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Die Ärzte sagten, sie dürfe nicht schwanger werden – Mutter mit Epilepsie berichtet

Sabrina durfte wegen ihrer Krankheit ursprünglich nicht schwanger werden. Mittlerweile hat sie einen gesunden Sohn. (Symbolbild)
Sabrina durfte wegen ihrer Krankheit ursprünglich nicht schwanger werden. Mittlerweile hat sie einen gesunden Sohn. (Symbolbild)Bild: E+ / Marco_Piunti
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Die Ärzte haben gesagt, sie dürfe nicht schwanger werden: Mutter mit Epilepsie berichtet

05.09.2020, 16:31
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Sabrina Bergler, 31, dachte lange Zeit, dass sie keine eigenen Kinder haben würde: denn sie leidet an Epilepsie. Aufgrund der Medikamente, die sie täglich nehmen musste, war eine Schwangerschaft eigentlich ausgeschlossen. Bis sie einen Entschluss fasste – und ihr Leben um 180 Grad wendete. Eine Geschichte, die zeigt: Wir können oftmals mehr bewirken, als wir uns ursprünglich vorstellen.

"Bis wir unser Baby zum ersten Mal in unseren Händen halten konnten, war es ein langer Weg."

Ich hatte mich eigentlich schon damit angefreundet, keine Kinder zu kriegen. Ich war selbst noch praktisch ein Kind, als ich erfuhr: Aufgrund meiner Epilepsie und der starken Medikamente, die ich deswegen nehmen muss, darf ich nicht schwanger werden.

Ausgemacht hat mir dieser Gedanke eine lange Zeit lang wenig: nicht Mutter werden zu können. Zumindest nicht von meinen eigenen, biologischen Kindern. Bis ich Mitte 20 war und in einer ernsthaften Beziehung.

Um es gleich zu sagen: Unser Sohn Leo ist jetzt neun Monate alt und kerngesund – trotz meiner Epilepsie. Bis wir unser Baby allerdings zum ersten Mal in unseren Händen halten konnten, war es ein langer Weg.

Meine Medikamente gegen die Epilepsie schlossen eine Schwangerschaft aus

Mit elf Jahren fingen meine Krampfanfälle an. Damals wurde bei mir eine sogenannte juvenile myoklonische Epilepsie diagnostiziert: eine Form der Epilepsie, die im Kinder- oder Jugendalter auftritt. Zu den Symptomen gehören Muskelzuckungen, auch bekannt als Myoklonien. Es sind auch Grand-mal-Anfälle möglich, bei denen man das Bewusstsein verliert.

Dank der Medikamente, die ich seit der Diagnose täglich nehmen musste, konnte ich mit meiner Epilepsie gut leben. Sowohl die Anfälle als auch die Nebenwirkungen hatte ich im Griff. Einziges Manko: Zwei der drei Medikamente, die ich täglich einnahm, schlossen eine Schwangerschaft aus. Als Teenager machte ich mir darüber keine Sorgen.

"Mit der ersten ernsthaften Beziehung kamen schließlich auch die ersten ernsthaften Fragen: Wollen wir eine Familie gründen? Und wenn ja, wie?"

Ich wurde älter, fing an zu studieren, lernte irgendwann schließlich den Jungen kennen, der später einmal mein Mann werden sollte. Mit der ersten ernsthaften Beziehung kamen schließlich auch die ersten ernsthaften Fragen: Wollen wir eine Familie gründen? Und wenn ja, wie – wenn ich aufgrund meiner Epilepsie eigentlich keine Kinder bekommen sollte?

Mit 25 sprach ich mit meinen Ärzten, ob die Möglichkeit besteht, andere Medikamente zu nehmen, die für ein Ungeborenes nicht schädlich sind. Wir haben andere Mittel ausprobiert, haben versucht, die Dosierung zu minimieren – aber dann bekam ich wieder epileptische Anfälle. Auch die wären unter Umständen gefährlich während der Schwangerschaft. Ein Arzt sagte mir sogar, er hätte Bauchweh bei dem Gedanken, wenn ich meine Medikamente für eine Schwangerschaft absetzen würde.

Auch an Adoption haben wir gedacht. Aber ein Kind adoptieren durfte ich nicht – ebenfalls aufgrund meiner Epilepsie, weil mir gesagt wurde, die Krankheit könnte im schlimmsten Fall mein Kind gefährden.

Nach außen hin versuchte ich mich tough zu zeigen und meine Situation zu akzeptieren – aber irgendwann konnte ich einfach nicht mehr. Nichts schien zu klappen, um endlich eine eigene Familie aufzubauen – weder Medikamente absetzen noch Adoption. Ich hatte das Gefühl, zu platzen. Erst dann fasste ich den Entschluss: Ich muss zu radikaleren Maßnahmen greifen. Erst, wenn auch das nicht funktionieren würde, könnte ich mich mit dem Gedanken anfreunden, keine Kinder zu haben.

Ich musste vor allem mein Stress-Level reduzieren

Ich suchte wieder das Gespräch mit meinen Ärzten: Ich wollte es um jeden Preis schaffen, die Medikamente, die einer Schwangerschaft im Weg stehen würden, aufzugeben. Dafür musste ich vor allem den wesentlichen Faktor in meinem Leben reduzieren, der epileptische Anfälle verursacht: Stress.

Ich versuchte, mich stark auf mein Wohlbefinden zu konzentrieren. Fing an, täglich zu meditieren – das war sehr wichtig – und Yoga zu machen. Stellte meine Ernährung auf eine ketogene Diät um, bei der man keine Kohlenhydrate zu sich nimmt und so den Körper entlasten soll. Fing an, CBD zu nehmen, ein Wirkstoff aus Marihuana, der im Gegensatz zu THC nicht berauschend, sondern beruhigend wirkt. Hörte auf, aufwühlende und negative Nachrichten zu konsumieren – kurz, alles einzudämmen, was meinen Körper stressen und Anfälle provozieren könnte.

"Ich wollte es um jeden Preis schaffen, die Medikamente, die einer Schwangerschaft im Weg stehen würden, aufzugeben. Dafür musste ich vor allem den wesentlichen Faktor in meinem Leben reduzieren, der epileptische Anfälle verursacht: Stress."

Gleichzeitig versuchten meine Ärzte und ich wieder, die Dosis meiner Medikamente so weit es geht zu minimieren. Einen der beiden Wirkstoffe, die einer Schwangerschaft im Weg standen, konnte ich durch meinen neuen Lebensstil komplett weglassen. Den anderen konnte ich immerhin so weit reduzieren, dass ich ihn sicher während einer Schwangerschaft nehmen konnte. Ein drittes Medikament, das keine Gefahr für ein Ungeborenes darstellt, konnten wir hochschrauben.

So gaben meine Ärzte mir grünes Licht für eine Schwangerschaft. Und mein Partner und ich hatten Glück: Ich wurde gleich schwanger.

Die Schwangerschaft war belastend – aber wir haben es geschafft

Damit fing eine extrem turbulente Zeit an: Nicht nur für mich, die sich nun doppelt schonen musste, sondern auch für meinen Partner, der mich unterstützte, emotional und körperlich – fast, als würde er mich pflegen. Er konnte keinen Urlaub nehmen oder mal eine Nacht woanders schlafen. Uns beiden war klar, aufgrund meiner Epilepsie mussten wir uns von Anfang an gleichermaßen in die Schwangerschaft einbringen.

Die neun Monate bis zur Geburt verliefen verhältnismäßig gut, was die Epilepsie anging: Ich hatte keine gefährlichen Grand-mal-Anfälle, die zu einem Sauerstoffmangel bei unserem ungeboren Sohn hätten führen können.

Myoklonische Anfälle hatte ich trotzdem, die glücklicherweise unserem Kind nicht geschadet haben, aber eine enorme körperliche Belastung darstellten. Man weiß eben nie, wann einen so ein Krampfanfall erwischt – das kann abends im Bett passieren, aber auch mitten am Tag, wenn man die Straße überquert und plötzlich hinfällt. Bei einem Anfall bin ich zum Beispiel gestolpert und auf mein Knie gefallen. Ein anderes Mal habe ich mich verbrannt, weil ich gerade am Herd stand. Bei einem schwereren Anfall kurz vor der Geburt habe ich mir ein paar Rippen gebrochen – das war schmerzhaft, aber ich habe versucht, den Bruch bis nach der Geburt zu ignorieren.

"So, wie wir die Schwangerschaft gestaltet haben, konnten wir zwar das Baby schonen. Die Belastung für uns war dennoch groß, die Epilepsie macht einfach Angst."

Schlimm waren auch die Nebenwirkungen der Epilepsie-Medikamente, die ich in der neuen Zusammensetzung besonders zu spüren bekam. Ich war sehr emotional, hatte Panikanfälle, die manchmal in epileptische Anfälle mündeten, konnte nachts nicht allein sein. In solchen Momenten hat mir mein Mann sehr geholfen, der für mich da war – schließlich gab es auch für ihn keine Ruhephasen, er konnte eigentlich nicht von meiner Seite weichen. So, wie wir die Schwangerschaft gestaltet haben, konnten wir zwar das Baby schonen. Die Belastung für uns war dennoch groß, die Epilepsie macht einfach Angst.

Unser Baby kam gesund auf die Welt

Dann, endlich, die Geburt: Leo kam auf die Welt, gesund, auf natürlichem Wege – und wir waren überglücklich. Sein Baby nach dieser langen Zeit in den Händen halten zu können, zu denken: "Und das ist mal in meinem Bauch gewesen!" – das ist unfassbar. Vor allem, weil es jahrelang hieß, dass ich diesen Moment niemals erleben würde.

Die Anstrengung hörte mit der Geburt natürlich nicht auf. Wir haben nun schließlich ein kleines Kind zu Hause, das zu jeder Tages- und Nachtzeit gepflegt, gefüttert und gewickelt werden will. Obwohl Leo ein entspanntes Baby ist, bringt das seine Herausforderungen mit sich.

"Ich sehe es als Geschenk an, dass ich meinen Sohn zumindest drei Wochen lang stillen konnte."

So musste ich zum Beispiel nur wenige Wochen nach der Geburt meine Medikamente wieder hochdosieren. 14 Tage, nachdem Leo zur Welt gekommen ist, hat es ungefähr gedauert, bis meine Krankheit wieder einsetzte. Dann musste ich sehr schnell, innerhalb von einer Woche, abstillen. Die Nebenwirkungen der Medikamente, die ich zum Abstillen nehmen musste, die Hormonschwankungen, die gebrochenen Rippen und natürlich die drohenden Epilepsie-Anfälle – all das sind Faktoren, die die Situation als frisch gebackene Eltern nicht gerade erleichtern. Dennoch sehe ich es als Geschenk an, dass ich meinen Sohn zumindest drei Wochen lang stillen konnte.

Unser Projekt für nächstes Jahr: Wir wollen auf Weltreise gehen

Nun aber, mehr als acht Monate nach der Geburt, geht es uns sehr gut. Die ersten drei Monate lang kümmerte sich mein Mann nachts allein ums Baby, damit ich schlafen konnte – Schlafmangel ist einer der Faktoren, der epileptische Anfälle auslösen kann. Mittlerweile bin ich mit meinen Medikamenten allerdings wieder so gut eingestellt, dass ich mich unter der Woche nachts um Leo kümmere, damit mein Mann arbeiten gehen kann.

"Ich glaube, wir können oft mehr mitmachen, als wir uns zunächst vorstellen können."

Wie es nun weitergeht: Mein Mann und ich wollten eigentlich die Elternzeit ausgiebig nutzen und gemeinsam mit unserem Sohn auf Weltreise gehen. Die Reise war bereits geplant, allerdings hat uns die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht, wir sind nun doch in Deutschland geblieben und werden höchsten ein paar kleinere Urlaube machen. Die Idee von der Weltreise ist allerdings noch nicht vom Tisch: Wir möchten sie nächstes Jahr, wenn sich die pandemische Lage hoffentlich wieder entspannt hat und wir generell ein wenig mehr Klarheit haben, angehen.

Ich glaube, wir können oft mehr mitmachen, als wir uns zunächst vorstellen. Dass ich mal einen Sohn haben würde, war eine Zeit lang unvorstellbar. Dass ich mein Leben so umstellen würde, meine Medikamente anders dosieren, mich so von zahlreichen Stressfaktoren lösen können würde, auch. Und trotzdem sind wir nun eine kleine, glückliche Familie.

Protokoll: Agatha Kremplewski

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