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Angst und Panik in der Pandemie: Können Apps dagegen helfen?

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Viele Mental Health Apps versprechen Linderung bei Panikattacken, Angststörungen und Schlafproblemen.Bild: iStockphoto / tommaso79
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"Es ist wichtig, dass man erstmal versteht, was mit einem los ist" – Therapeutin erklärt, ob Apps gegen Angst und Panik in der Pandemie helfen können

13.02.2021, 12:4915.02.2021, 08:58
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Irgendwann können auch der 20. Spaziergang im Monat und die 30. digitale Geburtstagsfeier die Laune nicht mehr heben. Vor allem, weil es ja auch dabei immer wieder um das eine Thema geht: Corona. Seit März 2020 ist Deutschland größtenteils im Lockdown. Gemeinsam in Cafés, Bars oder Restaurants sitzen geht nicht, Feiern sind verboten und arbeiten soll man, wenn möglich, von zu Hause aus.

Ein Großteil des Lebens hat sich verändert und es ist nicht klar, wie lange das noch so bleibt. Von Anfang an wurde davor gewarnt, welche Belastung die Situation für psychisch Kranke darstellt. Und je länger die Maßnahmen dauern, desto größer wird auch die Belastung für psychisch gesunde Menschen.

Unter-35-Jährige stärker belastet

Feststeht, dass die Corona-Pandemie die Psyche vieler Menschen beeinflusst. Wie sehr, haben Forscher aus Singapur untersucht. Sie werteten Berichte von über 280.000 Menschen aus 19 verschiedenen Ländern aus und kamen zu dem Ergebnis, dass eine oder einer von drei Menschen psychisch unter den Auswirkungen der Pandemie leidet. Das zeigt sich beispielsweise in Form von Schlaflosigkeit und Angstzuständen. Dabei sind Unter-35-Jährige stärker belastet als ältere Menschen.

Eine Studie von Wissenschaftlern der Universitäten Hildesheim und Frankfurt zeichnet ein ähnliches Bild: Knapp 46 Prozent der im Rahmen einer bundesweiten Studie befragten 15- bis 30-Jährigen stimmten der Aussage voll beziehungsweise eher zu, Angst vor der Zukunft zu haben. Mehr als 7000 Jugendliche und junge Erwachsene beteiligten sich an der Studie.

Das kommt für Rainer Rupprecht nicht überraschend. Der Professor leitet den Lehrstuhl für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uni Regensburg. "Jüngere Menschen haben mehr Angst vor der Zukunft und es fehlen gerade viele Dinge, die die Jugend ausmachen", sagt er gegenüber watson. "Normalerweise trifft man sich mit Freunden und ist unterwegs. Für junge Leute ist es nicht ideal, den ganzen Tag nur vor dem Bildschirm zu sitzen. Dazu kommen noch fehlende Zukunftsperspektiven."

Apps gegen Angst

Verschiedene Apps wollen gegen Panikattacken, Angststörungen und Schlafstörungen helfen. Der Vorteil solcher Apps ist klar: Sie sind leichter zugänglich, man hat keine Wartezeiten und die Hemmschwelle ist niedriger. Aber können Apps wirklich helfen und möglicherweise eine Therapie ersetzen? Silke Matura ist Psychologische Psychotherapeutin an der Goethe Universität in Frankfurt am Main. Sie sagt: "Grundsätzlich denke ich, dass so eine App hilfreich sein kann. Sie kann sehr gut unterstützen."

Wichtig ist Matura dabei aber zu erwähnen: "Wenn man unter einer mittelschweren bis schweren Angststörung leidet – das merkt man beispielsweise daran, dass man große Menschenmengen, Reisen ohne Begleitung oder öffentliche Plätze lieber meidet, weil man denkt, dass man eine Panikattacke bekommen könnte – dann ist immer auch eine Therapie gefordert." Auch Rupprecht sagt, dass Apps persönliche Gespräche mit Therapeuten nicht vollkommen ersetzen, aber eine gute Unterstützung sein können.

Hilfe aus dem Diga App Store

Vor allem in der Corona-Pandemie können Apps die psychische Gesundheit stärken. Sie zeigen beispielsweise Strategien auf, um mit Anspannung, Sorgen und Ängsten klarzukommen und geben Tipps dazu, wie man sich um das eigene Wohlbefinden kümmern kann. "Wenn es darum geht, dass man aktuell ein bisschen angespannter, nervöser, gereizter ist und schlecht schläft, dann ist so eine App auf jeden Fall hilfreich", so Matura

Wenn man sich dazu entscheidet, mit einer App zu arbeiten, komme es natürlich darauf an, die richtige App auszusuchen. Matura empfiehlt, sich dazu im Diga App Store umzuschauen. Dort gibt es verschiedene Gesundheits-Apps und eine extra Rubrik mit Apps zur mentalen Gesundheit. Sie ist unter anderem unterteilt in Apps, die bei Angststörungen helfen und Apps, die bei Schlafstörungen genutzt werden können.

Die App Selfapy bietet psychologische Unterstützung.
Die App Selfapy bietet psychologische Unterstützung.bild: selfapy.com

"Dieser Store hat den Vorteil, dass das alles geprüfte Apps sind. Viele der Apps sind nach dem Medizinprodukte-Gesetz zertifiziert und ein Großteil der Apps wurde gemeinsam mit Experten entwickelt", erklärt Matura. Hello Better, Selfapy und Invirto beispielsweise sollen bei Angststörungen helfen können. Einige andere Apps bieten sogar ein spezielles Corona-Training an.

Aufklärung als wichtiger Baustein

Und gerade bei leichten Angststörungen können Apps eine Stütze sein, denn sie helfen dabei, die eigenen Gefühle einzuordnen. Silke Matura sagt: "Es ist wichtig, dass man erstmal versteht, was mit einem los ist. Und das, was wir als Psychotherapeuten 'Psychoedukation' nennen, ist in vielen Apps gut aufbereitet. Aufklärung ist ein wichtiger Baustein."

Einige Apps aus dem Diga App Store müssen zwar bezahlt werden, häufig übernehmen die Krankenkassen aber die Kosten für ein Training. Wer lieber erstmal ohne Ausgaben starten möchte, kann natürlich auch kostenlosen Apps wie beispielsweise Roodt ausprobieren. Über 100.000 Nutzer verwenden Roodt bereits. Auch hier bekommt man einige Informationen, die dabei helfen, Angst- und Panikentstehung zu verstehen.

Verschiedene Funktionen der App Roodt.
Verschiedene Funktionen der App Roodt. bild: screenshot

Dazu gibt es interaktive Übungen. Das Breathr Tool hilft beispielsweise beim achtsamen Atmen und das Visualizr Tool unterstützt durch Aufmerksamkeits-Umlenkungen dabei, gelassener zu werden. Zudem gibt es einen Panik-Knopf, der dabei hilft, katastrophisierende Gedanken herunterzufahren.

"Keine Alternative": Bürgermeisterin fordert Kokain-Verkauf in Apotheken

Bevor am 1. April das deutsche Cannabis-Gesetz in Kraft getreten war, galten in Europa vor allem die Niederlande und hier speziell Amsterdam als absolute Kiffer-Hochburg. Als im vergangenen Jahr ein Verbot für das öffentliche Gras-Rauchen in ebenjener Innenstadt erlassen wurde, wunderten sich daher viele über den Schritt.

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