnt Rollen eher ab. Was mag das junge Comedy-Publikum denn?
Es kommt vor allem auf Sympathie an – auch beim Roast Battle. Offiziell ist es ein Wettbewerb der besten Jokes, aber eigentlich ist es eher ein Sympathie-Wettbewerb.

In einem amerikanischen Roast gab es ein Battle, da war der eine groß, blond und gut aussehend und hat gegen einen kleinen, dicklicheren Mexikaner geroastet. Da hat er Witze darüber gemacht, wie dessen Mutter ihn im Restaurant bedient hat. Die Witze waren wirklich gut, dennoch war er unsympathisch, weil er immer von oben nach unten gepuncht hat. Der Underdog kann ihn immer zu Fall bringen.

Ist wirklich alles an politischer Inkorrektheit erlaubt?
Ja, wenn du dich politisch inkorrekt über jemanden auslässt, dann kann sich dein Gegenüber wehren. Und das Publikum, das zum Comedy Roast geht, will eigentlich genau dieses Spannungsfeld ausgetestet haben, was gesagt werden kann und was nicht.

Wenn Roasting noch erfolgreicher wird, dann kann man auch erwarten, dass sich viele empören werden.
Als wir das erste Roast Battle im Quatsch Comedy Club veranstalten haben, waren ältere Kollegen dabei, die für das klassische Comedy-Establishment stehen. Die sind während der Show gegangen. Ich glaube, ältere Generationen stößt einfach diese Rohheit ab. Auch meine Mutter musste erst mal schlucken, als sie eine Show von uns sah.

Brauchen jüngere Generationen das verbale ankoten, damit sie lachen können?
Comedy wurde jahrelang für eine bürgerliche Mittelschicht betrieben, die auch mit Tabus gelebt hat. Da hat man nicht "Scheiße" beim Mittagessen gesagt. Wir sind aber anders aufgewachsen und anderen Dingen ausgesetzt worden – Pornos, Drogen, Counter Strike, wir haben Freunde mit Migrationshintergrund. Meine Frau ist Türkin und zuhause drücken wir uns ständig Sprüche über Herkunft. Es hat sich eine neue Selbstverständlichkeit eingebürgert, die auch den Ton der Comedy veränderte.

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quelle: www.imago-images.de / via www.imago-images.de
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