Brände, Schädlinge und Dürre: Der Wald brennt und Deutschlands Bauern droht eine Missernte. Doch was ist nun der richtige Weg, um mit dem Klimawandel umzugehen? Bei "Hart aber fair" wurde am Montagabend heiß diskutiert – insbesondere Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner war in Streitlaune.
Er liegt wieder auf der Intensivstation: der Wald. Während in den 80er Jahren viel davon die Rede war, aber das Waldsterben eigentlich nicht stattfand, wird nun gar nicht mehr darüber gesprochen, obwohl der Wald stirbt – und das direkt vor unseren Augen. Mehrere Tausend Hektar Wald in ganz Deutschland sind von Käfern befallen, vertrocknen und verbrennen oder werden von Stürmen zerstört.
"Ganze Wälder verlieren ihren Lebensmut“, sagt Franz Prinz zu Salm-Salm, der Vorsitzende des Waldbesitzerverbands in Sachsen-Anhalt ist. Er beschreibt dabei Szenen aus deutschen Wäldern: "Allein in Dessau sind 200 Jahre alte Eichenbestände von 2600 Hektar Größe mit Schädlingen befallen. In einem Forst, der zum Unesco-Weltkulturerbe zählt. Die Mitarbeiter dort müssen mit 'Biochemiekampfanzügen' in die Kulturpflege gehen. Das ist kein Witz, sondern bitterer Ernst.“
Was er meint, ist der Befall mit Eichen-Prozessionsspinnern. Die Raupenart breitet sich in ganz Deutschland stark aus, schädigt die Bäume so sehr, dass sie absterben und ist auch für den Menschen nicht ungefährlich. Denn ihre feinen Brennhaare, die sich in der Luft verteilen, können zu Hautausschlägen, Atembeschwerden und Netzhautentzündungen führen, wie ein Einspieler zeigt.
Der Waldbesitzer redet sich so sehr in Rage, aber ist dabei so leidenschaftlich, dass Moderator Frank Plasberg ihm gleich vorschlägt, in die Politik zu gehen. Dafür sei er "zu ehrlich“, gibt Prinz zu verstehen, doch macht er mit Nachdruck deutlich, was er von der Gesellschaft in Deutschland in Bezug auf das Waldsterben hält:
Er spielt darauf an, dass bisher keine steuerliche Abgabe für den Erhalt der Wälder entrichtet wird. "Wir Waldbesitzer wurden einfach im Stich gelassen“. Er fordert einen Klimafond, der bei den Waldbesitzern auch ankommt. Das derzeitige politische Problem jedoch sei, dass der Forst Ländersache ist und die Bundesregierung wenig Einfluss darauf hat, wo genau die Steuergelder am Ende in den Bundesländern hinfließen.
Der leidenschaftliche Waldbesitzer betont weiter: "Ich habe weinende Waldbesitzer bei mir. Die machen das nicht mehr lange mit. Wenn wir die Wälder nicht gemeinsam retten, dann geben sie alle auf." Auch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner stimmt Prinz zu und spricht sich für einen Klimafond aus. Da der Wald als "Allesretter“ betrachtet würde, müsse ein Millionen-Aufforstungsprogramm gestartet werden. Dazu bräuchte sie rund 600 Millionen Euro, rechnet die Ministerin vor, sagt jedoch nicht, wo das Geld dafür hergenommen werden soll.
Polarisieren tut an diesem Abend jedoch insbesondere Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Bauernverbandes. Vom Journalisten Franz Alt wegen vermeintlicher Monokultur in der Landwirtschaft und dem prophylaktischen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln angegriffen, kontert der Bauer:
Ökolandbau ist für den Präsidenten jedoch nicht allein die Waffe gegen schlechte Böden und miese Ernten. Er glaube an den richtigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und einer Auflockerung der Fruchtfolge, sodass sehr unterschiedliche Lebensmittel auf den Boden eingepflanzt werden können.
Die Ministerin will dem Landwirt zur Hilfe eilen und macht deutlich: "Als erstes sind die Landwirte da, um die Menschen satt zu bekommen. Die Subventionen, die an Landwirte ausgeschüttet werden, sollen nun an noch stärkere Bedingungen im Bereich Tierschutz und Umweltschutz gekoppelt werden.“
Und während sie versucht, die Lage ein wenig zu beruhigen, quasselt Rukwied immer wieder dazwischen, statt ihre Hilfe anzunehmen. Sichtlich genervt von den Unterbrechungen sagt Klöckner: "Im Gegensatz zu Ihnen war ich im Agrarrat und ich entscheide das, also lassen Sie mich mal quatschen.“
Als er auch dann nicht aufhört und der Journalist Franz Alt auch erneut einsteigt, sagt sie zu Rukwied:
Mittlerweile wird die Situation auch Frank Plasberg zu bunt und er greift ein, um den "unharmonischen Chorgesang“ von Ministerin und Bauer zu unterbrechen.
Am Ende dreht sich die Diskussion um die Verantwortung der Verbraucher. Und bevor der Landwirt vor Wut noch "mit dem Traktor ins Studio fährt", wie Plasberg kommentiert, übergibt er Rukwied noch einmal das Wort: "Wir produzieren im Ganzen schon rund sechs Prozent Ökoprodukte, aber die Sachen kommen gar nicht weg. Wir Landwirte machen das, aber es wird nicht gekauft."
Schaut man sich die "Fridays for Future“-Bewegung und die Zustimmung zu den Grünen in Deutschland an, könne man von "verbaler Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre“ sprechen, sagt Moderator Plasberg in Bezug auf das Konsumverhalten von Verbrauchern.
Schließlich würden immer mehr Lebensmittel in der Tonne landen, mehr geflogen und noch mehr SUVs jährlich angemeldet werden. Und Plasberg gibt zu: "Bevor es mein Nachbar verrät: Ich habe auch einen SUV."
Während in der Diskussion im Studio die Verantwortung für den Klimawandel erneut zu einem großen Teil bei der Bevölkerung gesucht wird, spricht sich nur Alt für politische Verbote aus – wenngleich mit etwas erstaunlichen Vergleichen:
"Die Kinderarbeit ist doch auch nicht mit höheren Steuern besiegt worden, der Sklavenhandel auch nicht. Wo sind die schlichten Verbote? Nur Verbote seitens der Politik können jetzt noch helfen."
Das abstruse Ende eines chaotischen Abends.